Stichwahl um Präsidentenamt in Tunesien
13. Oktober 2019Im Ringen um das Präsidentenamt in Tunesien treten an diesem Sonntag zwei politische Außenseiter gegeneinander an. Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in dem nordafrikanischen Land waren die etablierten Parteien abgestraft worden. Nun treten der Juraprofessor und Verfassungsrechtler Kais Saied und der Medienmogul Nabil Karoui gegeneinander an. Saied hatte im ersten Wahlgang Mitte September 18,4 Prozent der Stimmen geholt, Karoui kam auf 15,6 Prozent.
Karoui saß wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Korruption in Untersuchungshaft, kam nach einer Beschwerde gegen die Haft aber auf freien Fuß. Seine Kandidatur bleibt gültig, solange er nicht rechtskräftig verurteilt wurde. Vor wenigen Tagen war ein Dokument bekanntgeworden, wonach ein Lobbyist für eine Million US-Dollar für Karoui Treffen mit US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin organisieren sollte. Der Vorfall bestätigt in den Augen seiner Kritiker, dass Karoui im Wahlkampf nicht nach den Regeln spiele. Tunesien hat strenge Devisenbeschränkungen. Ausländische Wahlkampffinanzierung ist verboten.
Konservative Positionen
Sein Kontrahent Saied, der keiner Partei angehört, ist ein bekannter Verfassungsexperte. Er setzt sich für ein dezentralisiertes Regierungsmodell ein und verfügt über einen gewissen Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung. Wegen seiner konservativen Positionen wird er aber auch kritisiert. Saied befürwortet die Todesstrafe und will Homosexualität weiter unter Strafe stellen.
Tunesien hatte nach dem sogenannten Arabischen Frühling 2011 tiefgreifende demokratische Reformen eingeleitet. Das Land kämpft aber mit großen wirtschaftlichen Problemen und hoher Arbeitslosigkeit. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist groß. Bei der ersten Runde der Wahl gaben nur 45 Prozent der registrierten Wähler ihre Stimme ab. Vergangenen Sonntag hatten die Tunesier auch ein neues Parlament gewählt, dabei gingen die moderaten Islamisten der Ennahda-Partei erneut als stärkste Kraft hervor. Rund 7,2 Millionen registrierte Wähler sind dazu aufgerufen ihre Stimme abzugeben.
lh/jm (dpa, afp, epd)