Stichwort: NATO
16. März 20098. Mai 1945: Deutschland kapituliert. Der Faschismus ist besiegt, der gemeinsame Feind Deutschland bezwungen und doch ist der Weltfrieden ungewiss. Das Alliierten-Bündnis beginnt zu bröckeln. West und Ost erkennen ihre Gegensätzlichkeit. Die USA, der kapitalistische, demokratische Westen, und die Sowjetunion, die Idee des Sozialismus und Kommunismus, stehen sich unversöhnlich gegenüber, versetzen sich gegenseitig in Angst und Schrecken.
Die Amerikaner fürchten sich vor dem sowjetischen Expansionsstreben, der Einverleibung Osteuropas. Die Europäer haben Angst vor einem vernichtenden atomaren Krieg der Großmächte auf ihrem Kontinent. Es herrscht das optimale Klima für die Entstehung eines Sicherheitsbündnisses. Am 4. April 1949 gründen die USA, Großbritannien, Frankreich und neun weitere Staaten die "North Atlantic Treaty Organization" (NATO).
Die NATO ist die Wertegemeinschaft westlicher Demokratien zum Schutz vor der Sowjetunion. Sie ist ein Kind des Kalten Krieges und der Erfindung der Atomwaffen. Kern des transatlantischen Bündnisses ist Artikel 5. Hier heißt es: "Bei einem bewaffneten Angriff auf einen oder mehrere Vertragsstaaten vereinbaren die Vertragspartner, dass dieser Angriff als Angriff gegen alle angesehen wird."
Der Feind geht verloren
Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, in dessen Selbstverständnis kollektives Handeln im Mittelpunkt steht. Die europäischen Staaten - 1955 trat auch Deutschland bei - bekannten sich deutlich zu Amerika und die USA versprachen im Gegenzug dazu den herbeigesehnten Schutz. Sie sicherten zu: Auf jeden Angriff auf Berlin, Brüssel oder Paris so zu reagieren, als sei es ein Angriff auf Washington, Chicago oder New York.
Mit dem Zerfall des Warschauer Paktes, dem Verteidigungsbündnis der Ostblock-Staaten, und dem Niedergang der Sowjetunion zu Beginn der 90er-Jahre verlor die NATO ihr Feindbild und damit auch ihre ursprüngliche Daseinsberechtigung. Eine Neu-Ausrichtung musste her. Heute ist das herausragende Merkmal der NATO, die mittlerweile auf 26 Mitglieder angewachsen ist, ihre Funktion als Rahmen der Kooperation zwischen Europa und den USA in sicherheitspolitischen Fragen.
Umstrittene Einsätze und neue Herausforderungen
Neben der eigenen Verteidigung engagiert sich die NATO zunehmend in der Konfliktvorbeugung und absolviert Einsätze für die weltweite Friedenssicherung im Auftrag der Vereinten Nationen. So sorgt die KFOR (Kosovo Force) im Kosovo für Stabilität.
Der im Oktober 2001 von den USA geführte Luftkrieg in Afghanistan fand nicht im Rahmen der NATO statt, obwohl die USA offiziell die Unterstützung der Bündnispartner nach Artikel 5 des NATO-Vertrags forderten. Nach Ende des Krieges wurde aber eine Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) eingerichtet, die die afghanische Übergangsregierung unterstützen soll.
2003 führten die Pläne der USA für eine Invasion im Irak zu einer schweren Krise in der NATO: Die Türkei beantragte Abwehrsysteme, um sich im Fall eines Angriffes auf den Irak gegen eventuelle Gegenangriffe verteidigen zu können. Doch Frankreich, Belgien und Deutschland legten ein Veto ein. Erst nach einigen Kontroversen gaben die Staaten ihren Widerstand auf, so dass die NATO im Februar 2003 der Türkei schließlich Militärhilfe zur Verfügung stellte.
Mit dem neuen US-Präsidenten Barack Obama soll auch die Zeit der NATO-internen Auseinandersetzungen vorbei sein. Amerikaner und Europäer wollen wieder an einem Strang ziehen. Die neuen Herausforderungen heißen Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und "failed states", also gescheiterte, zerfallene Staaten, in denen die NATO Chaos und Anarchie verhindern will. Diese Aufgaben sollen gemeinsam, eng abgestimmt mit der Europäischen Union und den Vereinten Nationen, bewältigt werden.
Autor: Benjamin Wüst
Redaktion: Kay-Alexander Scholz