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Stigma HIV

Mathias Bölinger1. Dezember 2015

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist seit Jahren konstant. Fortschritte in der Medizin haben die Krankheit kontrollierbar gemacht. Doch die Gesellschaft tut sich nach wie vor schwer mit HIV-positiven Menschen.

Gruppenbild mit Ball - Gesundheitsminister Gröhe (3. v. l.) mit Vertretern der Aids-Hilfen, Sportverbänden und zwei RugbyspielernBild: Sandra Kühnapfel

In seinem Trikot steht Mikel Aristegui ein wenig abseits hinter den vier Männern und Frauen, die in Anzug oder Kostüm im Foyer des Gesundheitsministeriums vor die Presse treten. Mikel ist HIV-positiv und Rugbyspieler, und er tritt in diesem Jahr neben dem Gesundheitsminister und den Vertretern der Aids-Hilfen auf, um ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Menschen mit HIV im Sport zu setzen. Auch in körperintensiven Sportarten wie Rugby bestehe kein Grund zu Angst vor Infizierten, ist die Botschaft.

In seiner Mannschaft habe sich durch seine Infektion nichts geändert, sagt Mikel, der beim schwulen Rugbyteam Berlin Bruisers spielt. Ein paar Mitspieler hätten Fragen gestellt, aber das Zusammenspiel sei wie vorher weitergegangen. "Wir haben uns immer so verhalten, als ob jeder Spieler positiv sein könnte." Die einfache Regel: "Wer blutet, muss raus." So lange man sich daran halte, sei das Zusammenspiel kein Problem. "Sport soll zur Begeisterung Anlass bieten, aber nicht zur Diskriminierung", fasst Gesundheitsminister Herrmann Gröhe (CDU) die Botschaft des Auftritts zusammen.

Immer weniger Beeinträchtigungen im Alltag

Seit einigen Jahren rücken Aids-Hilfen und Gesundheitsbehörden immer stärker die Diskriminierung HIV-Positiver in den Mittelpunkt. "Mit HIV kann man heute in aller Regel leben, mit Diskriminierung nicht", sagt Ulf Hentschke-Kristal, Vorstandsmitglied der Deutschen Aids-Hilfe.

Dank besserer Behandlungsmöglichkeiten haben HIV-positive Menschen heute nicht nur eine längere Lebenserwartung als noch vor wenigen Jahren. Im Alltag macht sich die Erkrankung immer weniger bemerkbar. Die Nebenwirkungen der Medikamente beeinträchtigen das Leben heute nicht mehr so stark wie noch vor ein paar Jahren. Wer mit Medikamenten behandelt wird, ist häufig auch nicht mehr ansteckend. Dennoch kommt es immer noch vor, dass HIV-Positive in Arztpraxen abgelehnt werden. Auch der Staat hat sein Misstrauen gegenüber Infizierten nicht ganz abgelegt. In Polizeiakten taucht häufig noch der Hinweis "ansteckend" auf. "Wir fordern die Abschaffung dieser stigmatisierenden Kennzeichnungspraxis", erklärt Harald Petzold, queerpolitischer Sprecher der Linksfraktion.

Zahl der Neuinfektionen konstant

Zum diesjährigen Welt-Aids-Tag am 1. Dezember hat die Weltgesundheitsorganisation vor einem dramatischen Anstieg der Infektionszahlen in Europa gewarnt. Insgesamt haben sich demnach auf dem europäischen Kontinent 142.000 Menschen neu infiziert. Dabei driften die Zahlen vor allem zwischen West- und Osteuropa immer stärker auseinander. Mehr als die Hälfte der Infektionen wurden aus der Russischen Föderation gemeldet. Auch andere GUS-Länder sowie Lettland und Estland melden steigende Zahlen. In manchen Ländern Osteuropas haben sich die Neuinfektionen in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Nach wie vor leben die meisten HIV-Infizierten in Afrika

Die Zahl der Neuinfektionen ist in Deutschland damit seit nahezu zehn Jahren konstant – konstant hoch oder konstant niedrig, je nach Betrachtungsweise. Von 3200 Neuinfektionen geht das Robert-Koch-Institut für das vergangene Jahr aus. Insgesamt sind 85.000 Menschen in Deutschland infiziert. Etwa 13.000 dürften nach diesen Schätzungen mit dem Virus leben, ohne davon zu wissen.

In Deutschland stecken sich, gemessen an der Gesamtbevölkerung, weniger Menschen an als im EU-Durchschnitt. Heute infizieren sich etwa halb so viele Menschen im Jahr wie auf dem Höhepunkt der Epidemie Ende der 1980er Jahre. Allerdings sind es seit etwa zehn Jahren auch wieder deutlich mehr als nach den großen Aufklärungskampagnen der 90er Jahre. Damals sank die Zahl der Neuinfektionen auf unter 2000 im Jahr - deutlich weniger als heute. "Die Arbeit muss fortgeführt werden, damit diese Erfolge nicht gefährdet werden", warnt Gesundheitsminister Gröhe.

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