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Politik

Steinmeier kritisiert USA, China und Russland

14. Februar 2020

Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz hat der Bundespräsident die selbstzentrierte Politik in Washington, Peking und Moskau angeprangert - das beherzte Bekenntnis zum Multilateralismus war natürlich inklusive.

Bundespräsident Fank-Walter Steinmeier auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2020  (Foto: picture-alliance/dpa/S. Hoppe)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Steinmeier kritisiert Russland, China und die USA

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den USA, China und Russland vorgeworfen, durch egoistisches Vorgehen die internationale Ordnung zu gefährden. "Jedes Land solle selbst sehen, wo es bleibt, und seine eigenen Interessen über die aller anderen stellen", sei etwa die Devise von US-Präsident Donald Trump, sagte Steinmeier in seiner Rede zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz. "Als ob an alle gedacht sei, wenn ein jeder an sich denkt." Zugleich allerdings würdigte Steinmeier die transatlantische Zusammenarbeit. Diese gelte es zu bewahren.

"Ohne Rücksicht auf das Völkerrecht"

Steinmeier warf Russland vor, "ohne Rücksicht auf das Völkerrecht" die Krim annektiert zu haben. "Es hat militärische Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder zum Mittel der Politik gemacht." Unsicherheit und Unberechenbarkeit seien die Folge.

China wiederum sei durch seinen Aufstieg zwar ein wichtiger Akteur in internationalen Institutionen geworden. "Zugleich akzeptiert es das Völkerrecht nur selektiv, wo es den eigenen Interessen nicht zuwiderläuft", kritisierte der Bundespräsident. Chinas Vorgehen im Südchinesischen Meer verstöre die Nachbarn in der Region. "Sein Vorgehen gegen Minderheiten im eigenen Land verstört uns alle", sagte er in Anspielung auf die Berichte über massenhafte Inhaftierungen von Uiguren.

"Mehr Misstrauen, mehr Rüstung, weniger Sicherheit"

Ausdrücklich warnte Steinmeier vor diesem Hintergrund vor einem neuen Wettrüsten. "Wir fallen zurück in das klassische Sicherheitsdilemma. Mehr Misstrauen, mehr Rüstung, weniger Sicherheit sind die zwangsläufigen Folgen. Bis hin zu einem neuen nuklearen Rüstungswettlauf, der nicht nur mehr Waffen, sondern vor allem mehr nuklear bewaffnete Mächte hervorbringen wird, mit allen Risiken für die ohnehin immer prekäre nukleare Stabilität", betonte der Bundespräsident. Der Rückzug auf nationale Interessen schwäche die internationale Gemeinschaft auch bei der Suche nach Lösungen für globale Probleme wie den Klimawandel. Es müsse die Weltgemeinschaft daher "tief beunruhigen", dass internationale Institutionen "blockiert" und "geschwächt" würden.

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"Den Verlust von Diplomatie, von tragenden Säulen unserer Sicherheitsarchitektur, von Rüstungskontrollverträgen und internationalen Abkommen können wir nicht durch Panzer, Kampfjets und Mittelstreckenraketen kompensieren", so Steinmeier weiter. Gerade weil die globale "Pax Americana" zu zerfallen drohe, müsse Europa auf diese "gewaltige Verschiebung der Macht- und Einflusssphären" reagieren. "Es muss eine eigene Balance finden mit China zwischen sich verschärfender Systemkonkurrenz und notwendiger Zusammenarbeit und muss dabei die vielen anderen starken Partner in Asien ernst nehmen", mahnte der Bundespräsident. Die EU müsse auch mehr Initiativen wie die Berliner Libyen-Konferenz starten, um die Konflikte an den Rändern der Union einzudämmen. Als Beispiele nannte er die Sahelregion, aber auch die Golf-Region mit dem Konflikt über das iranische Atomprogramm. 

Steinmeier eröffnete die 56. Münchner Sicherheitskonferenz, die - unter der Leitung des früheren Top-Diplomaten Wolfgang Ischinger - als wichtigstes Forum für internationale Sicherheitspolitik gilt. Etwa 40 Staats- und Regierungschefs nehmen an dem dreitägigen Treffen in der bayerischen Hauptstadt teil und debattieren über Wege zur Befriedung der großen militärischen Konflikte und Krisenherde.

Maas appelliert an die Europäer

Angesichts des Rückzugs der USA aus internationalen Konflikten hat Außenminister Heiko Maas (SPD) ein stärkeres deutsches und europäisches Engagement in der Sicherheitspolitik angemahnt. "Wir Europäer haben zu lange die Augen verschlossen vor der unbequemen Realität, die ein US-Rückzug aus militärischem Engagement und internationalen Verträgen gerade für uns bedeutet", sagte Maas auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

In die geopolitische Lücke, welche die USA mit besonderer "Vehemenz" unter der Regierung von Präsident Donald Trump hinterließen, stießen nun etwa Russland, die Türkei und der Iran. Diese Staaten verfolgten jedoch "oft ganz andere Werte, Interessen und Ordnungsvorstellungen" als der Westen.

Außenminister Heiko Maas spricht auf der SicherheitskonferenzBild: Reuters/A. Gebert

Vor diesem Hintergrund forderte Maas den "Aufbau einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion - als starken, europäischen Pfeiler der Nato". Dies sei die "europapolitische Gestaltungsaufgabe der 20er Jahre". Dazu werde Deutschland auch das Angebot des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einem europäischen Strategie-Dialog über die französischen Atomwaffen aufgreifen.

Deutschland ist nach den Worten des Ministers "bereit, sich stärker zu engagieren, auch militärisch". Aber dieses militärische Engagement müsse eingebettet sein in eine "politische Logik" und verbunden werden mit Diplomatie. Maas kündigte in diesem Sinne Gespräche über den Ukraine-Konflikt mit seinen Kollegen aus Paris, Moskau und Kiew an. Dadurch solle die Grundlage für ein weiteres Gipfeltreffen in Berlin geschaffen werden.

Weitere Annäherung zwischen Serbien und Kosovo 

Die ehemaligen Kriegsgegner Serbien und Kosovo nutzten die Konferenz, um im Vorfeld eine Absichtserklärung zum Ausbau von Zug- und Autobahnverbindungen zu unterschreiben. Dies soll vor allem die wirtschaftliche Entwicklung der Region fördern. Details wurden nicht genannt. Eisenbahnverbindungen zwischen Serbien und seiner damaligen Südprovinz Kosovo hatten vor 1990 bestanden, als Serbien Teil des sozialistischen Jugoslawiens war.

Serbiens Präsident Vucic (M.) und der US-Gesandte für die serbisch-kosovarischen Verhandlungen, Grenell, in MünchenBild: picture-alliance/dpa/A. Vitvitsky

Eine Autobahn von Serbien ins Kosovo müsste neu gebaut werden. Am geeignetsten erscheint der Ausbau der etwa 120 Kilometer langen Straße, die vom südserbischen Nis in die Kosovo-Hauptstadt Pristina führt. Bei der Zeremonie in München waren sowohl die Präsidenten Serbiens und des Kosovo, Aleksandar Vucic und Hashim Thaci, als auch der amerikanische Top-Diplomat in Deutschland, Richard Grenell, anwesend, der auch der US-Gesandte für die serbisch-kosovarischen Verhandlungen ist.

Bis zum Zerfall Jugoslawiens hatte das Kosovo den Status einer autonomen Provinz Serbiens. Die Aufhebung der Autonomie durch Serbien führte Ende der 1990er Jahre zum Kosovo-Krieg, in den im März 1999 die NATO mit Bombardierungen gegen Serbien eingriff. Belgrad zog schließlich seine Verwaltung und Sicherheitskräfte aus dem Kosovo ab, 2008 erklärte sich das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Land für unabhängig. Serbien hat sich mit dem Verlust seiner einstigen Südprovinz aber bis heute nicht abgefunden.

sti/kle (afp, dpa, rtr)

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