Sportliches und menschliches Vorbild
13. April 2014Großer Bahnhof vor einem kleinen Haus in Queens, New York. Eine Besucherdelegation folgt der anderen. Alle wollen Gretel Bergmann zu ihrem runden Geburtstag gratulieren, unter ihnen auch die Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag. "Diese Frau persönlich getroffen zu haben, gehört zu den beeindruckendsten Momenten meines Lebens", so die SPD-Politikerin.
Nazi-Kalkül ging auf
Gretel Bergman war 1936 die beste deutsche Hochspringerin. Eigentlich hätte sie bei den Olympischen Spielen eine Medaille gewinnen müssen. Die Amerikaner drohten damals, die Olympischen Spiele zu boykottieren, weil das Nazi-Regime verhindern wollte, dass Juden an den Spielen teilnehmen. Zunächst gaben die Nazis nach. Gretel Bergmann durfte mittrainieren im deutschen Olympia-Aufgebot.
Doch am Ende ging das Kalkül der Nazi-Funktionäre auf: Zwar kamen die Amerikaner nach Berlin und nahmen an den Olympischen Spielen teil. Doch unmittelbar zuvor verhinderten die Nazi-Schergen, dass Gretel Bergmann antreten durfte.
1937 verließ sie Deutschland endgültig und lebte fortan unter dem Namen Margaret Lambert in den USA. 1939 gab sie den Leistungssport auf.
Missbrauchter Sport
"Dieses verbrecherischen Regime hat den Sport für seine Zwecke missbraucht", so Dagmar Freitag in New York. Sie übergab der hochbetagten Jubilarin ein Schreiben des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier, über das sich Gretel Bergmann besonders freute.
Unter den Gratulanten war auch Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Er würdigte die sportliche Leistung von Gretel Bergmann. "Sie hat damals im Hochsprung Rekorde aufgestellt und eine wirklich beeindruckende Leistung gezeigt." Für die jungen Sportler in Deutschland sei sie ein Vorbild.
Gretel Bergmanns Leben ist 2009 für das Kino ("Berlin 36") verfilmt worden. Nach ihrer Emigration in die Vereinigten Staaten hat sie sich geschworen, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Doch dann versöhnte sie sich mit dem neuen, demokratischen Deutschland. Vor zehn Jahren reiste sie in ihre schwäbische Heimatstadt Laupheim. Auch von dort kamen Gratulationsgrüße und Blumen.