Steinmeier bekennt Schuld an NS-Verbrechen
29. Juni 2018Die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes im Zweiten Weltkrieg hätten das Ziel gehabt, Länder und Menschen auszulöschen und zu einer "Orgie der Vernichtung" geführt. In Weißrussland sei jeder vierte Bürger getötet, mehr als 600 Dörfer seien zerstört worden. Bei der Einweihung der Gedenkstätte Maly Trostenez für Zehntausende ermordeter Juden und Widerstandskämpfer warnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eindringlich davor, diese Gräuel zu verharmlosen oder zu verdrängen.
Dankbar für Bereitschaft zur Versöhnung
Es sei ein "lange überfälliger Schritt", den Ort nahe der weißrussischen Hauptstadt Minsk "in das historische Bewusstsein Europas zurückzuholen", so Steinmeier. "Lange, zu lange haben wir gebraucht, uns zur Verantwortung zu bekennen", erklärte das deutsche Staatsoberhaupt selbstkritisch. "Umso tiefer" sei seine "Demut", und "umso dankbarer" sei er für die Bereitschaft der weißrussischen Bevölkerung zur Versöhnung.
In Maly Trostenez befand sich zwischen 1941 und 1944 das größte nationalsozialistische Vernichtungslager auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Zehntausende Opfer wurden dort erschossen oder vergast, darunter Juden aus dem Minsker Ghetto oder auch aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei.
"Ein Ort des Todes"
Der Ort, von der deutschen Wehrmacht als "Lebensraum im Osten" in Besitz genommen, sei "ein Ort des Todes" gewesen, sagte Steinmeier. Er sei auf keiner Landkarte verzeichnet gewesen, "aber auf einem Plan zur Endlösung der Judenfrage". Das "Wissen um Orte wie diesen und die Erinnerung an das, was hier geschah", seien "unabdingbar für ein Verständnis von uns selbst", führte der Bundespräsident aus.
Steinmeier sprach sich für engere Beziehungen zwischen Berlin und Minsk aus. Weißrussland müsse im deutschen Bewusstsein endlich als eigener Staat wahrgenommen werden und "aus dem Schatten der Sowjetunion heraustreten".
Der Bau des neuen Erinnerungsortes wurde mit einer Million Euro aus Deutschland unterstützt - neben dem Auswärtigen Amt beteiligten sich Kommunen, Kirchen, private Spender, die Bethe-Stiftung und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge an der Finanzierung. Steinmeier hatte sich schon als Außenminister für die Gedenkstätte eingesetzt.
SC/jj (afp, epd, KNA)