Gefährliche Hochwasser wurden auch durch falsche Strategien ausgelöst. Jahrelang setzen Städte und Kommunen nur auf noch höhere, stabilere Dämme, mit dramatischen Folgen, weil sich Wasser seinen Weg bahnt. Doch inzwischen setzt in Europa ein Umdenken ein: "Das Wasser einladen", lautet die neue Marschrichtung. Vorreiter sind die Niederlande. In Dordrecht wird das Wasser im Falle einer Flut nicht länger mit immer massiveren Dämmen abgehalten. Die Stadt macht dem Wasser Platz: Spielplätze, Sportanlagen, ganze Siedlungen sind so angelegt, dass sie bei steigendem Pegel jede Menge Wasser aufnehmen können, ohne dass die Häuser "nasse Füße" bekommen. "Wir haben ein System", sagt Wasserbauprofessor Marcel Stive, "bei dem uns die Natur hilft, und uns vor den Folgen von Klimawandel und steigenden Meeresspiegeln schützt". Die Domstadt Köln hat ebenfalls aus früheren Hochwassern gelernt. Entlang des Rheins gibt es Schwemmwiesen, die Wasser aufnehmen, spezielle Pumpwerke und mobile Hochwasserwände, die im Falle eines Falles den Rhein vor der Stadt halten. Und auch im Elbauetal bei Lenzen in Brandenburg gibt es eine Erfolgsgeschichte: Dort wurde der alte Deich durchgestochen und dem Fluss so 600 Hektar Land zurückgegeben. Die Natur blüht regelrecht auf: "Seltene Arten wie Seeadler und Singschwan haben ein neues Zuhause gefunden", sagt Auenforscherin Kleinwächter begeistert, "und das lockt Touristen." Die französische Stadt Nevers hat schon vor Jahren begriffen, dass ein Fluss nicht eingezwängt werden darf. Am Zusammenfluss von der Loire und Alliers gibt es deshalb eigens eingerichtete Brachflächen, Auenwälder und Sumpfgebiete. Maßnahmen, die den Fluss auch bei Hochwasser berechenbarer und weniger gefährlich machten.