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Beethovenfest 2013: Eine Bilanz

Rick Fulker7. Oktober 2013

In der zehnjährigen Ära der Intendantin Ilona Schmiel ist das Beethovevenfest gewachsen. Der Jahrgang 2013 ging am 5. Oktober zu Ende mit einem zweistündigen Konzertprogramm in der Beethovenhalle.

Das London Symphony Orchestra und der Dirigent Daniel Harding. Aufnahme am 5.10.2013 in der Beethovenhalle Bonn. Copyright: Barbara Frommann
Bild: Barbara Frommann

Das Abschlusskonzert des Beethovenfests bot eine Überraschung. Nach der Ballettmusik "Der Feuervogel" von Igor Strawinsky strömte überraschend ein Chor in die Beethovenhalle, um mit dem London Symphony Orchestra ein Ständchen für die scheidende Festivalintendantin Ilona Schmiel zu intonieren: Die "Ode an die Freude" aus Beethovens Neunter Sinfonie. Viele Besucher waren zu Tränen gerührt.

Gewachsenes Fest

Ilona Schmiel wird vom Bonner Publikum wegen ihrer spontanen und herzlichen Art verehrt und geliebt. Auch wegen ihrer Erfolge. Nach zehn Jahren an der Spitze hinterlässt sie ein gewachsenes Festival, sowohl in seiner internationalen Bedeutung als auch im Etat (mit derzeit 4,1 Millionen Euro, 34,8% davon aus öffentlichen Zuwendungen).

Bedenkenträger gab es viele: Bonn sei eine kleine müde Beamtenstadt, hieß es etwa, Klassik ein schrumpfendes Geschäft. Dazu erzählte Schmiel selbstbewusst im Gespräch mit der DW: "Ich habe hier jung angefangen, mit 35 Jahren. Ich wusste, genau in diesem Alter kann ich all die Bedenkenträger mit meinem Tempo und meiner Begeisterungsenergie links und rechts einfach überholen."

Das Beethovenfest 2013 - mit 67 Veranstaltungen im Hauptprogramm und 95 im Rahmenprogramm - ging am 5. Oktober zu Ende. Etwa 75.000 Besucher verzeichnete das Fest diesmal; zum Vergleich: 2004 waren es 40.000. Die Suche nach neuen Publikumsschichten kann man damit als Erfolg bezeichnen. Diese Suche fand ihren Ausdruck etwa mit dem Public Viewing einzelner Veranstaltungen auf dem Bonner Marktplatz oder mit der Einladung von jüngeren Künstlern wie etwa dem US-Amerikaner Cameron Carpenter, der an der elektronischen Orgel - ganz im Geiste Beethovens - so manche Klassikroutine und manches Klischee zertrümmert.

Beethovens Oper "Fidelio" war in der Beethovenhalle zu erleben - und auch auf dem Bonner MarktplatzBild: Barbara Frommann/Beethovenfest

Zudem hat das Fest ein Gespür für Künstler mit Zukunft gezeigt, indem es dem Dirigenten Gustavo Dudamel oder dem Perkussionisten Martin Grubinger ein Podium gab noch bevor diese weltberühmt wurden. Mit 54 Uraufführungen in zehn Jahren ging man auch bewusst ein gewisses Risiko mit zeitgenössischer Musik ein.

Das junge alte Publikum

Das "Junge Beethovenfest", bei dem Künstler in Schulen auftreten oder das Schülermanager-Projekt, mit dem Jugendliche direkte Erfahrungen in Festivalorganisation machen können, gehen in dieselbe Richtung. Zu einer deutlichen Verjüngung des Publikums hat diese Programmpolitik allerdings nicht geführt: Lag das Durchschnittsalter der Beethovenfest-Besucher 2004 bei 52 Jahren, ist es mittlerweile auf 54 angestiegen. Für ein Klassikpublikum wiederum ist dieses Durchschnittsalter noch verhältnismäßig niedrig. Mit einer Auslastung von 82 Prozent und 24 ausverkauften Konzerten in diesem Jahr sind die Veranstalter jedenfalls zufrieden.

Das gewisse Etwas

Jenseits von Zahlen muss sich ein Musikfestival an etwas wenig Greifbarem messen lassen. Es geht darum, eine Atmosphäre zu erzeugen, in der das Publikum das Gefühl hat, an etwas Besonderem teilzunehmen. Ilona Schmiel formuliert das so: "Das Live-Erlebnis, die Sehnsucht nach der Situation, sich zu versammeln, plötzlich mal eine Stille zu erleben und ein Ritual zu erleben: Das vermittelt sich."

Die "besondere" Aufführung, das Aufregende und Provozierende: Dies sind Sachen, die jeder Veranstalter zu erreichen versucht. "Wenn das nicht stattfindet, wo Sie nicht eine bestimmte Atmosphäre erzeugen, indem es heißt: 'Also heute geht es wieder um Alles!' - dann wird es langweilig, und dann schaffen wir uns selber ab", so Schmiel, die zukünftige Intendantin der Tonhalle Zürich.

Das Borodin Quartet setzt den Standard - hier im Arpmuseum RolandseckBild: Giovanni Ausserhofer/Beethovenfest

Diese Atmosphäre entsteht sogar bei Veranstaltungen in der Beethovenhalle, ein doch schon in die Jahre gekommenes Konzertgebäude. Hoffnungen auf einen neuen Konzertsaal in Bonn sind erst einmal auf Eis gelegt. Weltklasse-Klangkörper wie das Pittsburgh Symphony Orchestra, die Bamberger Symphoniker und The Academy of St. Martin in the Fields gaben dort in diesem Jahr ein Stelldichein. Dafür kamen, zur Enttäuschung der Intendantin, andere wie die Berliner Philharmoniker nicht. Die Beethovenhalle ist aber nur eine von 26 Spielstätten in und um Bonn, die in der aktuellen Saison bespielt wurden.

Stilprägende Interpretationen

Von einem Beethovenfest darf man durchaus zyklische Aufführungen seiner Werke erwarten. Diese wurden durch Künstler wie der ungarische Pianist András Schiff realisiert, der Beethovens Klaviersonaten in einem Zeitraum von zwei Jahren komplett aufgeführt hat, oder das russische Borodin Quartet mit einem Streichquartettenzyklus: Das gesamte Oeuvre des Genres von Beethoven gepaart in drei Jahren mit Quartetten russischer Komponisten.

Der Stil der Klassik-Interpretation wandelt sich, und beide Zyklen sind auf der Höhe der Zeit. Dasselbe gilt für die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, die zehn Jahre lang "Orchestra in Residence" beim Fest war, und an dem sich inzwischen jedes Orchester bei der Aufführung von Beethoven-Sinfonien messen muss.

Ilona Schmiel in der BeethovenhalleBild: Barbara Frommann
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