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Stögers schwerstes Spiel

3. Februar 2018

In einem packenden Spiel entführt BVB-Trainer Peter Stöger drei Punkte bei seinem Ex-Klub 1. FC Köln. Auf Applaus und Pfiffe reagiert er dabei stoisch. Doch wer genau hinschaut sieht, wie groß der Druck auf ihm lastet.

Fußball Bundesliga - 1. FC Köln - Borussia Dortmund
Zurückhaltend in Köln: BVB-Trainer Stöger (m.) umringt von seinem jubelndem TeamBild: imago/mika

Als die Tür aufgeht, richten sich alle Augen auf ihn. Peter Stöger betritt knapp 90 Minuten vor dem Anpfiff einen großen Vorraum im Stadioninneren, der direkt zu den Kabinen führt. Federnden Schrittes läuft er durch den Raum und bleibt etwa alle zwei Meter stehen. Hier ein Handshake, da ein paar Bussis und jede Menge Schulterklopfer und Umarmungen. Alle stehen ihm Spalier. Sieht so ein Trainer aus, der erst vor wenigen Wochen wegen rekordverdächtiger Erfolgslosigkeit vom Hof gejagt wurde?

Schon die ersten Sekunden seiner Rückkehr ins Kölner Rhein-Energie-Stadion zeigen, dass die Beziehung von Peter Stöger zum 1. FC Köln immer noch eine besondere ist. Der Empfang durch FC-Mitarbeiter, Ordner und Fans ist mehr als eine höfliche Geste gegenüber einem Ex-Angestellten. Viele in Köln wissen, welchen Aufstieg sie dem österreichischen Coach zu verdanken haben. Dass dagegen niemand vom Vorstand des FC Spalier steht, um Stöger zu begrüßen, ist wohl kein Zufall, wie es von Stimmen aus dem Verein heißt. Einen Gang in die Kabine der FC-Mannschaft verbietet sich aber für Stöger: "Das hätte nicht gepasst", sagt er später und man merkt, dass er eigentlich gerne hingegangen wäre.

Pfiffe übertönen den Applaus

Als Stöger eine Stunde später den Rasen der Arena im Kölner Westen betritt, rattern die Kameras der Fotografen und von der Tribüne kommt verhaltener Applaus. Stöger eilt, umringt von einer Traube aus Fotografen und Kameraleuten zu einem Interview. Kurz danach verkündet der Stadionsprecher die Aufstellung von Borussia Dortmund, als er zum Namen des BVB-Trainers kommt, ertönt erneut Applaus, der jedoch schnell von Pfiffen von der Südtribüne übertönt wird. Dort stehen die eingefleischtesten Kölner Fans und einige haben dem einstigen Erfolgscoach den allzu schnellen Wechsel zu einem anderen Bundesliga-Verein offensichtlich nicht verziehen.

Stöger im Februar 2017: als umjubelter FC-Trainer im Kölner KarnevalBild: picture alliance/dpa/R. Vennenbernd

Das Bild ist für viele hier noch ungewohnt: Peter Stöger steht wie immer mit verschränkten Armen lässig an die Trainerbank gelehnt und blickt unter dem Schirm seiner Kappe mit wachen Augen auf das Spielfeld. Doch die Farbe der Kappe hat sich geändert und die Trainerbank ist die der Auswärtsmannschaft. Dort sieht er in der Anfangsphase, wie sein Team einmal mehr haarsträubende Fehler in der Abwehr zeigt. Wie in den ersten Spielen des Jahres schwimmt die BVB-Hintermannschaft schnell, wenn sie unter Druck gesetzt wird. Und das tut der FC. Mit schnellen Vorstößen, meistens über die Außenbahnen hebeln sie Stögers Mittelfeldreihe aus und kommen so zu Torchancen. Milos Jojic (13.), Salih Özcan (17.) und Simon Terodde (18.) prüfen Dortmunds Keeper Roman Bürki, der einen frühen Rückstand seiner Mannschaft mit guten Reflexen verhindert.

Spektakuläres Ping-Pong-Spiel - doch Stöger rührt sich nicht

Als sich Stögers Miene zunehmend verfinstert, drischt plötzlich Michy Basthuayi den Ball ins Tor (35.). Ein ansatzloses Tor, zumal der Dortmunder Neuzugang bis dahin nur durch verstolperte Bälle aufgefallen war. Stöger jubelt nur verhalten. Wenig später wird er schon emotionaler: Als Batshuayi kurz vor der Halbzeit erneut trifft, Schiedsrichter Benjamin Brand das Tor erst gibt und dann doch auf Abseits entscheidet, schimpft Stöger vor sich hin. Mit unliebsamen Entscheidungen des Videoschiedsrichters kennt er sich noch aus Kölner Tagen aus.

Köln macht es Dortmund schwer: Zoller trifft per Kopf zum zwischenzeitlichen AusgleichBild: Reuters/W. Ratty

In der zweiten Halbzeit ist Stöger sichtlich um Beherrschung bemüht. Erst verzieht er keine Miene und nippt nur still an seiner Cola, als Simon Zoller einen Abpraller von Bürki dankend aufnimmt und zum 1:1-Ausgleich trifft (60.). Und nur zwei Minuten tut erneut so, als sei nichts gewesen: Während sein Team und die gesamte Ersatzbank stürmisch den zweiten Treffer von Batshuayi zum 1:2 feiert, gibt Stöger bereits Anweisungen an Einwechselspieler Raphael Guerreiro. Und als Köln in der 69. Minute nach einem schnellen Konter zum erneuten Ausgleich trifft, bleibt Stöger sitzen, nippt wieder an seiner Cola und scheint nun wirklich genug zu haben von diesem Hin-und-Her auf dem Rasen.

Schürrle mit persönlichem Befreiungsschlag

Vor allem, wenn es schnell geht, offenbart die Hintermannschaft der Borussia Schwächen in der Rückwärtsbewegung. Das Kölner Sturmduo Simon Terodde und Jhon Cordoba setzte die Dortmunder Innenverteidigung gehörig unter Druck. Sokratis wirkt nicht so souverän wie sonst und Ömer Toprak muss seine ganze Schnelligkeit aufbieten, um Guirassy irgendwie zu stoppen. Der erklärte Ziel Champions League droht mit einem vierten sieglosen Spiel in 2018 in immer weitere Ferne für Stöger zu rücken.

 

Schürrle jubelt: der Weltmeister als MatchwinnerBild: imago/Kirchner-Media/D. Inderlied

Doch Dortmund weiß sich zu befreien und wieder ist es der Belgier Batshuayi, der dabei eine entscheidende Rolle spielt. Der 13-fache Nationalspieler schickt André Schürrle steil, der mit einem abgefälschten Heber zum 2:3 trifft. Ausgerechnet Schürrle, den viele nach seinen Verletzungen und der folgenden Durststrecke schon abgeschrieben hatten. Es ist ein Befreiungsschlag für den Weltmeister von 2014, der sich anschließend bei Stöger für das Vertrauen bedankt: "Es tut gut, wieder 90 Minuten spielen zu können. In der Hinrunde hatte ich das Vertrauen nicht." Nach Schürrles Tor braucht der FC etwas Glück, um die Schlussoffensive des FC zu überstehen. Keine zehn Sekunden nach dem Abpfiff ist Peter Stöger in den Katakomben des Stadions verschwunden. "Ich war am Ende froh, dass das Spiel vorbei ist", sagt Stöger und meint damit nicht den knappen Spielstand, sondern seine Gefühlslage. „Es war schwierig für mich zurückzukommen. Es hat bei mir sehr viel Raum in den letzten Tagen eingenommen und ich habe versucht mich auf das Spiel zu konzentrieren. Das war nicht leicht", sagt er, richtet sich seine Kappe und verschwindet in der Nacht.

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