1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Steinmeier geißelt wachsenden Antisemitismus

10. März 2019

Der Bundespräsident hat zum Auftakt der Woche der Brüderlichkeit seine Abscheu vor der zunehmenden Judenfeindschaft in der deutschen Gesellschaft geäußert. Für sie macht Steinmeier auch Migranten mitverantwortlich.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beim Auftakt der "Woche der Brüderlichkeit" in Nürnberg (Foto: picture-alliance/dpa/N. Armer)
Bild: picture-alliance/dpa/N. Armer

"Es beschämt mich und es schmerzt mich, dass Antisemitismus in Deutschland - gerade hier! - wieder häufiger und offen seine Fratze zeigt", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der zentralen Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit in Nürnberg. Es erfülle ihn "mit großer Sorge", dass Antisemitismus auch in der Mitte der Gesellschaft "wieder salonfähig" werde.

Steinmeier nimmt Schule in die Pflicht

"Antisemitismus ist in jeder demokratischen Gesellschaft so etwas wie eine rote Linie", sagte Steinmeier weiter. "Und diese Linie ist nicht verhandlungsfähig." Antisemitismus zeige sich auf der Straße, in Klassenzimmern und auf Schulhöfen, in politischen Reden und als Hass und Hetze im Netz. Gerade in den sozialen Netzwerken verbreiteten sich antisemitische Ressentiments und Verschwörungstheorien besonders schnell. Jeder Hassangriff und erst recht jede Gewalttat gegen Juden aber sei "ein Angriff auf die Grundlagen unseres Zusammenlebens, auf unsere Verfassung, ja: auf unsere Demokratie und unsere offene Gesellschaft", warnte der Bundespräsident. Dies dürfe aber nicht hingenommen werden. Gebraucht würden staatliches Handeln ebenso wie Zivilcourage.

Ein geschändeter jüdischer Friedhof im Landkreis Rostock (Archivbild) Bild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Eine große Verantwortung kommt Steinmeier zufolge auch den Schulen zu. Das Wissen um die Entstehung des Antisemitismus und "wie fanatischer Rassenhass Deutschland in die Barbarei stürzte", werde vor allem in der Schule vermittelt. Kinder benötigten aber zugleich "ein breites Bild des Judentums, von der Vielfalt jüdischen Lebens und jüdischer Kultur, wie sie sich in Deutschland über Jahrhunderte entfaltet haben". "Und auch das lernen sie - wenn sie es lernen - zu allererst in der Schule." Die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland war 2018 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gestiegen.

"Mensch, wo bist Du? Gemeinsam gegen Judenfeindschaft" 

Der Bundespräsident machte schließlich auch auf die verschiedenen Ausprägungen von Antisemitismus aufmerksam. Neben einem altem Antisemitismus, der fortbestehe in jahrhundertealten Klischees und Vorurteilen gegenüber Juden und dem angeblich Jüdischem, sei ein neuer dazugekommen. Dieser Antisemitismus sei von einigen Zuwanderern aus Israel-feindlich geprägten Ländern mitgebracht worden, räumte Steinmeier ein. Daraus dürfe aber kein Generalverdacht gegen alle Zuwanderer aus muslimischen Ländern oder gar "die Muslime" in Deutschland werden. Aber wer in der Bundesrepublik Schutz suche und hier leben wolle, von dem müsse auch eingefordert werden, dass er sich zu "unseren demokratischen Werten und auch zu den Lehren bekennt, die wir aus unsrer Geschichte des 20. Jahrhunderts gezogen haben".

Anti-israelischer Protest in Chan Yunis im Gazastreifen Mitte November des vergangenen JahresBild: picture-alliance/Zumapress/A. Amra

Die Woche der Brüderlichkeit wird seit 1952 jedes Jahr im März begangen. Sie hat den jüdisch-christlichen Dialog zum Ziel. Das Jahresthema für 2019 lautet "Mensch, wo bist Du? Gemeinsam gegen Judenfeindschaft". Seit 1968 wird zudem jährlich die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen, die in diesem Jahr die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA e.V) und das in Deutschland und Frankreich agierende Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. (NDC) erhalten.

sti/hk (afp, dpa, kna)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen