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Politik

Annen: Bis zur Rückkehr der Rohingya noch "ein weiter Weg"

25. Juli 2018

Etwa 700.000 Rohingya sind von Myanmar nach Bangladesch geflüchtet. Staatsminister im Auswärtigen Amt Niels Annen sagt im DW-Interview, die Bewältigung der Krise erfordere ein abgestimmtes politisches Vorgehen.

Bangladesch Rohingya Flüchtlingscamp Cox's Bazar
Bild: Getty Images/AFP/M. Uz Zaman

Herr Staatsminister Annen, Sie waren letzte Woche in Bangladesch zu Besuch und haben mit der Staatsführung über die muslimische Minderheit der Rohingyas gesprochen, die aus Myanmar geflohen ist. Sehen Sie Fortschritte bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise dort?

Bei meinem Besuch habe ich zumindest viel Optimismus gespürt. Bangladesch und Myanmar stehen miteinander im Austausch über eine Rückführung der Flüchtlinge. Die großen Nachbarn China und Indien helfen mit dem Bau von Unterkünften. Bis zu einer Rückkehr ist es aber noch ein weiter Weg. Noch haben die Rohingyas kein Vertrauen, dass sie in Myanmar sicher und willkommen sind.

Kurzfristig muss daher in Bangladesch weiterhin eine Million Flüchtlinge versorgt werden. Dies ist eine gewaltige Herausforderung für das Land und für die internationalen Hilfsorganisationen vor Ort. Mein größter Respekt gilt allen Beteiligten. Mittelfristig muss eine politische Lösung gefunden werden. Das heißt, Myanmar muss die Voraussetzungen für eine nachhaltige, sichere und freiwillige Rückkehr der Rohingyas in den Bundesstaat Rakhine schaffen. Hierbei kann und will die internationale Gemeinschaft helfen.

Staatsminister Annen mit Abul Hassan Mahmood Ali, Außenminister von BangladeschBild: AA/Büro Staatsminister Niels Annen

Zwar haben Myanmar und Bangladesch eine Vereinbarung über die Rückführung unterschrieben. Doch die Umsetzung kommt nur schleppend voran. Inwieweit sind Sie optimistisch, dass für diese Krise in Asien eine schnelle Lösung gefunden werden kann?

Verschiedene Gremien der Vereinten Nationen engagieren sich unermüdlich. Deutschland gehört dabei zu den aktivsten Mitgliedsstaaten. Wir sind Mitglied im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und ab dem 1. Januar 2019 auch im UN-Sicherheitsrat. Zusammen mit der EU und anderen Partnern werden wir dafür sorgen, dass diese Krise ganz oben auf der internationalen Tagesordnung bleibt. Eine schnelle Lösung wäre im Interesse der Betroffene. Wir müssen aber realistisch bleiben. Die größte Angst in Bangladesch scheint jedenfalls zu sein, dass man mit einer Million Flüchtlingen allein gelassen wird, sobald sich die Weltöffentlichkeit neuen Krisen zuwendet.

Wo sehen Sie einen effektiven Lösungsansatz? Myanmar will die Rohingya nicht als seine Staatsbürger anerkennen.

Leider gibt es in Myanmar weiterhin große Vorbehalte gegen die Rohingyas und Widerstände gegen ihre Rückkehr, sowohl auf staatlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Zu ihrer Überwindung brauchen wir positive Anreize, aber auch internationalen Druck. Wir sprechen auch mit den direkten Nachbarn Myanmars, einflussreichen Staaten wie Indien und China, über Möglichkeiten, sich noch stärker in den Lösungsprozess einzubringen und so zu einem Umdenken in Myanmar beizutragen.

DFB-Fans in der Flüchtlingsunterkunft für RohingyaBild: DW/V. Hölzl

Was können Deutschland und Europa noch beitragen?

Deutschland unterstützt die Rohingyas in Bangladesch bisher mit über 20 Millionen Euro an humanitärer Hilfe und weiteren vier Millionen Euro an sogenannter Übergangshilfe etwa für den Bau von Schulen. Weitere Maßnahmen der humanitären Hilfe, Stabilisierung und Entwicklungszusammenarbeit sind vorgesehen, nachdem nunmehr der Bundeshaushalt 2018 verabschiedet werden konnte.

Auch die EU und andere europäische Staaten sowie multilaterale Geber engagieren sich mit beachtlichen Beträgen. Vertreter der Hilfsorganisationen sagten mir in Dhaka, dass nach der Erstversorgung der Flüchtlinge nun langfristigere Perspektiven geschaffen werden müssen, zum Beispiel durch Bildungs- und Einkommensmöglichkeiten. Geld allein aber reicht nicht. Wir brauchen ein abgestimmtes diplomatisches und politisches Vorgehen.

Niels Annen ist Staatsminister im Auswärtigen Amt.

Das Interview führte Hao Gui.