Steinmeier verkürzt Nahost-Reise wegen BND-Debatte
18. Januar 2006Vier Tage, vier Länder, so war die Nahost-Reise von Frank-Walter Steinmeier geplant. Doch nun wird der neue deutsche Außenminister wegen einer für Freitag (20.1.2006) angesetzten Debatte über die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Irak-Krieg nur Ägypten besuchen. Steinmeier lege Wert darauf, an dieser Debatte teilzunehmen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Die Fraktionsgeschäftsführer hatten sich am Dienstag (17.1.) darauf verständigt, die ursprünglich für Mittwoch zu dem Thema vorgesehene Aktuelle Stunde in eine 90-minütige Debatte am Freitag umzuwandeln.
Vor seiner Reise am Mittwochmittag (18.1.) sollte der deutsche Chefdiplomat zunächst vor dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestages zu den umstrittenen BND-Aktivitäten im Irak Stellung nehmen. Daraus wurde aber nichts: Wehen fehlender Zeit, wie der Vorsitzende des Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU) sagte. Die Zeit gerade gereicht habe, den Außenminister zur Lage im Iran zu befragen. Steinmeier soll nun zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal vor dem Ausschuss Stellung nehmen. Der Außenminister selbst hatte vor seinem Auftritt erklärt, er werde "selbstbewusst" den Einsatz zweier BND-Mitarbeiter im Irak während des Krieges vertreten.
Auftritt bei der Buchmesse Kairo
Der Minister ist inzwischen zu einer Reise nach Ägypten aufgebrochen. Er wird in Kairo am Donnerstag voraussichtlich eine Rede bei der Internationalen Buchmesse halten, bei der Deutschland Gastland ist. Ziel des Besuches sei, "der arabischen Welt zu versichern, welche hohe Bedeutung Deutschland ihr und dem kulturellen Austausch mit der arabischen Welt beimisst", erklärt Steinmeiers Sprecher Martin Jäger. Geplant sind zudem Treffen mit Ägyptens Staatspräsident Husni Mubarak und dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa. Die ursprünglich geplanten Besuche in Israel, Palästinensergebiete und Jordanien sollen so schnell wie möglich nachgeholt werden.
Durch Affären in Beschlag genommen
Mit der Reise hätte Steinmeier sein Profil als Chefdiplomat der neuen Regierung schärfen können, wozu er in den vergangenen zwei Monaten kaum Gelegenheit hatte: Überschriften wie "Vom Hoffnungsträger zum Risiko-Mann" hatten die Berichterstattung über den 50-Jährigen bestimmt, der als Kanzleramtsminister für die politische Aufsicht über die deutschen Geheimdienste zuständig war. Mitte Dezember musste er bereits vor dem Bundestag die frühere Bundesregierung im Fall Khaled El Masri verteidigen, die über dessen Verschleppung durch den CIA informiert worden war.
Opposition will Untersuchungsausschuss
Die Opposition will die BND-Aktivitäten im Irak und die Rolle von Steinmeier in einem Untersuchungsausschuss beleuchten. Am Dienstag sprachen sich in Berlin auch FDP und Grüne für einen Untersuchungsausschuss aus. Die Linkspartei hatte sich bereits vorige Woche einstimmig für einen Ausschuss ausgesprochen. Die schwarz-rote Bundesregierung steht einem Untersuchungsausschuss skeptisch gegenüber.
BND-Agenten für die USA?
Bei den Untersuchungen geht es unter anderem um offiziell als falsch bezeichnete Vorwürfe, die BND-Agenten hätten Zieldaten für US-Bombardements geliefert. Weitere Themen eines Untersuchungsausschusses könnten die umstrittenen CIA-Gefangentransporte durch Deutschland sein, aber auch die von deutschen Sicherheitskräften vorgenommenen Vernehmungen von terrorverdächtigen Deutschen in ausländischen Gefängnissen, wo Geständnisse womöglich mit Folter erpresst wurden.
Die drei Oppositionsfraktionen erreichen mit 166 Stimmen das vorgeschriebene Quorum von einem Viertel der 614 Bundestagsabgeordneten. Die Linkspartei will noch diese Woche erste Gespräche mit FDP und Grünen über den Untersuchungsauftrag führen. Ziel sei es, bis Ende Januar einen gemeinsamen Antrag zu beschließen, der im Februar in den Bundestag eingebracht wird, sagte der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi. (stu/kap)