Steinmeier kritisiert "Populismus" der Trump-Regierung
1. Juni 2025
Normalerweise gibt sich der Bundespräsident zurückhaltend, was tagespolitische Entwicklungen angeht. In Hamburg wählte Frank-Walter Steinmeier nun aber ziemlich deutliche Worte in Sachen Forschungsstandort USA.
Bundespräsident Steinmeier bei der Jugend-forscht-Siegerehrung: "Feinderklärung an die freie Wissenschaft"Bild: Markus Scholz/dpa/picture alliance
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Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Umgang der US-Regierung von Präsident Donald Trump mit Wissenschaftseinrichtungen kritisiert. "Täglich erreichen uns neue Nachrichten aus den USA über Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit", sagte Steinmeier laut vorab verbreitetem Redemanuskript bei der Preisverleihung zum 60. Bundeswettbewerb "Jugend forscht" an diesem Sonntag in Hamburg. In den Vereinigten Staaten werde Universitäten die Arbeit schwer gemacht oder wie zuletzt der Eliteuniversität Harvard das Geld entzogen.
Harvard & Co.: Trump spitzt Kampf gegen US-Unis zu
03:06
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"Da wird der Wert von Wissenschaft insgesamt in Zweifel gezogen", kritisierte der Bundespräsident das Vorgehen der Trump-Administration. "Das weltweit anerkannteste, hochleistungsfähige Wissenschafts- und Universitätssystem der USA droht in der Mühle von Populismus und Kampf gegen das sogenannte Establishment leichtfertig zerrieben zu werden." Deutschland müsse sich der "Feinderklärung an die freie Wissenschaft" entgegenstellen.
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Weimer warnt vor "globalem Kulturkampf"
Ebenfalls besorgt zeigt sich Deutschlands neuer Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Mit Blick auf die USA und auf andere Länder sieht er Gefahren für die Freiheit der Wissenschaft, aber auch die der Kunst - und zwar durch einen "globalen Kulturkampf", wie Weimer es nennt.
Kulturstaatsminister Weimer: "Angriff auf die Aufklärung"Bild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance
"Am deutlichsten sehen wir das natürlich in den neonationalistischen Diktaturen in China und in Russland", sagte Weimer in einer Rede in Berlin. "Aber wir erleben es auch im Westen. Auch im Westen gibt es mehr Nationalismen, die sich ausprägen und die repressive Züge bekommen."
Auch wenn Diktaturen mit westlichen Demokratien nicht vergleichbar seien: In den vier größten Mächten des Globus, also in China, Russland, Indien und den USA, gebe es eine freiheitsfeindliche Grundströmung. Dahinter stehe "ein Angriff auf die Aufklärung", sagte Weimer vor Mitgliedern des Ordens Pour le mérite. Mit dem Zeitalter der Aufklärung trat in Europa ab dem 17. und 18. Jahrhundert anstelle des Glaubens unter anderem die Forderung nach rationalem Denken in den Vordergrund.
Die deutsche Aufklärung: von Kant und Mendelssohn bis Habermas
Mit dem Zeitalter der Aufklärung traten anstelle des christlichen Glaubens die Forderungen nach Vernunft, Freiheit und Tugend in den Vordergrund. Diese deutschen Aufklärungs-Philosophen sollten Sie kennen.
Bild: picture-alliance/G. Thielmann
Moses Mendelssohn (1729-1786)
Zuwanderer, Aufklärer und Selfmade-Intellektueller: Mit der europäischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts entwickelte sich um den Philosophen Moses Mendelssohn die "Haskala", die jüdische Aufklärung. Das machte den in Berlin ansässigen Intellektuellen zu einer Berühmtheit - zu seiner Zeit noch berühmter als Immanuel Kant.
Bild: Roman März
Immanuel Kant (1724-1804)
Immanuel Kant steht heute wie kein anderer Philosoph für die Philosophie der Aufklärung in Deutschland. Kein Schulkind kommt an seiner Lebensmaxime des kategorischen Imperativs vorbei. Mit seiner "Kritik der reinen Vernunft" legte er 1781 die Grundsteine der modernen Philosophie.
Bild: Imago Images/Golovanov/Kivrin
Johann Gottfried Herder (1744-1803)
Auch Johann Gottfried Herder gilt als einer der bedeutendsten Philosophen der Aufklärungszeit in Deutschland. Er war ein Schüler Kants. In seinem Hauptwerk "Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" identifizierte er den Daseinszweck des Menschen als rein "auf Bildung der Humanität gerichtet", der "allen niedrigen Bedürfnissen der Erde nur dienen und selbst zu ihr führen sollen".
Bild: Everett Collection/picture alliance
Gottfried Wilhelm von Leibniz (1646-1716)
Leibniz war ein Philosoph der frühen Aufklärung und einer ihrer wichtigsten Vordenker. Schon vor Kant formulierte er eine wichtige Maxime des aufklärerischen Denkens: "Jeder Mensch besitzt Fähigkeiten zur vernünftigen Lebensführung".
Bild: Photo12/imago images
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Toleranz, Freiheit und ein neues Selbstbewusstsein des Bürgertums: Diese Gedanken standen im Mittelpunkt der Theaterstücke und Schriften von Lessing. Er kritisierte vor allem den religiösen Dogmatismus und setzte sich für die Gleichberechtigung der verschiedenen Religionen ein. Sein Theaterstück "Nathan der Weise" ist auch eine Hommage an seinen Freund, den jüdischen Aufklärer Moses Mendelssohn.
Bild: imago/Leemage
Theodor Adorno (1903-1969)
Die Ideen der Aufklärung überlebten Jahrhunderte. Trotz der Aufklärung des 18. Jahrhunderts kam es später zu faschistischen und zerstörerischen Ideologien in Deutschland und Europa. Wie ist es dazu gekommen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Arbeiten von Theodor Adorno. In den 1940er Jahren erarbeiteten Adorno und Max Horkheimer (1895-1973) ihre kritische Theorie der "Dialektik der Aufklärung".
Bild: picture-alliance/akg-images
Jürgen Habermas
Jürgen Habermas ist einer der einflussreichsten Denker unserer Zeit und bekannt dafür, Stellung zu gesellschaftlichen und ethischen Fragen zu beziehen. Aus seiner Sicht sind kommunikative Interaktionen die Grundlage der Gesellschaft. Diese basieren wiederum auf dem Verstand - was seine Philosophie mit dem Aufklärungsgedanken gemein hat.
Bild: imago stock&people
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Dem disziplinenübergreifenden Orden Pour le mérite gehören rund 80 ausgewählte Wissenschaftler und Künstler aus Deutschland und aller Welt an, darunter viele Nobelpreisträger. Gegründet wurde die Vereinigung im 19. Jahrhundert vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV.; Schirmherr ist heute Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.