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Politik

Stellvertreterkrieg in Syrien

11. April 2018

Die Drohung von US-Präsident Trump, in Syrien auch Raketen einzusetzen, zeigt, wie massiv die internationalen Interessen in dem Konflikt sind. Es geht nicht nur um die Zukunft Assads - sondern die der ganzen Region.

Syrien Luftschläge auf Duma
Bild: picture-alliance/dpa/A. Safarjalani

Die Warnung kam über einen Kanal, der in der Geschichte der Diplomatie immer noch eher ungewohnt ist. "Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach' Dich bereit, Russland, denn sie werden kommen", verkündete Trump am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter.

Russland habe sich mit einem "Tier" verbündet, das mit Gas töte, ergänzte Trump, offensichtlich in Anspielung auf den mutmaßlichen Giftgasangriff vom vergangenen Wochenende im syrischen Duma, den das Weiße Haus dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad anlastet. Bei der Attacke waren mindestens 150 Menschen getötet und rund 1000 verletzt worden.

Vorausgegangen waren Trumps Tweet entschlossen formulierte Signale seitens der Russen. Russland wird nach Angaben seines Botschafters im Libanon jegliche US-amerikanische Rakete auf syrischem Hoheitsgebiet abfangen, hatte der russische Botschafter im Libanon, Alexander Sassypkin, erklärt. Zugleich rief der Kreml die USA zu Besonnenheit nach den Giftgasvorwürfen auf. "Hoffentlich vermeiden alle Länder weitere Schritte", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau der Agentur Tass.

Internationalisierung und Intensivierung des Krieges

Die jüngsten Signale aus Moskau und Washington dokumentieren die zweifache Entwicklung, die der Krieg in Syrien seit geraumer Zeit genommen hat: Zum einen greifen internationale Akteure immer stärker in den Konflikt ein - zuletzt vor allem die Türkei mit dem Einmarsch in Afrin und Israel mit dem mutmaßlich von ihm verantworteten Bombenangriff auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt Taifour.

Armee-Panzer in der Rebellenhochburg Duma am Wochenende des mutmaßlichen Giftgasangriffs durch RegierungstruppenBild: Getty Images/AFP

Zugleich wächst die Anspannung in der Region. Denn der Krieg hat ein Machtvakuum entstehen lassen, das die ausländischen Akteure immer entschlossener ausfüllen. Längst geht es in dem Krieg nicht mehr um die Anliegen der Opposition, und auch nicht mehr um Assad. Auf dem Spiel stehen Einsätze ganz anderer Dimension. Während auf der einen Seite Russland und Iran, die beiden Unterstützer Assads, ihren Einfluss in dem Land weiter ausbauen wollen, versuchen dessen Gegner, allen voran die USA und immer mehr auch Israel, eben dies zu verhindern.

Die Interessen der USA

"Die alleroberste Priorität der US-amerikanischen Politik besteht darin, Israel zu unterstützen", sagt Günter Meyer, Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Universität Mainz. Das habe US-Präsident Trump immer wieder deutlich gemacht. "Darum hat auch der Kampf gegen den Iran hohe Priorität - er gilt als Bedrohung für Israel."

Das Gleiche gilt für die vom Iran unterstützte Hisbollah. Letztlich gehe es darum, die so genannte "schiitische Achse" zu zerschlagen, die vom Iran über Irak, Syrien und den Libanon bis an die Grenzen Israels reicht. Zu diesem Zweck hätten die Amerikaner ihre Präsenz vor allem im östlichen Syrien massiv ausgebaut. "Man spricht mittlerweile auch schon von einem 'amerikanischen Halbmond', der den gesamten Nordosten Syriens umfasst und von dort weiter nach Jordanien geht, so Meyer. Dessen Zweck sei es, einen Schutzschirm für Israel zu errichten.

Internationaler "Frontstaat" Syrien

Die in London erscheinende arabische Zeitung Al-Araby Al-Jadeed stellte den Konflikt in einen größeren Zusammenhang. Syrien sei längst zum Schauplatz eines Stellvertreterkriegs zwischen Russland und den USA geworden. Andere Schauplätze dieser Auseinandersetzung seien in militärischer Hinsicht die Ukraine und in diplomatischer Libyen. "Die amerikanisch-russischen Beziehungen sind generell in eine heikle Phase getreten", schreibt das Blatt. Sollten die USA Russland im Nahen Osten militärisch entgegentreten, könnte dies nicht nur den Krieg in Syrien verschärfen. Es könnte Auswirkungen auf die gesamte Region haben." Auch die Vereinten Nationen erwiesen sich einmal mehr als unfähig, den Konflikt zu entschärfen.

Aus Sicht der USA ist Syrien unter Assad seit langem ein kritischer Staat. Auf den Einmarsch der USA 2003 in den Irak reagierte die Regierung in Damaskus, indem sie syrische und internationale Dschihadisten umstandslos über die Grenze in das Nachbarland reisen ließ. Die schlossen sich dort dem Widerstand gegen die amerikanischen Truppen an. Die Botschaft aus Damaskus an Washington war klar: Lasst euch nicht einfallen, auch in Syrien einzumarschieren.

Spätestens seitdem hat das Assad-Regime in Washington sämtliche Sympathien verspielt. In dem derzeitigen Krieg gehe es auch darum, Syrien zu zerschlagen, sodass das Land kein starker Gegner mehr sei, sagt Günter Meyer: "Hingegen ließen sich die zerfallenden Teilstaaten, die dann von Syrien übrigblieben, leicht gegeneinander ausspielen."

Die Kurden als Puffer

Zusätzlich kompliziert sich die Lage dadurch, dass die vom Iran unterstützte Hisbollah auch auf den Golan-Höhen immer näher an die israelische Grenze vorrückt. Damit steht sie in der Tradition des Assad-Regimes, das Syrien immer als Frontstaat gegen Israel inszeniert hatte.

Ein Gegengewicht zu dieser Politik bilden die Kurden im Norden Syriens. Derzeit müssen sie sich zwar in der Region von Afrin gegen die türkische Armee wehren. Langfristig aber verfolgen sie das Ziel einer möglichst autonomen Kurdenregion weiter. Diese käme den israelischen Sicherheitsinteressen sehr entgegen. "Israel hat bereits erklärt, es begrüße einen unabhängigen kurdischen Staat", so Meyer im Gespräch mit der DW. "Auch das zeigt, worum es hier geht."

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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