Steinmeier: Belarussen verdienen Hilfe
14. Dezember 2020Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich hinter die für ihre Freiheit kämpfenden Menschen in Belarus gestellt. "Mutig und beharrlich fordern die Menschen in Belarus seit Monaten freie und faire Wahlen und ein Ende staatlicher Gewalt und Repression", sagte Steinmeier in Berlin. "Sie brauchen und sie verdienen unsere Aufmerksamkeit, Hilfe und Unterstützung."
Zuvor hatte der Bundespräsident in seinem Amtssitz Schloss Bellevue Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zu einem einstündigen Gespräch empfangen. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) traf sich mit ihr.
Die frühere Fremdsprachenlehrerin gilt als Anführerin der Demokratiebewegung in Belarus. Seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko demonstrieren dort regelmäßig Tausende Menschen für demokratische Grundrechte und gegen Gewalt. Die Sicherheitsbehörden reagieren mit repressiven Maßnahmen. Allein am Wochenende kamen dem Innenministerium in Minsk zufolge 271 Menschen in Gefängnisse, weil sie an nicht genehmigten Kundgebungen teilgenommen hätten.
Opposition erhält Sacharow-Preis
Lukaschenko wird von Moskau unterstützt. Die EU erkennt seine Wiederwahl jedoch nicht an und verhängte Sanktionen gegen ihn und dutzende andere mutmaßliche Verantwortliche für Wahlbetrug sowie Gewalt gegen Demonstranten.
Für die Opposition ist die ebenfalls zur Präsidentschaftswahl angetretene Tichanowskaja die wahre Siegerin. Sie war nach der Abstimmung ins EU-Land Litauen geflohen. Am Mittwoch nimmt die Politikerin den renommierten Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments entgegen. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an die Opposition in Belarus.
Wenige Stunden vor ihrem Treffen mit dem deutschen Bundespräsidenten hatte Tichanowskaja gefordert, Deutschland solle die Visumspflicht für Menschen, die unter dem Regime Lukaschenkos bedroht sind, aufheben. Die Verfolgten hätten so die Möglichkeit, in Sicherheit zu gelangen, sagte die Bürgerrechtlerin dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". In einem Interview mit der DW rief die Oppositionelle außerdem dazu auf, Deutschland solle eine juristische Untersuchung der Verbrechen in Belarus anstrengen. Einer solchen Initiative würden sich andere Staaten schnell anschließen.
Deutschland beschleunigt Visavergabe in Belarus
Das Auswärtige Amt hat die Vergabe humanitärer Visa angesichts der angespannten Lage in Belarus bereits beschleunigt. Die deutsche Botschaft in Minsk behandle "Antragssteller mit humanitärem Ausreisegrund vorrangig", sagte ein Außenamtssprecher auf die Frage, ob belarussische Oppositionelle leichter an deutsche Visa kommen könnten. Das Auswärtige Amt habe sichergestellt, dass die Botschaft dort "über den nötigen Ermessensspielraum verfügt", sagte der Sprecher.
Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte die Unterstützung der deutschen Bundesregierung für die demokratische Opposition in Belarus. "Wir stehen ganz fest an der Seite der demokratischen Bewegung", sagte er. Das Kalkül des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko - nämlich, dass mit der Zeit weniger über die Opposition gesprochen werde - werde nicht aufgehen. "Wir werden weiter darüber sprechen", sagte Seibert.
ml/mir/sti (dpa, kna, afp)