1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Stichwort: Europa-Parlament

Daryush Ghadimi15. Januar 2002

Das Europaparlament ist das demokratisch gewählte Kontrollorgan der Europäischen Union. Seit der Einführung der Direktwahl im Jahre 1979 werden die Vertreter direkt von den europäischen Bürgern gewählt.

Die einzige herausragende Funktion unter den Parlamentariern kommt dem Parlamentspräsidenten zu. Dieser vertritt das Parlament im Kräftedreieck des Präsidenten der EU-Kommission und des Ratspräsidenten. Der Präsident wird für eine halbe Legislaturperiode, also für zweieinhalb Jahre gewählt. Bisher teilten sich die beiden größten Fraktionen - die Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) und die Europäische Volkspartei (EVP) - untereinander abwechselnd das Amt des Parlamentspräsidenten.

Debattier-Club

Politisches Gewicht bekam das lange als "Debattier-Club" verschriene Parlament erstmals 1986 mit der Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA). Bis dahin hatten die europäischen Parlamentarier tatsächlich kaum Einfluss auf die europäische Gesetzgebung. Der Einfluss blieb allerdings beschränkt auf das rechtliche Verfahren hin zu einem gemeinsamen Binnenmarkt. Seit dieser Vertragsreform hängt außerdem die Aufnahme von weiteren Mitgliedsländern von der Zustimmung des Europäischen Parlaments ab. Der Maastrichter Vertrag 1991 sollte den Emanzipationsprozess des Straßburger Plenums um ein großes Stück voran bringen. Das Parlament erhielt nicht nur Einfluss auf die Gesetzgebung bei der Binnenmarkt-, Umwelt, Forschungs- und Gesundheitspolitik, sondern wurde auch mit der Befugnis ausgestattet, Gesetzesvorschläge des Ministerrats abzulehnen.

Seit dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages 1999 kann das EU-Parlament sogar bei drei Viertel der gesamten Gesetzgebungsakten mitentscheiden. Ausgeklammert bleibt bis heute das Parlament aber von Entscheidungen in der Agrarpolitik sowie im Steuerwesen und dem Initiativrecht - die Befugnis, Gesetze vorzuschlagen. Zur "Demokratisierung Europas" hat insbesondere eine weitere dem Parlament zugestandene Kompetenz beigetragen. Die Einsetzung der europäischen Kommissare, kann demnach nicht mehr gegen die Zustimmung der Völkervertretung erfolgen. So ist aus dem "Organ der Stellungnahme" mittlerweile ein "mitentscheidender Akteur" geworden.

Wanderzirkus

Verwirrend ist die örtliche Aufteilung des Europaparlaments auf Straßburg, Brüssel und Luxemburg: Während in Straßburg die Plenartagungen stattfinden, hat die Verwaltung ihren Sitz in Luxemburg, hingegen kommen die über zwanzig Parlamentsausschüsse in Brüssel zusammen. Dies ist nicht nur für die Beschäftigten unpraktisch und zeitraubend, sondern auch für den Steuerzahler teuer.

Knapp 300 Millionen wahlberechtigte EU-Bürger wählen alle fünf Jahre die Europa-Abgeordneten. Seit der Erweiterung der EU auf 15 Mitgliedsländer sind 626 Sitze zu vergeben. Bei der Sitzvergabe wird die Einwohnerstärke der 15 Mitgliedsländer berücksichtigt, aber nicht proportional. Deutschland als bevölkerungsstärkstes Land ist mit 99 Abgeordneten vertreten. Luxemburg als kleinstes EU-Mitgliedsland stellt nur 6 Abgeordnete.

Stärkste europäische Fraktion ist seit 1979 die SPE, gefolgt von der Europäischen Volkspartei, einem Zusammenschluss der europäischen Christdemokraten. Außerdem sind Liberale, Grüne sowie weitere linke und konservativ orientierte Parteien vertreten.