Was zunächst klang wie eine Verschwörungstheorie, könnte sich als authentisch entpuppen. Ist das neuartige Coronavirus vielleicht doch aus einem Labor entwichen, das an Fledermaus-Viren geforscht hat?
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Lange haben Forscher und Journalisten spekuliert, wie das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 nach Wuhan kam. Im Verdacht stand ein Fischmarkt, auf dem auch Wildtiere gehandelt wurden. Nun berichten verschiedene westliche Medien, das Virus sei möglicherweise aus dem Wuhan Institute of Virology entwichen, das sich in der unmittelbaren Nähe des Marktes befindet.
Bereits im Januar kursierten in sozialen Medien Theorien, die auf das Institut verwiesen hatten - allerdings gepaart mit Verschwörungstheorien über geheime Biowaffenforschung. Damals hatte die Washington Post die Theorie noch verworfen, es könne sich um ein menschengemachtes Virus handeln. Virologen, die von der Zeitung befragt wurden, konnten anhand der Eigenschaften des Virus eine menschlich gemachte Mutation ausschließen. Dies wurde auch durch eine Studie eines Forscherteams um Kristian G. Andersen bestätigt, die am 17. März in Nature Medicine erschienen ist.
Fledermäuse: Gespenstisch und faszinierend
Fledermäuse genießen - insbesondere im Moment - keinen sonderlich guten Ruf. Dabei sind die kleinen Vampire faszinierend - und nur ein bisschen gespenstisch. Zum International Bat Appreciation Day einmal Beifall bitte.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Nicht nur seltene Höhlenbewohner
Vom australischen Busch bis zur Pazifikküste Mexikos - in Bäumen hängend, hoch oben auf Bergen, versteckt in Höhlen, Felsspalten, auf Dächern. Fledermäuse sind die am weitesten verbreiteten Säugetiere der Erde und bewohnen alle Kontinente außer der Antarktis. Sie machen etwa 20 Prozent aller Säugetiere aus. Und Achtung: Sie sind das einzige Säugetier, das in der Lage ist, zu fliegen.
Bild: Imago/Bluegreen Pictures
Feigenfressende Marshmallows
Diese weiße Fledermaus hat sich sicher in die Falte einer Helikonia-Pflanze eingekuschelt. Insgesamt gibt es rund 1100 Fledermausarten, aber nur fünf Arten sind weiß. Diese etwa vier bis fünf Zentimeter lange Art wird manchmal auch als "Marshmallow-Puff" der Fledermausfamilie bezeichnet. Diese niedliche Art ernährt sich fast ausschließlich von Feigen.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Wir sind, wie wir sind
Obwohl sie in vielen Teilen der Welt als unheimliche Kreaturen gelten, trinken nur drei Fledermausarten tatsächlich Blut. Mit ihren scharfen Zähnen rasieren sie sogar die Haare auf der Haut ihrer Beute ab, bevor sie ihr Blut saugen. Schlafende Rinder und Pferde sind ihre bevorzugten Opfer, aber sie attackieren auch Menschen und übertragen so Infektionen und Krankheiten.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Blind wie die Nacht?
Die seltsam großen Ohren brauchen die Fledermäuse für ihr Echolot. Denn die meisten Fledermäuse sehen schlecht und sind auf ihre Sonargeräte angewiesen, um in der Dunkelheit Nahrung zu finden. Sie erzeugen extrem hohe Töne in ihrem Rachen und projizieren sie nach vorne. Ihre riesigen Ohren nehmen die Echos der abprallenden Geräusche wahr, sodass sie ihre Umgebung sehr genau kartieren können.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library/J. Daniel
Ohne Fledermäuse gäbe es keine Avocados, Mangos oder Bananen
Fledermäuse spielen bei der Bestäubung von Pflanzen eine zentrale Rolle. Mehr als 500 Pflanzenarten sind für die Bestäubung ihrer Blüten auf Fledermäuse angewiesen, darunter Bananen-, Avocado-, Mango- und Agavenpflanzen. Einige Fledermäuse, wie die mexikanische Bananenfledermaus und die Langnasenfledermaus (im Bild), haben für diese Aufgabe außergewöhnlich lange Zungen.
Bild: picture-alliance/All Canada Photos
Fast unsterblich
Obwohl Fledermäuse nur ein Junges pro Jahr kriegen, überleben die meisten von ihnen viele andere Säugetiere. Einige Arten werden 30 Jahre alt und dabei altern sie nicht wirklich. Den Grund für ihre Langlebigkeit sehen Wissenschaftler in ihrer einzigartigen Fähigkeit, altersbedingte Zellschäden zu verhindern bzw. zu reparieren und sie so vor Krebs zu schützen.
Bild: picture-alliance/blickwinkel/AGAMI/T. Douma
Perfekte Krankheits-Wirte
Fledermäuse sind allerdings auch die natürlichen Wirte für zahlreiche Viren, darunter das Marburg- und Nipah-Virus, Ebola und Coronaviren wie SARS, MERS und das neue SARS CoV-2. Dank ihres einzigartigen Immunsystem übertragen sie zwar diese tödlichen Krankheiten auf andere Spezies, durch ihre hohe Körpertemperatur und ihrem hohen Gehalt an antiviralem Interferon bleiben sie selbst aber gesund.
Bild: picture-lliance/Zuma
Schützen statt ausrotten!
Auch wenn Fledermäuse immer wieder mit schlimmen Krankheiten in Verbindung gebracht werden, müssen sie geschützt werden, da sie in den meisten Ökosystemen eine zentrale Rolle einnehmen. Ohne sie würde in Afrika etwa die Zahl der Moskitos explodieren und die Malariaplage unvorstellbare Ausmaße annehmen.
Bild: Getty Images/AFP/Ye Aung Thu
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Hinzu kommt: die Arbeit dieses Instituts ist nicht geheim und zahlreiche Forschungsarbeiten zu Fledermaus-Viren, die dort durchgeführt wurden, sind in Fachpublikationen veröffentlicht worden. An zahlreichen Forschungsarbeiten waren auch westliche Partner beteiligt. Unter anderem hat das Galveston National Laboratory der University of Texas enge Beziehungen zum Forschungsinstitut in Wuhan. Auch haben die USA die Forschungen finanziell unterstützt, berichtet die britische Daily Mail.
Woher kamen die allerersten Infizierten?
All das schließt aber nicht aus, dass durch Forschungen des Instituts in Wuhan das Virus in Umlauf geraten konnte. Bereits Ende Januar erschien in der Fachzeitschrift Science ein Artikel, der die These infrage stellte, das Virus könne auf dem Fischmarkt auf den Menschen übergesprungen sein.
Eine in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte Studie zeigte: von den ersten 41 an COVID-19 erkrankten Patienten hatten 13 keinerlei Bezug zu dem Fischmarkt.
Zudem sei es wahrscheinlich, dass die Infektion der Person-0, also des Menschen, der als Erster das Virus in sich trug, bereits im November 2019 erfolgt sei. Die frühesten Fälle der Infektion hätten gar keinen Kontakt zum Fischmarkt gehabt, betonte auch Daniel Lucey, Professor für Infektionskrankheiten am Georgetown University Medical Center schon damals in einem Interview für Science.
Trägt die Forschung eine Mitschuld?
Das wirft die Frage auf, wie das Virus nach Wuhan kam. Eine mögliche Erklärung führt zu der Virologie Professorin Zhengli Shi, die in dem Institut in Wuhan an Fledermaus-Viren geforscht hat und zuletzt noch Anfang Februar einen Fachartikel in Nature zu Fledermaus-Viren veröffentlicht hatte.
In der South China Morning Post war am 6. Februar ein Porträt der Forscherin erschienen. Darin wird beschrieben, wie sie in 28 verschiedenen Provinzen Chinas in Höhlen nach Fledermauskot suchte und Proben nahm. In Wuhan baute sie ein umfassendes Archiv für Fledermaus-Viren auf, wie auch Spektrum/Scientific American schreibt.
Anfang 2019 veröffentlichte Sie mit ihren Kollegen eine umfassende Studie zu von Fledermäusen übertragenen Coronaviren. Sie war in einer großen Hufeisennasen-Fledermaus fündig geworden: Coronaviren, die dem übergesprungenen Erreger sehr ähnlich sind.
Der Arbeit ihres Teams ist es zu verdanken, dass die Sequenzierung des Virus-Genoms so schnell erfolgen konnte, dies der Weltöffentlichkeit bekannt gemacht wurde und damit die Suche nach Impfstoffen und Antikörpertests in historisch nie dagewesener Geschwindigkeit beginnen konnte.
Zhengli Shi fand sich dafür aber in den letzten Wochen auch starken Anfeindungen in sozialen Medien, sowohl in Asien wie auch in anderen Teilen der Welt ausgesetzt. Ihr New Yorker Forscherkollege und Präsident der EcoHealth Alliance Peter Daszak, der gemeinsam mit ihr geforscht hatte, nahm sie und ihre Forschungen jüngst in Schutz.
In einem Interview gegenüber der Sendung Democracy Now von National Public Radio, einem öffentlich-rechtlichen Sender in den USA, sagte Daszak, dass die Behauptung, das Virus sei aus dem Labor entwichen "reiner Unsinn" sei. Er habe selbst an der Sammlung der Fledermaus-Proben teilgenommen. Und in dem Labor seien keine SARS-CoV-2 Viren aufbewahrt worden. Es handele sich um eine "unglückliche Politisierung des Ursprungs der Pandemie."
Bemerkenswert ist indes, dass Peking offensichtlich die Berichterstattung über die Frage, woher das Virus ursprünglich kommt, seit kurzem eingeschränkt hat.
Die chinesische Botschaft in London hat auf den Artikel in der Daily Mail verschnupft reagiert: Die Behauptung sei "grundlos". Die Forschungen, um dem Ursprung des COVID-19-Virus auf die Spur zu kommen, seien noch in vollem Gange, schreibt die Botschaft in einer Stellungnahme.
Wie die Pest! - Wenn Tiere krank machen
In Arizona haben die Gesundheitsbehörden Pesterreger in Flöhen gefunden. Träger der Infektionskrankheit sind Nagetiere. Aber nicht nur die Pest kann vom Tier auf den Menschen überspringen - Zoonosen gibt es viele.
Bild: CC/BY/äquinoktium
Träger der Pest
In Flöhen sind die Gesundheitsbehörden von zwei Countys in Arizona fündig geworden: Yersinia pestis - der Erreger der Beulenpest. Der Floh kann das Bakterium vom Nagetier auf den Menschen übertragen. Dort müssen die Menschen nun besondere Vorsicht walten lassen: sich von Wildtieren fernhalten und ihre Haustiere mit Medikamenten vor den Parasiten schützen.
Bild: picture-alliance/dpa
Nicht ganz ungewöhnlich
In den USA sind Pestfälle zwar selten, jedes Jahr kommen aber durchschnittlich sieben Infektionen beim Menschen vor. Erst im Juni hatten sich in New Mexico drei Menschen angesteckt. Medizinisch hat die Pest in entwickelten Ländern ihren Schrecken verloren. Mit Antibiotika lässt sie sich gut behandeln. Bleibt sie indes unbehandelt, verläuft sie oft tödlich.
Bild: SGHT
Vorsicht, auch wenn sie niedlich aussehen!
Im Yosemite-Nationalpark waren 2015 zwei Besucher an der Pest erkrankt. Übertragen wurden die Bakterien wahrscheinlich von solchen süßen Streifenhörnchen oder von Eichhörnchen. Mitte August sperrte die Parkbehörde einen Campingplatz, nachdem in zwei toten Eichhörnchen Pesterreger gefunden wurden. Weltweit gibt es jedes Jahr etwa 300 Pestfälle - die meisten in Madagaskar, der DR-Kongo und Peru.
Bild: Hamid Esmaeili
Nicht nur die Pest ist gefährlich
Es gibt viele andere Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können - sogenannte Zoonosen. Vor allem kleine Kinder, ältere und kranke Menschen und Schwangere sind durch Infektionen mit Viren, Bakterien, Pilzen oder Parasiten gefährdet. Deshalb sollten Haustiere regelmäßig mit den nötigen Medikamenten behandelt werden.
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Fieber dank Miezekatze
Katzen und Hunde - die besten Freunde des Menschen - können zum Beispiel das Bakterium "Campylobacter jejuni" übertragen, das Durchfall verursacht. Katzen geben zudem verschiedene Bartonella-Bakterien weiter, die Fieber und Entzündungen hervorrufen können. Und eine Toxoplasmose, ausgelöst durch den Parasiten Toxoplasma gondii, kann bei einer Schwangerschaft zu gefährlichen Komplikationen führen.
Bild: Fotolia/millaf
Infektionsweg über mehrere Tiere
Eine Virusinfektion, die fast nur auf dem Lande vorkommt, sind die Kuhpocken. Mäuse, die auf Kuhweiden leben, nehmen die Viren aus dem Kot der Rinder auf. Dann fressen Katzen die Mäuse und spielen abends mit den Menschen. Setzt es beim Raufen mal einen Kratzer infiziert sich der Mensch.
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Krank durch Kriechtiere
Amphibien und Reptilien dagegen sollen für eine Vielzahl von sporadischen Salmonellen-Infektionen bei ihren Besitzern verantwortlich sein. Rund elf Prozent dieser Infektionen bei Patienten unter 21 Jahren gehen einer Studie zufolge auf Tiere wie Leguane, Echsen, Schlangen oder Frösche zurück.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm
Papageienkrankheit
Die Papageienkrankheit ist eine Zoonose, die vor allem für Kinder und geschwächte Personen gefährlich werden kann. Auslöser ist eine Chlamydien-Art. Sie trifft vor allem Papageie, Wellensittiche und Tauben. Der Mensch infiziert sich damit meist über den eingetrockneten Kot der Tiere. Der wird mit dem Staub in der Luft aufgewirbelt.
Bild: Proaves
Krankheiten vorbeugen
Für gesunde Menschen ist das Risiko jedoch gering, solange die Tiere geimpft und entwurmt werden und Hygiene-Regeln beachtet würden, betonen die Forscher. Trotzdem sollte sich jeder nach einer ausgiebigen Streicheleinheit die Hände waschen, oder beim Reinigen von Käfig oder Terrarium Handschuhe tragen.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst
Stechende Gefahr
Aber nicht nur unsere Haustiere sind ansteckend. So kann es zum Beispiel passieren, dass gefährliche Tiere aus den Tropen versehentlich mit Handelswaren, meist auf Schiffen, auch in gemäßigte Zonen gelangen. Die asiatische Tigermücke überträgt beispielsweise das Dengue-Fieber.
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Reineke Fuchs
Bis zum Jahr 2008 gab es sie auch in Deutschland: Tollwut, übertragen vor allem von Füchsen. Durch großangelegte Impfaktionen aber ist diese gefährliche Krankheit ausgerottet. Für Menschen, die sich mit dem Tollwutvirus infiziert hatten, endete die Krankheit tödlich. Deutschland gilt heute als tollwutfrei.
Bild: imago/blickwinkel
Entwarnung
Im Allgemeinen - das betonen die Forscher - überwiegen die positiven Effekte, die die Beziehung zu einem Tier mit sich bringt. So sollen Kleinkinder, die mit einem Hund oder einem Vogel aufwachsen, seltener an Allergien und Atemwegsinfektionen erkranken. Außerdem sorgen Hunde dafür, dass wir uns mehr bewegen - und auch für die Psyche sind unsere tierischen Freunde gut.