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Politik

Steinmeiers heikle Mission in Israel

Tania Krämer Jerusalem
9. Mai 2017

Bundespräsident Steinmeier war auf Antrittsbesuch in Israel und in den palästinensischen Gebieten. Nach dem Eklat zwischen Premierminister Netanjahu und Außenminister Gabriel galt der Besuch als heikel.

Israel Deutschland Steinemeier bei Netanjahu
Bild: Getty Images/AFP/R. Zvulun

Es sollte eigentlich ein ganz einfacher Antrittsbesuch werden. Vier Tage waren Bundespräsident Steinmeier und seine Frau quer durch Israel und im besetzten palästinensischen Westjordanland unterwegs. Und doch lag das Interesse am Besuch die meiste Zeit auf dem, was oder was diesmal nicht auf dem Besuchsprogramm stand.

Am Sonntag trafen sich Premierminister Netanjahu und Bundespräsident Steinmeier in Jerusalem gleich zweimal. Beide Politiker kennen sich aus den Zeiten, als Frank-Walter Steinmeier dutzende Male als Außenminister nach Israel gekommen ist. Doch diesmal stand ein handfester diplomatischer Eklat zwischen ihnen: Premierminister Netanjahu hatte vor zwei Wochen ein Treffen mit dem jetzigen Außenminister Gabriel abgesagt, weil dieser sich auch mit regierungskritischen Organisationen treffen wollte. Es sei seine Politik, hatte Netanjahu wissen lassen, sich nicht "mit Diplomaten zu treffen, die Gruppen treffen, die israelische Soldaten als Kriegsverbrecher verunglimpfen".

Heikle Mission?

Beim Treffen am Sonntag betonten beide die Partnerschaft der beiden Länder und schüttelten sich die Hände. Die kurzfristig anberaumte Pressekonferenz war offenbar nicht im Programm vorgesehen - und Netanjahu ließ es sich nicht nehmen, demonstrativ das Militär seines Landes zu loben. Ein kleiner Seitenhieb auf die Organisation "Breaking the Silence", die Aussagen von ehemaligen Soldaten dokumentieren und die Besatzung kritisieren. Alles unter sorgsamer Beobachtung, was dies nun alles für die deutsch - israelischen Beziehungen bedeute.

Unter den Umständen sei die Reise, so viele Medien im Vorfeld, eine "heikle Mission für den Bundespräsidenten". Steinmeier selbst sagt offen in seiner Rede an der Hebräischen Universität, das ihm nahegelegt worden sei, seine Reise zu verschieben oder möglicherweise abzusagen. Aber das wäre für ihn nicht in Frage gekommen. Niemals sollte es eine "Sprachlosigkeit zwischen Israel und Deutschland geben".

Bundespräsident Steinmeier (r.) und seine Frau Elke Büdenbender in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

"Unfassbare Schuld haben wir Deutschen auf uns geladen"

In Yad Vashem schreibt Steinmeier ins Gästebuch: "Unfassbare Schuld haben wir Deutschen auf uns geladen." Deutschland stehe fest an der Seite Israels, und arbeite für eine "gemeinsame Zukunft". Das diese Zukunft im Moment zumindest diplomatisch mit Meinungsverschiedenheiten versehen ist, spielte eine tragende Rolle in diesen Tagen. Gastgeber Reuven Rivlin, Israels Staatspräsident, ging zum Auftakt mit seinen Gästen erst einmal ein Bier im angesagten Mahane Yehuda Markt trinken, bevor es dann ernster wurde. Beim offiziellen Empfang versicherte Rivlin, das "Israel eine sehr lebendige Demokratie" sei. Manche Stimmen in Israel seien "schwer verdaulich und empörend." Steinmeier wiederum betonte, dass das deutsch-israelische Verhältnis belastbar sei und auch einige "Turbulenzen" der letzten Wochen aushalten könne.

Das Besuchsprogramm sah viel vor: In Israel trafen sie Überlebende des Holocaust und junge deutsche Freiwillige, die in Israel und den palästinensischen Gebieten arbeiten. An den Gräbern von Yitzhak Rabin und Schimon Peres legte Steinmeier Kränze nieder. Und statt mit besagten umstrittenen Gruppen traf er sich diesmal mit israelischen Schriftstellern wie David Grossman oder Amos Oz, der im letzten Jahr eine Laudatio auf Breaking the Silence hielt.

Besuch im hippen "Mahane Yehuda Markt": Steinmeier mit seinem israelischen Kollegen Reuven RivlinBild: Getty Images/AFP/G. Tibbon

Deutliche Worte an der Uni

An der Hebräischen Universität nutzt er eine Rede über die Demokratie, um deutlich zu werden. "Sprechverbote helfen nicht beim Verstehen, und sie schaffen kein Verständnis", sagt Steinmeier vor geladenem Publikum. Auf zwölf Seiten detailliert er Geschichte und Herausforderungen der Demokratie - in Deutschland wie in Israel. Es sei wichtig, mit "möglichst vielen unterschiedlichen Gruppen" in Israel zu sprechen, "möglichst viele unterschiedliche Sichtweisen kennen zu lernen" - so wie "das über Jahrzehnte im Vertrauen" gehalten wurde. Und - "wer seine Stimme erhebe, wer Kritik übe, der ist kein Volksverräter sondern eigentlich ein Volksbewahrer."

Namen nennt er nicht, aber jeder hier im Saal versteht, wer die Adressaten sind. Unter den Studenten sind die Reaktionen gemischt. "Es ist ein absolutes Muss, dass man verschiedene Akteure der Zivilgesellschaft trifft", sagt ein junger Mann. "Israelis haben oft das Gefühl, dass jedermann denkt, sie könnten interne Dinge in Israel kommentieren", sagt Student Erez Rochman. "Viele gehen da automatisch in den Verteidigungsmodus." Aber wenn jemand wie Steinmeier darüber spreche, dass auch in Deutschland die Demokratie keine einfache Sache ist, dann könne man darüber reden - auch mit Organisationen, die nicht dem Mainstream entsprächen. Ayelet, Studentin der internationalen Beziehungen, ist ganz anderer Meinung: "Es war eine gute Entscheidung des Präsidenten, dass er nicht diese linke Organisationen trifft", sagt sie. "Sie delegitimieren Israel."

In den israelischen Medien jedenfalls wurde seine Rede als deutliche Botschaft an Netanjahu gewertet. Doch bei allem Gespräch um die diplomatischen Verstimmungen bleiben auch die wesentlichen Themen des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern auf der Strecke. 

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