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Politik

Startschuss für Indiens Wahlmarathon

Manasi Gopalakrishnan tl
11. April 2019

Es sind die größten, die teuersten und die längsten Wahlen der Welt: Sechs Wochen lang bestimmen die Inder ein neues Parlament. Umfragen zufolge kann Premier Modi auf seine Wiederwahl hoffen. Doch das Rennen wird knapp.

Indien Kolkata BJP-Wahlkampf
Bild: DW/Sirsho Bandopadhyay

Es ist eine Wahl der Superlative: Rund 900 Millionen Inder sind aufgerufen, ihre Stimme für das 543 Abgeordnete umfassende indische Parlament abzugeben, darunter rund 84 Millionen Erstwähler. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes könnten mehr Frauen als Männer ihre Stimme abgeben. Und noch nie war eine Wahl in Indien so teuer: Offiziellen Schätzungen zufolge wird sie umgerechnet rund 6,2 Milliarden Euro kosten. Selbst die vergangenen Präsidentschaftswahlen in den USA waren billiger. Aber die deutlich intensiveren Social-Media-Kampagnen aller Parteien kosten viel Geld.

Der gesamte Wahlvorgang in der größten Demokratie der Welt dauert rund sechs Wochen: Bis zum 19. Mai wird in sieben Etappen gewählt - einige Bundesstaaten schaffen das an einem Tag; andere, bevölkerungsreichere Staaten brauchen mehrere Tage für die Auszählung aller Stimmen. Bekanntgegeben wird das Ergebnis am 23. Mai.

Elektronische Wahlautomaten stehen dicht aneinandergereiht in einer Verteilstation im indischen JaipurBild: picture-alliance/NurPhoto/V. Bhatnagar

Ein Premier mit Licht und Schatten

Abgestimmt wird dabei vor allem über die politische Zukunft von Indiens Premier Narendra Modi. Der charismatische Vorsitzende der hindunationalistischen BJP wurde vor fünf Jahren gewählt, nachdem er im Wahlkampf eine bessere Infrastruktur, ein größeres Wirtschaftswachstum und eine Bekämpfung der Arbeitslosigkeit versprochen hatte. Tatsächlich gab es deutliche Verbesserungen in Indiens Straßen- und Schienennetz. Auch der Anschluss ländlicher Gegenden an das Gasnetz hat seiner Popularität Vorschub geleistet.

Der BJP-Abgeordnete Rakesh Sinha ist voller Lob für seinen Parteichef: "Wenn man all unsere Entwicklungsprogramme analysiert, könnte man fast den Eindruck bekommen, wir wären eine sozialistische Regierung. Wir haben den Armen Zugang zu vielen staatlichen Leistungen verschafft - Leistungen, die bislang nur der Mittelklasse zur Verfügung standen."

In ihrem Wahlprogramm konzentriert sich die BJP auf Sozialleistungen für die Landbevölkerung, nationale Sicherheit, eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die öffentliche Gesundheitsversorgung und die Wirtschaft. Aber die hindunationalistische Partei nutzt auch den schwelenden Konflikt mit dem Nachbarland Pakistan, um mit einigem Säbelrasseln Wählerstimmen zu gewinnen. Gleichzeitig ist es Modi gelungen, sein Saubermann-Image zu wahren - trotz wiederholter Korruptionsvorwürfe seitens der Opposition.

Ein Anhänger der BJP mit Narendra Modi-Maske wartet auf einen Wahlkampfauftritt seines IdolsBild: Reuters/A. Abidi

Die Kongresspartei, Indiens größte Oppositionspartei, wirft dem Premier insbesondere finanzielle Unregelmäßigkeiten beim Kauf von 36 französischen Rafale-Kampfflugzeugen vor. "Modis Image hat trotzdem nicht gelitten", sagt Yashwant Deshmukh, Leiter des Wahlforschungsinstituts CVoter, der DW, "weil seine Anhänger die Anschuldigungen einfach nicht glauben."

Größere Schrammen hat dagegen das Bild des indischen Premiers als Ankurbler der indischen Wirtschaft bekommen. Indiens Wirtschaftswachstum war in den vergangenen fünf Jahren eher bescheiden, die Arbeitslosenquote ist auf dem Höchststand der vergangenen 45 Jahre. Der Landwirtschaftssektor musste schwere Einbußen hinnehmen, was viele Bauern in den Selbstmord trieb. Und die ausländischen Direktinvestitionen gingen spürbar zurück.

Radikale Hindus protestieren gegen Rindfleisch-Konsum und verbrennen eine Puppe des Regierungschefs von Uttar PradeshBild: picture-alliance/AP Photo/S. Das

Darüber hinaus unterstützt die BJP unter Modi verschiedene radikalnationalistische Organisationen. Einige davon werden für Lynchmorde an Indern verantwortlich gemacht, die Rindfleisch verzehrt haben sollen. Der BJP-Abgeordnete Rakesh Sinha spielt diese Vorfälle herunter: "Niemand kann behaupten, dass wir nach diesen Vorfällen nichts unternommen hätten", sagte er im DW-Gespräch. "Es ist unglücklich, dass die Menschen derartige Vorkommnisse mit einer bestimmten Ideologie oder mit der Regierung in Verbindung bringen."

Kehrt ein Gandhi an die Macht zurück?

Bei den letzten Wahlen 2014 war sie noch unterlegen, nun ist die Kongresspartei erneut der größte Widersacher der BJP. Die Partei wirbt mit einem Grundeinkommen für die ärmsten 20 Prozent der indischen Bevölkerung, einer verbesserten Gesundheitsversorgung, dem Recht auf bezahlbaren Wohnraum und einer effektiveren Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Rahul Gandhi, der junge und 2014 noch unterlegene Oppositionsführer, scheint sich neu erfunden zu haben. Unter ihm eilte die Kongresspartei in mehreren Regionalwahlen von Sieg zu Sieg. Zuletzt betrat auch seine Schwester Priyanka Gandhi die politische Bühne, um die Beliebtheitswerte der Partei nochmals zu stärken.

Können die Geschwister Priyanka und Rahul Gandhi der BJP gefährlich werden?Bild: Imago/Hindustan Times

Derzeit versucht die Kongresspartei, eine nationale Koalition mehrerer Regionalparteien zu schmieden, um der BJP gemeinsam entgegenzutreten. Doch Rivalitäten und Meinungsverschiedenheiten haben dem Bild von einer geeinten Opposition zuletzt sehr geschadet. Rahul Gandhi muss etwa versuchen, eine eher linke Partei aus dem südindischen Kerala und den eigenen nationalistischen Ableger im zentralindischen Maharashtra unter einen Hut zu bringen. In vielen Bundesstaaten treten die Koalitionspartner als Rivalen an, was wiederum zu Interessenskonflikten auf nationaler Ebene führen könnte. Für Wahlforscher Deshmukh wird es sehr darauf ankommen, wie sich die Opposition in den kommenden Wochen aufstellen wird: "Die Frage ist: Auf welche Themen setzen sie im Wahlkampf? Und können sie ihre Streitigkeiten überwinden, um ein schlagkräftiges Bündnis zu formen?"

Narendra Modis BJP ist in dieser Sache schon weiter: Sie hat es bereits geschafft, Bündnisse mit mehreren Regionalparteien im ganzen Land einzugehen. Selbst wenn es bei diesen Wahlen anders als 2014 nicht mehr für eine absolute Mehrheit reichen sollte, könnte die BJP nach der Wahl trotzdem in der Lage sein, die nächste Regierung zu bilden.

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