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Kriminalität

Steinmeier: "Zusammen gegen rechten Terror"

20. Februar 2020

Nach dem mutmaßlich rassistisch motivierten Anschlag in Hanau trauern Menschen in ganz Deutschland um die Toten. Bundespräsident Steinmeier spricht von Terror und ruft zu Zivilcourage und Solidarität gegen Hass auf.

Solidaritätsbekundung nach Schießerei in Hanau: Frank-Walter-Steinmeier
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Einen "brutalen Akt terroristischer Gewalt" nannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Mord an neun Personen am Mittwochabend im hessischen Hanau, alle hatten einen Migrationshintergrund. In mehr als 50 Städten in ganz Deutschland gedachten Menschen am Abend nach der Schusswaffenattacke der Opfer des vermutlich rassistisch motivierten Anschlags. Steinmeier nahm an der zentralen Veranstaltung in Hanau teil. "In dieser Stunde spüren wir, dass wir nicht allein sind", sagte das Staatsoberhaupt vor mehreren tausend Bürgern auf dem Hanauer Marktplatz. "Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir stehen zusammen gegen rechten Terror."

Großer Andrang bei der Mahnwache in HanauBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Zusammen mit Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier appellierte Steinmeier an den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die deutsche Gesellschaft lasse sich nicht einschüchtern, sagte der Bundespräsident. In diesen schweren Stunden sei es wichtig, ein Zeichen der Solidarität und Rücksichtnahme zu setzen: "Wir stehen zusammen und halten zusammen. Das ist das stärkste Mittel gegen Hass", fügte Steinmeier hinzu.

Zuvor besuchte der Bundespräsident die Tatorte. Gemeinsam mit anderen Politikern gedachte er dort mit einer Schweigeminute der Opfer. In Berlin kamen hunderte Menschen und ranghohe Politiker vor dem Brandenburger Tor zusammen, um der Opfer von Hanau zu gedenken. Darunter waren der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, CDU-Generalsektretär Paul Ziemiak und auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken.

"Wirre Gedanken und Verschwörungstheorien"

Bei dem Anschlag in Hanau waren neun Personen mit Migrationshintergrund erschossen worden. Sechs weitere Menschen wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Das erklärte Generalbundesanwalt Peter Frank in Karlsruhe. Die Schusswaffenattacke auf zwei Lokale in Hanau zeuge von einer "zutiefst rassistischen Gesinnung" des Täters.

Das sei neben "wirren Gedanken und abstrusen Verschwörungstheorien" klar aus einem auf der Homepage des Mannes veröffentlichten Manifest herauszulesen, sagte Frank. Nun werde geprüft, ob 43-Jährige Mitwisser oder Unterstützer für seinen Anschlag hatte. Dazu würden das Umfeld und die Kontakte des Mannes im In- und Ausland abgeklärt. Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor die Ermittlungen an sich gezogen, weil sie ein fremdenfeindliches Motiv vermutete.

Kurz nach den Angriffen auf die beiden Lokale wurden der mutmaßliche Täter und seine Mutter erschossen in einer Wohnung gefunden. Neben dem Mann habe eine Schusswaffe gelegen, bestätigte der Generalbundesanwalt.

Der abgeriegelte zweite Tatort in Hanau-KesselstadtBild: Getty Images/AFP/T. Lohnes

Der Todesschütze hatte zunächst eine Shisha-Bar in der Hanauer Innenstadt angegriffen. Augenzeugen berichteten von acht bis neun Schüssen. Dabei gab es mehrere Todesopfer. Danach soll der Täter in den Stadtteil Kesselstadt gefahren sein. Dort wurde dann erneut in einer Bar und an einem Kiosk geschossen. Auch hier kamen mehrere Menschen zu Tode. Auch ein Auto sei beschossen worden.

Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich laut Hessens Innenminister Peter Beuth um einen Deutschen aus Hanau. Er war demnach weder dem Verfassungsschutz noch der Polizei bekannt. Nach seiner Erkenntnis sei der Verdächtige Sportschütze gewesen und habe legal Waffen besessen, sagte Beuth.

Der Anschlag löste in Deutschland und auch international Entsetzen aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erschüttert. Derzeit deute "vieles darauf hin, dass der Täter aus rechtsextremistischen, rassistischen Motiven gehandelt hat", sagte die Kanzlerin. "Rassismus ist ein Gift, der Hass ist ein Gift. Und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft und es ist Schuld an schon viel zu vielen Verbrechen", mahnte Merkel.

"Rechtsterrorismus ist wieder eine Gefahr"

Am Nachmittag hatten sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Innenminister Horst Seehofer bereits ein Bild von der Lage in Hanau gemacht. Im Bereich des Rechtsextremismus habe es zuletzt "eine Menge von sehr Besorgnis erregenden Entwicklungen erlebt", sagte der Bundesinnenminister. Es sei nun "die große und zentrale Aufgabe", den Gegnern der freiheitlichen Grundordnung "die Stirn zu bieten". Er werde noch am Abend mit den Innenministern der Länder darüber beraten, "wie wir in den nächsten Tagen die Sicherheitslage noch besser gewährleisten können", sagte Seehofer.

Außenminister Heiko Maas schrieb auf Twitter: "Wenn sich der Verdacht erhärtet, ist die grauenhafte Tat in Hanau der dritte rechtsextreme Mordanschlag in Deutschland in einem Jahr. Rechtsterrorismus ist wieder zu einer Gefahr für unser Land geworden. Da gibt es rein gar nichts zu relativieren."

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Konstantin Kuhle, sagte der DW, es sei "absolut inakzeptabel", dass es in Deutschland eine Stimmung gebe, in der sich muslimische Mitbürger nicht mehr sicher fühlten.

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unter Berufung auf den türkischen Botschafter in Berlin, Ali Kemal Aydin, es seien fünf türkische Staatsbürger unter den Toten. Nach Angaben eines Dachverbands kurdischer Gemeinschaften in Deutschland waren mehrere Opfer kurdischer Herkunft. 

Bundesanwaltschaft prüft, ob der Täter Mitwisser hatte

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pgr/qu (afp, dpa, rtr)

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