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Der Deckel auf dem Schacht

Klaus Deuse
20. Dezember 2019

Ein Jahr nach der Stilllegung ist "Prosper-Haniel" eingemottet. Für die RAG beginnt der Nachbergbau mit der Bewältigung der Ewigkeitslasten. In einer modernen Leitwarte laufen die Daten aus der "Unterwelt" zusammen.

Zeche Prosper Haniel
Bild: AFP/Getty Images/P. Stollarz

Mit der Stilllegung von "Prosper-Haniel" in Bottrop, dem letzten aktiven Bergwerk, endete vor einem Jahr das Kapitel des Steinkohlenbergbaus in Deutschland. Seit der Kohleausstiegsbeschluss im Jahr 2007 aus rein ökonomischen Gründen fiel, konnte sich die Ruhrkohle AG (RAG) auf das Ende vorbereiten. Sozialverträglich, so dass kein Bergmann entlassen werden musste.

Nachdem auf "Prosper-Haniel" unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit endgültig Schicht im Schacht war, begann umgehend das große Aufräumen. Nun, ein Jahr später, sind die "Raubarbeiten" nahezu abgeschlossen. In der Sprache der Bergleute versteht man unter "Raubarbeiten" die bittere Aufgaben, ein komplettes Bergwerk frei zu räumen. Sowohl über Tage als auch unter Tage. Und auf "Prosper-Haniel" ging es bis zu 1.200 Metern hinab, wo bis zum 21. Dezember 2018 mächtige Hobelmaschinen und Walzenschrämmlader die Kohle aus dem Flöz brachen.

Die blanke Kohle

"Wir mussten alles aus der Grube holen, was aus Umweltschutzgründen rausgeholt werden musste", bilanziert RAG-Sprecher Christof Beike. Zum Beispiel Maschinen mit Betriebsstoffen. "Aber natürlich auch Dinge, die wir vermarkten können", ergänzt Beike. Dazu zählen u.a. Transportgeräte und Transformatoren.  Raus mussten außerdem zahllose Kilometer elektrische Leitungen, Förderbänder, Rollen und Rohre.

Arbeiten, die nur noch ein paar Dutzend Kumpel erledigen. In den Zeiten als Kohle noch als "schwarzes Gold" galt,  fuhren auf "Prosper-Haniel" bis zu 4.500 Bergleute unter Tage. Bis zur Stilllegung im vergangenen Jahr schrumpfte die Zahl auf knapp 1.000. Die wenigen, die für die "Raubarbeiten" bleiben konnten, haben inzwischen auch  Übertage das Gelände frei geräumt.

Früher waren die Bergarbeiter immer kohleschwarz. Die Raubbauer arbeiten dagegen mit fast weißer Weste.Bild: RAG/Volker Wiciok

Verschwunden ist auch die Anlage zur Kohleaufbereitung. In dieser Anlage, so Christof Beike, wurde die Kohle von mit abgebautem Gestein getrennt, "so dass man wirklich von der blanken Steinkohle redet. Diese Anlagen sind verkauft worden zum Teil nach China, zum Teil auch in die Türkei." In Länder, in denen weiterhin in großem Stil Steinkohle gefördert wird.

Fast 100.000 Tonnen Füll-Material

"Prosper-Haniel" ist mehr oder weniger abgewickelt. Nach den Worten von Christof Beike befindet man sich in der Stillsetzungsphase. "Das heißt, wir warten jetzt darauf, dass wir die Schächte verfüllen können und damit die Verbindung von oben nach unten schließen."

Zum Einsatz kommt ein Gemisch aus Beton, Sand und Zement.  Und zwar in riesigen Mengen. Zur Verfüllung von Schacht neun etwa wurden 55.000 Tonnen Sand angekarrt, weitere 33.000 Tonnen für Schacht zehn. Bevor endgültig der Deckel auf den Pütt kommt, also die Verfüllung abgeschlossen wird,  verlegen die verbliebenen Bergleute in einigen Schächten noch großformatige Hüllrohre für die Tauchpumpen.

Wo es früher noch laut, schmutzig und dunkel war, ist es inzwischen richtig ruhig. Dunkel ist aber immer noch.Bild: RAG/Volker Wiciok

Die Ewigkeitsaufgaben

Denn nach der Schließung eines Bergwerks geht es für die RAG  um die Bewältigung der mit dem untertägigen Bergbau verbundenen Ewigkeitsaufgaben.  "Da reden wir einerseits von der Grubenwasserhaltung", erläutert Christof Beilke. "Wir müssen das Grubenwasser von Untertage nach Übertage pumpen und außerdem dasGrundwasser reinigen." Nicht nur im Umfeld von "Prosper-Haniel", sondern rund um schon zuvor stillgelegte Zechen im gesamten Ruhrgebiet.

Pro Jahr geht es dabei um circa 70 Millionen Kubikmeter Grubenwasser. In Zukunft setzt man dabei ausschließlich auf Tauchpumpen, die durch Hüllrohre geführt in die Tiefe abgelassen werden, "um da von einer definierten Höhe aus zu pumpen. Nämlich bei etwa 600 Metern." Damit ist der Sicherheitsabstand zu den Trinkwasserbereichen gewährleistet. Ewigkeitsaufgaben, die pro Jahr zwischen 250  und  300 Millionen Euro kosten.

Die Grubenwasserleitwarte "Pluto" in Herne. Von hier aus werden aufgelassene Gruben in ganz Deutschland überwacht.Bild: RAG/Volker Wiciok

 Dann ist nur noch "Nachbergbau"

 Ab 2022 beginnt für die RAG die Nachbergbauphase, für die man schon heute gerüstet ist. Und zwar auf dem Gelände der früheren Zeche "Pluto" in Herne. Hier befindet sich die weltweit modernste  Grubenwasser-Leitwarte, in der alle Anlagen im Ruhrgebiet, im Saarland und im ehemaligen Fördergebiet Ibbenbüren überwacht werden. Gelbe, rote und grüne Lämpchen signalisieren die aktuellen Grubenwasserstände. In der Leitwarte, die rund um die Uhr besetzt ist,  laufen alle Daten zusammen.  Dazu gehören auch die Überwachung der Luftzüge und die Zusammensetzung der Luft unter Tage.

Von "Pluto" aus können bei kritischen Messwerten umgehend entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Schließlich stehe man mit den Kollegen vor Ort, die unter Tage auch Gase messen, in ständigem Kontakt, betont Dirk Thomke, der selbst lange Jahre unter Tage gearbeitet hat: "Die Leute, die an den Standorten, wo das Wasser von Untertage noch gepumpt wird, noch täglich einfahren, die haben auch ihre Messgeräte mit. So wie im aktiven Bergwerk auch.  Die warten die Pumpen und teilweise wird die Wasserwegigkeit erstellt für die Ewigkeit. Das heißt:  es werden Rohrleitungen verlegt,  um wirklich zu gewährleisten, dass das Wasser hinterher da ankommt, wo wir das hinhaben wollen."

Mit der Stilllegung und Abwicklung von "Prosper-Haniel" endet das Industriekapitel des Steinkohlenbergbaus in Deutschland. Was bleibt, das sind im Rahmen des notwendigen Nachbergbaus  die Ewigkeitsaufgaben.  

            

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