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Steinmeier entschuldigt sich auf Kreta bei NS-Opfern

31. Oktober 2024

Zum Abschluss seiner Griechenland-Reise ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf der griechischen Insel Kreta eingetroffen. Dort besuchte er das Dorf Kandanos, das deutsche Truppen 1941 zerstört hatten.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender besuchen im Rathaus von Kandanos eine historische Sammlung zur Zerstörung von Kandanos
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender im Rathaus von KandanosBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem Griechenland-Besuch um Vergebung für die deutschen Verbrechen während der NS-Zeit auf Kreta gebeten. "Ich möchte Sie heute im Namen Deutschlands um Vergebung bitten", sagte Steinmeier auf Griechisch in Kandanos auf Kreta, dem Schauplatz einer der schlimmsten Gräueltaten der deutschen Besatzungstruppen während des Zweiten Weltkriegs. Weiter entschuldigte sich der Bundespräsident dafür, dass Deutschland über Jahrzehnte die Ahndung der Verbrechen verschleppt und nach dem Krieg "zunächst weggesehen und geschwiegen hat".

Das 50 Kilometer südwestlich von Chania gelegene Kandanos war eines der ersten Dörfer auf Kreta, das von Soldaten der Wehrmacht vollständig zerstört worden war. Unter dem Befehl von Generalleutnant Kurt Student wurden am 3. Juni 1941 mehr als 180 Bewohner, die sich den deutschen Soldaten entgegengestellt hatten, getötet. Der deutsche Angriff auf Gebäude und Bewohner war eine Vergeltungsmaßnahme für die Tötung deutscher Soldaten durch Widerstandskämpfer.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache in KandanosBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture alliance

Ausführlich ging Steinmeier auf die Tatsache ein, dass Student nach dem Krieg nie für seine Verbrechen in Griechenland zur Rechenschaft gezogen wurde. Dies sei ein weiteres "beschämendes Kapitel" im Umgang mit Kriegsverbrechern, sagte er. Der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender legten an der Gedenkstätte für die Opfer der Zerstörung in Kandanos einen Kranz nieder. Kandanos ist heute für die Griechen ein "Märtyrerdorf", von denen es 120 im ganzen Land gibt.

"Ort deutscher Scham"

"Es ist ein schwerer Weg, als deutscher Bundespräsident an diesen Ort zu kommen. Aber ich kann nicht hier auf Kreta sein, ohne diesen Ort deutscher Scham zu besuchen", so Steinmeier. Allein auf Kreta seien im Zweiten Weltkrieg tausende Zivilisten ermordet worden. Dazu kämen zahlreiche griechische Juden, die deportiert worden seien. Die Brutalität der deutschen Besatzer lasse noch heute "den Atem stocken", sagte der Bundespräsident.

"Wir können das Leid nicht ungeschehen machen", sagte Steinmeier in seiner Ansprache. "Aber wir müssen die Erinnerung daran wachhalten, damit nicht wieder geschieht, was einmal geschehen ist". Weiter sprach er sich beim Besuch des wiederaufgebauten Dorfes für eine gemeinsame Gedenkkultur aus.

Austausch mit Überlebenden

Steinmeier ist das erste deutsche Staatsoberhaupt, das Kreta besucht. In Kandanos sprach er lange mit Überlebenden des Massakers. In der Menschenmenge waren auch kritische Stimmen zu hören. Mit Ausrufen wie "Gerechtigkeit" und "der Kampf geht weiter" spielten einige Anwesende auf die ungeklärte Frage deutscher Reparationszahlungen für Griechenland an.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der griechische Migrationsminister Nikolaos Panagiotopoulos (links neben ihm) besuchen eine Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete im griechischen MalakasaBild: Thanassis Stavrakis/dpa/picture alliance

Das Gedenken an die Opfer der Nazi-Verbrechen war eines der großen Themen von Steinmeiers dreitägiger Reise nach Griechenland. Am Dienstag hatte er gemeinsam mit Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou in deren Heimatstadt Thessaloniki die Baustelle für ein geplantes Holocaust-Museum besucht. Die deutsche Verantwortung für die Opfer auf griechischer Seite sei "ein schwieriges Thema, das in unseren Beziehungen eine Rolle spielt und dem wir nicht ausweichen dürfen", sagte Steinmeier am Mittwoch in Athen.

Dissens in der Reparationsfrage

Konträre Positionen traten allerdings beim Thema Reparationszahlungen zutage. Während Staatspräsidentin Sakellaropoulou und Regierungschef Kyriakos Mitsotakis die Frage nach deutschen Kriegsentschädigungen als weiterhin offen bezeichneten, sagte Steinmeier, dass Deutschland diese Rechtsfrage für "völkerrechtlich abgeschlossen" halte. In dieser Frage vertrete Deutschland eine andere Auffassung. Mitsotakis, dessen Familie aus Kreta stammt, sagte am Mittwoch, die Frage der Reparationen sei "immer noch sehr lebendig". "Wir hoffen, dass wir sie irgendwann lösen werden", betonte er.

Griechenland fordert seit langem eine Wiedergutmachung für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Kriegsschäden. Vor fünf Jahren schätzte ein griechischer Parlamentsausschuss die Kosten für die Reparationen auf mehr als 270 Milliarden Euro. Die Bundesregierung sieht für die griechischen Reparationsforderungen allerdings keine rechtliche Grundlage.

kle/pg (afp, kna, dpa)

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