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Politik

Die Rede mit dem Ruck

24. März 2009

Deutsche Bundespräsidenten haben vor allem repräsentative Aufgaben und nur wenige politische Befugnisse. Doch von ihren Berliner Reden erwartet die Gesellschaft Orientierung - besonders in schwierigen Zeiten wie diesen.

Altbundespraesident Roman Herzog 2007 in Berlin bei der Vorstellung seines Buches "Jahre der Politik - Die Erinnerungen". Rechts sitzt seine Frau Alexandra Freifrau von Berlichingen Foto: AP
Altbundespräsident Roman Herzog , hier mit Frau Alexandra, rief einst zu Reformen aufBild: AP

Die Macht deutscher Bundespräsidenten ist vor allem die des Wortes: Ihre Reden und Interviews sind Impulsgeber für gesellschaftliche Debatten. Dabei spielen die Berliner Reden eine besondere Rolle. Die Idee dazu hatte ein Unternehmen, das die Hauptstadt Berlin vermarktet. Die erste Rede hielt im April 1997 der damalige Bundespräsident Roman Herzog an symbolischem Ort: dem gerade wiedererrichteten Nobelhotel "Adlon" am Brandenburger Tor.

Vom Luxushotel Adlon aus sollte ein Ruck durch ganz Deutschland gehenBild: dpa - Report

Herzog war kurz zuvor von einer Asienreise zurückgekehrt und beeindruckt von der "unglaublichen Dynamik" in Fernost. Über der deutschen Gesellschaft dagegen liege ein "Gefühl der Lähmung". In ungewohnt deutlicher Sprache forderte der Bayer von seinen Landsleuten mehr Mut und Reformfreudigkeit. Herzog: "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen." Der Vortrag ging als so genannte "Ruck-Rede" in die Annalen ein. Herzog überließ in den folgenden Jahren das Pult der Berliner Reden anderen: So sprach UNO-Generalsekretär Kofi Annan über die Rolle Europas in der Welt.

Seit dem Amtsantritt von Johannes Rau im Jahr 2000 sind die Berliner Reden wieder in den Händen der Bundespräsidenten. Rau forderte damals im Berliner Haus der Kulturen der Welt eine bessere Integrationspolitik - ein Thema, dessen sich die Bundesregierung mittlerweile angenommen hat. Rau wagte sich auch an heiße Eisen wie die Glaubwürdigkeitskrise der Politik und das Verhältnis von Ethik und moderner Medizin.

Bundespräsident Horst Köhler ließ die Rede 2005 ausfallen, denn zum damaligen 60-jährigen Jubiläum der Beendigung des 2. Weltkrieges gab es ein Überangebot an offiziellen Reden. 2006 sprach Köhler in einer Schule in Neukölln, einem sozialen Brennpunkt der Hauptstadt, zur mangelnden Chancengleichheit in der Bildung. Danach legte der studierte Volkswirt und einstige Chef des Internationalen Währungsfonds das Schwergewicht auf Themen, die ihm auf den Leib geschneidert sind: Chancen und Risiken der Globalisierung, die Zukunft der Arbeit. In diesem Jahr, in der 12. Berliner Rede, geht es um die gesellschaftlichen Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Autor: Bernd Gräßler

Redaktion: Dеnnis Stute