Hunderte Menschen sind bei den Wirbelstürmen Helene und Milton in den USA ums Leben gekommen. Donald Trump verbreitet im Wahlkampf Falschinformationen über die Stürme, und Kamala Harris wird von Konservativen kritisiert.
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Joe Biden hatte die Nase voll, das konnte man deutlich sehen, als er am Donnerstagmittag ein kurzes Statement vor Journalisten abgab. "Jeder, der versucht, Kapital aus der Verzweiflung unserer Landsleute zu schlagen, egal, ob es eine Firma ist, die Wucher betreibt, oder ein Bürger, der seine Nachbarn hereinlegen will – wir werden euch verfolgen und zur Verantwortung ziehen", sagte der US-Präsident.
Es geht um Vorfälle, die sich in den vergangenen Tagen und Wochen in den Bundesstaaten zugetragen haben, die von den Wirbelstürmen Helene und Milton betroffen waren. Menschen, die beispielsweise mit dem Flugzeug aus Florida fliehen wollten, bevor Hurrikan Milton in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag dort auf Land traf, teilten teils exorbitante Ticketpreise in den sozialen Medien. Auch bei Hotels und privat vermieteten Airbnb-Unterkünften soll es in Florida in dieser Woche zu enorm erhöhten Preisen gekommen sein.
Aber Biden ging es nicht nur um Wucher, er verurteilte außerdem die "unverantwortlichen Falschinformationen, oder schlicht und einfach Lügen", die seit Hurrikan Helene in Umlauf gebracht werden – und zwar vom republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump .
Sturm "Helene" in den USA: Millionen kämpfen mit verheerenden Folgen
Nach dem verheerenden Sturm "Helene" sind bislang mindestens 110 Todesopfer bestätigt. Doch das Ausmaß der Katastrophe könnte noch schlimmer sein: Laut der US-Regierung fehlt weiterhin jede Spur von rund 600 Menschen.
Bild: Joe Raedle/Getty Images
Böses Erwachen
Nachdem Hurrikan Helene eine Schneise der Verwüstung in sechs US-Bundesstaaten hinterlassen hat, folgt das böse Erwachen. Von Floridas Golfküste bis zu den Appalachen in Virginia werden nach und nach die Schäden sichtbar. Die Aufräumarbeiten beginnen.
Bild: Peter Zay/AA/picture alliance
Trümmer soweit das Auge reicht
Trümmer treiben im Lake Lure in North Carolina, wo "Helene“ besonders stark gewütet hat. Mindestens 110 Todesopfer sind zu beklagen, weitere 600 Menschen gelten noch als vermisst. Die Menschen leiden weiterhin unter den schweren Folgen des bislang stärksten Sturms in der Region.
Bild: via REUTERS
Solidarität untereinander
Besonders dramatisch ist die Situation in den Bergregionen West-North Carolinas: Überschwemmungen und Erdrutsche haben Straßen und Stromleitungen zerstört, vielerorts gibt es kein Mobilfunknetz mehr. Bewohner im Westen North Carolinas retten Wasserflaschen aus einem überfluteten Sattelschlepper, da es an Trinkwasser und Nahrung fehlt, eingeschlossene Bewohner müssen aus der Luft versorgt werden.
Bild: via REUTERS
Hunderte Straßen unpassierbar
Eine Drohnenaufnahme zeigt eine beschädigte Brücke auf der U.S. Route 64 in Bat Cave, North Carolina, nach dem Durchzug des Hurrikans. Es gibt erhebliche Schäden an der Infrastruktur in der Region. Die US-Katastrophenschutzbehörde Fema teilte mit, nach wie vor seien Hunderte Straßen im Westen North Carolinas gesperrt.
Bild: REUTERS
Im Auge des Sturms
Bereits am Donnerstagabend (Ortszeit) war "Helene" mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 225 Stundenkilometern und damit als "extrem gefährlicher" Hurrikan der Stufe vier an der Küste Floridas auf Land.getroffen Das nationale Hurrikan-Zentrum der USA meldete "historische und katastrophale Überschwemmungen" in mehreren Bundesstaaten.
Bild: National Oceanic and Atmospheric Administration/AP Photo/picture alliance
Sturm sorgt für Stromausfälle
Schon bevor er die US-Ostküste traf, zerstörten Ausläufer des Wirbelsturms Stromleitungen, so wie hier bei Crawfordville, Florida. Mehr als 1,1 Millionen Haushalte waren laut Website poweroutage.us in Florida ohne Strom, im Nachbarstaat Georgia demnach 90.000 Haushalte. North Carolinas Gouverneur Ray Cooper sprach von "einem der schlimmsten Stürme in der jüngeren Geschichte" in seinem Bundesstaat.
Bild: Sean Rayford/Getty Images
Von Schlammwasser überflutet
In der Stadt Erwin in Tennessee mussten mehr als 50 Patienten und Mitarbeiter per Hubschrauber vom Dach eines Krankenhauses gerettet werden, während die Wassermassen unter ihnen alles mit sich rissen.
In Madeira Beach, Florida, hat "Helene" überspülte Straßen hinterlassen. Besonders betroffen war die gesamte Westküste Floridas sowie die Region Big Bend im Norden des Bundesstaates.
Bild: Max Chesnes/AP Photo/picture alliance
Stärkere Wirbelstürme durch den Klimawandel
Durch den Klimawandel werden Hurrikans heftiger und nehmen schneller an Stärke zu, warnen Fachleute. Der Grund ist die Erwärmung der Ozeane: Wirbelstürme entstehen durch die Wasserverdunstung an der Meeresoberfläche, sie nimmt mit steigender Temperatur zu. Weil der Atlantik dieses Jahr überdurchschnittlich warm war, hatten die US-Behörden vor einer "außergewöhnlichen" Hurrikan-Saison gewarnt.
Bild: Gerald Herbert/AP/picture alliance
Lange Schlangen
Vor Geschäften und an Tankstellen stehen die Menschen jetzt Schlange, um sich zu versorgen. Präsident Joe Biden wird am Mittwoch in den vom Sturm "Helene" stark betroffenen Bundesstaat North Carolina reisen, um sich vor Ort ein Bild der Zerstörung zu machen. Am Montag kündigte er bereits umfassende Bundeshilfen an.
Bild: picture alliance / Newscom
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Trumps folgenschwere Falschinformationen über Wirbelstürme
Hurrikan Helene hatte Ende September verheerenden Schaden in mehreren Bundesstaaten im Südosten der USA angerichtet, mehr als 200 Menschen kamen ums Leben. Während die Aufräumarbeiten noch im Gange waren, wetterte Trump gegen die US-Regierung, angeführt von Biden und der demokratischen Präsidentschaftskandidatin und Vizepräsidentin Kamala Harris.
"Das Weiße Haus tut gar nichts", sagte Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Wisconsin am vergangenen Sonntag. "Sie haben die größtenteils republikanische Gegend [in der Helene Schaden anrichtete] im Stich gelassen."
Seine Anhänger reagierten mit lautstarker Entrüstung. Aber: Die Aussage stimmt so nicht. Die republikanischen Gouverneure betroffener Bundesstaaten wie Georgia und Florida erklärten, sie seien in Kontakt mit Biden, und hätten von Washington die Hilfe bekommen, die sie brauchen.
Doch Trumps Wahlkampfgetöse über das angebliche Achselzucken der Biden-Administration verfängt mehr als die Wahrheit, und hat "einen riesigen Einfluss auf das Vertrauen der Amerikaner in ihre Regierung", so Kathryn Olmsted, Geschichtsprofessorin an der University of California in Davis.
"Wenn ein Präsidentschaftskandidat und ehemaliger Präsident den Menschen erzählt, sie könnten nicht glauben, was die aktuelle Regierung sagt, und dass die Regierung sich weigere, ihnen zu helfen und sie anlügt, dann werden [Trumps] Unterstützer natürlich glauben, dass er die Wahrheit sagt", schreibt Olmsted, die zu Verschwörungstheorien forscht, in einer Email an die DW.
Kampf gegen Hurrikan-Gerüchte im Netz
Trump hatte außerdem FEMA, die US-Agentur für Katastrophenschutz, kritisiert. Millionen FEMA-Gelder seien an irreguläre Migranten gegangen, deswegen sei nun nichts mehr für die Hurrikan-Opfer übrig, so Trump. Und außerdem zahle die Regierung den Menschen, die im Hurrikan alles verloren haben, nur 750 Dollar an Hilfeleistungen.
Auch das ist falsch. FEMA unterhält zwar ein Programm, das Migranten hilft, aber dessen Budget ist komplett unabhängig von dem für die Katastrophenhilfe. Und 750 Dollar sind nur die erste Soforthilfe, die betroffene Bürger für das Nötigste wie Essen, Kleidung und Babynahrung bekommen. Danach stehen denen, deren Häuser zerstört wurden, mehrere zehntausend Dollar zu. Das erklärt die FEMA auf einer Website, die Mitarbeiter eigens angelegt haben, um gegen die Falschinformationen vorzugehen.
Auch die Biden-Regierung geht online aktiv gegen Hurrikan-bezogene Falschinformationen vor. Im Social Media-Forum Reddit hat das Weiße Haus einen Account, wo es Bilder und Informationen darüber teilt, wie die Regierung auf die Wirbelstürme Helene und Milton reagiert.
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"Falschinformationen machen es schwerer, Menschen zu helfen"
Damit beschreitet die US-Regierung einen außergewöhnlichen Weg. Aber es steht eben nicht nur der eigene Ruf kurz vor den Präsidentschaftswahlen auf dem Spiel. Die Falschinformationen schaden den Menschen, die Hilfe am dringendsten nötig haben.
"Fake News machen es der Regierung sehr viel schwerer, Menschen zu helfen", sagt Olmsted. "Opfer einer Katastrophe könnten sich weigern, in eine Notunterkunft zu gehen, Evakuierungsaufforderungen nachzukommen oder Unterstützung von der Regierung anzunehmen."
Bei Hurrikan Milton, der diese Woche in Florida Schäden in Millionenhöhe anrichtete und mindestens 16 Menschen tötete, seien die Auswirkungen von Trumps Worten zu beobachten gewesen.
"Ich bin sicher, dass das einige Trump-Unterstützer beeinflusst hat", sagt Olmsted. "Er hat ihnen gesagt, sie sollten ihren Regierungsmitarbeitern nicht trauen, also warum sollten sie deren Evakuierungsaufforderungen nachkommen?"
USA: Tornados und Sturmfluten durch Hurrikan "Milton"
Entwurzelte Bäume, zerstörte Häuser, Tornados und Überschwemmungen: Der Hurrikan "Milton" zieht quer durch Florida eine Schneise der Verwüstung.
Bild: BRYAN R. SMITH/AFP
Schwere Zerstörung durch Hurrikan "Milton"
Am Mittwochabend traf der Megasturm "Milton" in Florida als Hurrikan der Warnstufe 3 auf Land, begleitet von zahlreichen Tornados. Auf seinem Weg von Siesta Keys südlich von Tampa über das Zentrum des Bundesstaates schwächte sich "Milton" auf Stufe 1 ab. Allerdings müssen die Menschen in Florida sich jetzt auf Starkregen und Sturzfluten gefasst machen.
Bild: CHANDAN KHANNA/AFP/Getty Images
Das gewaltige Auge des Sturms
Mit alarmierenden Aufrufen hatten die Behörden vor der Bedrohung durch den gewaltigen Sturm gewarnt, der phasenweise als Hurrikan der Stärke 5 über den Golf von Mexiko auf Florida zusteuerte. Mit Windgeschwindigkeiten von etwa 195 km/h und starkem Regen traf "Milton" an Land, entwurzelte Bäume und führte zu Überschwemmungen. Knapp 2,6 Millionen Menschen in Florida waren zeitweise ohne Strom.
Bild: NASA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/Getty Images/AFP
Sturmflut-Warnung
Für die Region Tampa wurde eine Sturmflut-Warnung ausgerufen. Im Zentrum und im Norden Floridas wurden mehr als 200 Liter und vereinzelt sogar bis zu 450 Liter Regen pro Quadratmeter erwartet, außerdem hohe Sturmwellen an der Küste.
Bild: MIGUEL J. RODRIGUEZ CARRILLO/AFP
Tödliche Tornados
Mindestens 19 Tornados wurden im Zusammenhang mit Hurrikan "Milton" bestätigt. Mit enormer Gewalt schnitten die Windhosen durch Wohngebiete, etwa 125 Häuser wurden bereits zerstört, bevor der Hurrikan die Küste erreichte. "Wir haben einige Menschenleben verloren", meldete der Sheriff von St. Lucie County, Keith Pearson, ohne Zahlen zu nennen.
Bild: Ricardo Arduengo/REUTERS
Akute Lebensgefahr im Evakuierungsgebiet
In Fort Myers liegen umgestürzte Palmen auf der Straße. Die Evakuierungsgebiete umfassen 15 Counties, bis zu 7,2 Millionen Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Trotz der dringenden Warnungen blieben manche Anwohner zuhause. Die Behörden meldeten, dass Rettungskräfte während des Höhepunkts des Sturms wegen akuter Lebensgefahr keine Hilfe leisten könnten.
Bild: Ricardo Arduengo/REUTERS
Schutz in Schulen und Turnhallen
In der Turnhalle der River Ridge Highschool finden Evakuierte Schutz vor dem verheerenden Sturm.
Bild: Mike Carlson/FR155492/AP/dpa/picture alliance
"Zerstörungskraft hat zugenommen"
Tropische Wirbelstürme entstehen über warmem Ozeanwasser; in der Hurrikansaison von Juni bis November treten sie in Florida regelmäßig auf. Der Klimaforscher Mojib Latif sieht einen Zusammenhang mit dem menschengemachten Klimawandel. "Insgesamt hat die Zerstörungskraft von Hurrikans zugenommen", sagte er in deutschen Medien. "Das hat ganz eindeutig mit der Erwärmung der Weltmeere zu tun."
Bild: CHANDAN KHANNA/AFP
"Milton" zieht weiter Richtung Atlantik
Einwohner von Wellington begutachten die Schäden durch Tornados in ihrer Gegend. Inzwischen befindet sich "Milton" nach seinem Zug quer durch Florida. wieder über dem Meer. Den Voraussagen zufolge werde er nördlich an den Bahamas vorbeiziehen, teilte das US-Hurrikanzentrum mit.
Bild: Bill Ingram/USA TODAY Network/IMAGO
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Harris' umstrittener Auftritt im Late-Night TV
Auch Kamala Harris, die demokratische Präsidentschaftskandidatin und aktuelle Vizepräsidentin, kritisierte Trumps Verhalten in einem Interview mit "The Late Show"-Moderator Stephen Colbert.
"Was mich so aufregt ist der Gedanke, dass ein Politiker seine Spielchen mit diesen Menschen treibt, die ein solches Leid durchleben", sagte Harris in einer Folge der als liberal bekannten TV-Sendung, die am Dienstagabend ausgestrahlt wurde. "Um einen politischen Vorteil zu erlangen, erzählt er Lügen, die Menschen misstrauisch machen sollen gegenüber der Hilfe, die ihnen zur Verfügung steht."
Doch auch Harris sah sich einiger Kritik ausgesetzt. Der Auftritt der Vizepräsidentin in der politischen Comedy-Talkshow, bei dem sie mit Colbert ein Bier trank, sei extrem unpassend gewesen, sagten die Moderatoren der Talkshow "Fox and Friends".
Eine Präsidentschaftskandidatin könne nicht in einer so "seichten" Sendung wie der "Late Show" auftreten, während Menschen in North Carolina noch mit den Folgen von Hurrikan Helene zu kämpfen haben, kritisierten die Moderatoren des als Trump-freundlich bekannten TV-Senders Fox News.