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Politik

Starke Frauen in Griechenland

29. Dezember 2017

Sie sind vor Krieg und Verfolgung geflohen. Ihren Lebensmut haben sie trotzdem nicht verloren: Dimitra Kyranoudi sprach für die DW mit Frauen in griechischen Flüchtlingszentren - über ihre Ängste, Hoffnungen und Pläne.

Griechenland, Jesiden-Familie aus dem Irak
Bild: DW/D. Kyranoudi

Silav aus der Stadt Hardan im Nordirak war gemeinsam mit ihrem Mann geflohen. Er hatte als Peschmerga-Soldat gegen den "Islamischen Staat" (IS) gekämpft und war gefoltert worden. Als sie die Stadt verließen, fand er ein kleines verletztes Mädchen am Straßenrand. Es war nur wenige Tage alt und weinte, erzählte Silav. Ihr Mann nahm den Säugling sofort zu sich, ohne eine Sekunde über die Folgen nachzudenken.

Die drei schafften es in die Türkei und passierten anschließend die Region Evros an der griechisch-türkischen Grenze. "Ich habe keine eigenen Kinder. Dieses Baby ist jetzt mein Kind. Es war meine Pflicht als Frau, ihre Mutter zu werden", sagte sie der DW. "Ich kann mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Ich lebe und hoffe auf eine bessere Zukunft - nur wegen dieses Babys." Vorerst bleiben Silav, ihr Mann und das nun zweijährige Mädchen in der griechischen Stadt Theben und warten auf die Bearbeitung ihres Asylantrags. "Wir wollen weggehen. Ich will nur für mein Kind kämpfen", sagte sie.

Nila träumt von einem Medizinstudium in Europa

In der selben Flüchtlingsunterkunft in Theben trafen wir auch viele Frauen aus Afghanistan. In einem Raum speziell für Frauen können sie frei miteinander reden, Filme schauen oder sich entspannen. Wer will, kann sich auch weiterbilden und zum Beispiel Nähen lernen. Experten stehen für Fragen zur Verfügung. 

Theben: In dem Flüchtlingscamp können die Frauen auch das Nähen erlernenBild: DW/D. Kyranoudi

Die meisten Frauen, die wir in den griechischen Flüchtlingslagern getroffen haben, fühlten sich erst nach stundenlangen Gesprächen sicher genug, um ein paar Dinge über sich zu erzählen. Nur wenige Frauen kamen so wie Silav spontan auf uns zu, bereit, über ihre Geschichte und ihre Pläne für die Zukunft zu sprechen.

Wir sprachen mit Faujia, die aus Kundus stammt. Als ihre gesamte Nachbarschaft bei einem Taliban-Angriff verwüstet wurde, sah sich ihre Familie gezwungen, Afghanistan zu verlassen. "Jeden Tag werden in meiner Stadt noch immer 30 bis 40 Menschen getötet. Die Taliban sind überall", sagte Faujia. Sie ist Mutter eines 10-jährigen Jungen, der es bereits nach Deutschland geschafft hat, und eines neugeborenen Mädchens. "Dieses Baby wurde in Griechenland geboren, im Flüchtlingslager Hellinikon. Die Lebens- und Hygienebedingungen in Hellinikon waren miserabel", sagte sie der DW. "Es gab keine Toiletten, nicht genügend Betten. Das Baby war krank und es gab keinen Arzt."

Kundus ist auch der Geburtsort der 12-jährigen Nila, die sich derzeit in Theben aufhält. Sie spricht tadellos Englisch und hilft anderen Frauen im Flüchtlingszentrum, wenn die Kommunikation mit der Lagerverwaltung und den Hilfsorganisationen ins Stocken gerät. "Das Leben war sehr hart, aber jetzt bin ich optimistisch. Ich möchte Medizin in Europa studieren", sagte Nila.

Hurria will nicht über die Vergangenheit sprechen

Auf unserer Reise durch Griechenland besuchten wir auch die Unterkunft von Eleonas in Attika, unweit von Athen. Dieses Lager ist für die so genannten "schutzbedürftigen Gruppen" gedacht, Frauen, Kinder und unbegleitete Minderjährige. Hurria und viele andere junge Frauen, denen wir hier begegneten, sind schwanger und erwarten eine Geburt in Griechenland - einem Land, das sie als Zwischenstopp auf ihrer langen Reise nach Mittel- und Nordeuropa betrachten. 

Flüchtlingslager Eleonas: Speziell für Frauen und Kinder gedacht Bild: DW/D. Kyranoudi

Hurria, die sich in einer fortgeschrittenen Phase ihrer Schwangerschaft befindet, floh aus Rakka in Syrien, einer ehemaligen Bastion des "Islamischen Staates". Erst kürzlich kam sie mit ihrem Mann und ihren Kindern von der griechischen Insel Lesbos nach Eleonas. Sie sprach mit uns vor der Tür ihres Containerhauses; fotografiert werden wollte sie aber nicht. "Hier zu leben, ist nicht einfach", sagte sie. "Es gibt nicht genug Decken. Aber es ist definitiv besser als das Leben auf den Inseln." Wie die meisten anderen Frauen, die wir in den Flüchtlingslagern auf dem griechischen Festland getroffen haben, will sie weder über die Vergangenheit noch über den "Islamischen Staat" sprechen. 

Von IS-Kämpfern sexuell missbraucht

Nur wenige Frauen wollten mehr über ihre Reise nach Europa und die Routen, die sie zurückgelegt haben, erzählen. Eine von ihnen ist Monina, eine kurdische Jesidin aus dem Nordirak. Zurzeit lebt sie mit ihrer Familie und ihrer kranken Schwiegermutter in einem Flüchtlingscamp in Kavala. Sie war sogar bereit, uns ihre kleine provisorische Wohnung im ehemaligen Militärlager Asimakopoulou zu zeigen, nur 10 Minuten vom Zentrum der Stadt im Nordosten Griechenlands entfernt. "Viele meiner Verwandten wurden entführt, und eine meiner Cousinen wurde von Mitgliedern des IS sexuell missbraucht. Ich wurde durch bloßes Glück gerettet", sagte sie der DW. Sie ist eine der wenigen Frauen, die über die Gräueltaten der IS-Extremisten sprechen kann und möchte. 

"Viele meiner Verwandten wurden entführt": Monina, eine kurdische Jesidin Bild: DW/D. Kyranoudi

Trotz der schmerzlichen Erinnerungen an die jüngste Vergangenheit und der langen Wartezeit in den griechischen Flüchtlingslagern scheinen die meisten Frauen von einem starken Willen getrieben. "Es gibt keine andere Wahl, als weiterzumachen", sagte Silav, die junge Frau aus dem Nordirak. Sie will für das Kind kämpfen, das sie und ihr Mann auf der Flucht gefunden haben.

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