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Politik

Steinmeier warnt vor Gefahr für die Demokratie

13. Februar 2020

In Dresden haben tausende der Zerstörung der Stadt vor 75 Jahren gedacht. Die Bombardierung erinnere an Menschenverachtung, Antisemitismus und Rassenwahn, sagte Bundespräsident Steinmeier. Die Gefahr sei nicht gebannt.

Deutschland 75. Jahrestag der Zerstörung Dresdens Bundespräsident Steinmeier
Bild: picture-alliance/dpa/R. Michael

Bei der zentralen Gedenkveranstaltung im Dresdner Kulturpalast erinnerte Frank-Walter Steinmeier an die deutsche Schuld und appellierte an alle Demokraten, sich neuem Antisemitismus und Geschichtsverfälschern entschieden zu widersetzen. Die Bombardierung Dresdens erinnere an die Zerstörung des Rechtsstaates und der Demokratie in der Weimarer Republik, an nationalistische Selbstüberhebung und Menschenverachtung, an Antisemitismus und Rassenwahn, sagte der Bundespräsident. "Und ich befürchte, diese Gefahren sind bis heute nicht gebannt."

"Wir alle müssen Hass und Hetze zurückweisen"

In manchen Ländern nehme die Sehnsucht nach Abschottung und die Faszination für autoritäre Politik zu, betonte Steinmeier. Mitten in Europa würden die Freiheit der Presse, der Kunst und Wissenschaft eingeschränkt. "Wir erleben, wie auch in unserem Land Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit das öffentliche Leben wieder zu vergiften beginnen, wie Rechtsstaat und demokratische Institutionen verächtlich gemacht und ihre Repräsentanten beleidigt und angegriffen werden."

Dresden in Schutt und Asche

02:10

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Es reiche nicht, wenn Demokraten erschauerten und sich angewidert abwendeten, so Steinmeier. "Nichts davon darf in unserem Land unwidersprochen bleiben." Vor 1.600 geladenen Gästen forderte er: "Wir alle müssen Hass und Hetze zurückweisen, Beleidigungen widersprechen, Vorurteilen entgegentreten." Auch das sei eine Lehre aus dem "deutschen Irrweg", der zur Zerstörung Dresdens geführt habe.

Deutsches Unrecht nicht kleinreden - Leid nicht bagatellisieren

Steinmeier erinnerte daran, dass nicht nur Dresden, sondern auch viele andere Städte in Deutschland und Europa Bombardements erlebten. "Wenn wir heute an die Geschichte des Bombenkrieges in unserem Land erinnern, dann erinnern wir an beides: An das Leid der Menschen in deutschen Städten und an das Leid, das Deutsche anderen zugefügt haben", sagte Steinmeier.

Ausdrücklich wandte er sich gegen eine politische Instrumentalisierung des Gedenkens. Viel zu oft und viel zu lange sei die Geschichte der Luftangriffe auf Dresden ideologisch vereinnahmt worden, erst von den Nationalsozialisten, dann vom SED-Regime. "Und auch in diesem Gedenkjahr müssen wir erleben, wie politische Kräfte die Geschichte manipulieren, umdeuten und als Waffe missbrauchen wollen", warnte Steinmeier. Weder dürfe deutsches Unrecht kleingeredet, noch dürfe das Leid der Bombenopfer bagatellisiert werden.

"Wir vergessen die deutsche Schuld nicht"

Bei Luftangriffen britischer und amerikanischer Bomber war Dresdens Innenstadt am 13. Februar 1945 und den beiden Tagen danach zerstört worden. Bis zu 25.000 Menschen verloren ihr Leben. Rechtsextreme missbrauchen den Tag regelmäßig für ihre Zwecke, bezeichnen die Angriffe als alliiertes Kriegsverbrechen und relativieren so die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg.

Steinmeier warnte auch vor Geschichtsverfälschung. "Es waren Deutsche, die diesen grausamen Krieg begonnen haben, und es waren schließlich Millionen Deutsche, die ihn führten - nicht alle, aber doch viele aus Überzeugung." Die Nationalsozialisten und ihre willigen Vollstrecker hätten den Massenmord an den Juden Europas ins Werk gesetzt:  "Wir vergessen die deutsche Schuld nicht. Und wir stehen zu der Verantwortung, die bleibt."

"Weg der Versöhnung hat uns in ein geeintes Europa geführt"

Unvergessen bleibe auch, dass viele Briten nach der deutschen Einheit mit ihren Spenden zum Wiederaufbau der Frauenkirche beigetragen hätten. "Der Weg der Versöhnung hat uns in ein geeintes Europa geführt. Dieses Europa ist die Lehre aus Jahrhunderten von Krieg und Verwüstung, von Hass und Gewalt. Es ist entstanden aus dem Geist des Widerstands gegen Rassenwahn und Totalitarismus, aus dem Geist der Freiheit, der Demokratie und des Rechts."

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) rief dazu auf, für ein friedliches Zusammenleben und gegen Spaltung, Gewalt und Ausgrenzung einzustehen. "Es ist wichtig, dass wir uns erinnern, weil sich Geschichte dann nicht wiederholt, wenn wir sie kennen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Wir alle tragen Verantwortung für unsere Demokratie und ein friedliches Miteinander", betonte er. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) rief dazu auf, nicht zuzulassen, "dass Dresden erneut zerstört wird". Zerstörung beginne dort, wo Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder ihres Glaubens angegriffen würden, sagte der FDP-Politiker.

In der Dresdner Frauenkirche entzündeten viele Menschen Kerzen zum Gedenken an die Bombardierung der StadtBild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

Auf Friedhöfen und an anderen Gedenkorten in Dresden wurde ebenfalls der Opfer des Kriegs gedacht, in der wiedererrichteten Frauenkirche entzündeten viele Menschen Kerzen. Auf dem Heidefriedhof wurden über den Tag hinweg die Namen von rund 4.000 Opfern der Bombenangriffe verlesen. Diese Gedenkveranstaltung störten laut Polizei etwa 25 linke Demonstranten mit lautstarken Zwischenrufen. Sie protestierten dagegen, dass damit auch Täter geehrt würden.

Am frühen Abend wollen sich tausende Menschen zu einer Menschenkette um die Altstadt zusammenschließen, um zu erinnern und gleichzeitig gegen Hass und Gewalt zu demonstrieren. Auch Steinmeier will sich in die Menschenkette einreihen.

 ww/kle (afp, dpa, epd)

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