Die britische Schauspielerin war in den Sechziger- und Siebzigerjahren eine der charismatischsten Darstellerinnen. In den folgenden Dekaden wurde es stiller um Julie Christie. Erst mit über 60 gelang ihr das Comeback.
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Julie Christie wird 75
Sie war eine Stil-Ikone des Kinos der Sechziger- und Siebzigerjahre. Damals drehte Julie Christie einen Kultfilm nach dem anderen. Dann wurde es stiller um die Britin. Vor zehn Jahren gelang ihr ein furioses Comeback.
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Schön, erfolgreich und viel beschäftigt
In den wilden Sechzigern feierte das britische Kino den Pop. Eine Dekade später waren viele große europäische Filmemacher auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. In den USA probierten die Regisseure des "New Hollywood"-Kinos neue Formen aus. Sie alle holten Julie Christie vor die Kameras. Die Britin wurde so zu einem Gesicht der Sechziger- und Siebzigerjahre-Kultur.
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Kinodebüt mit 21
Der allererste Film von Julie Christie ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. In der britischen Komödie "So ein Gauner hat's nicht leicht" ("Crooks Anonymous") von Regisseur Ken Annakin feiert die junge Engländerin unter anderem Hochzeit. Der Film von 1962 zeichnet sich nicht durch herausragende filmische Qualität aus. Das sollte sich bei Julie Christies Filmauswahl aber schon bald ändern.
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Erster Welterfolg mit "Doktor Schiwago"
Bereits mit ihrer dritten Rolle - als Larissa "Lara" Antipowa - in der Romanverfilmung "Doktor Schiwago" ("Doctor Zhivago") wurde Julie Christie weltbekannt. Der Film kam 1965 in die Kinos und wurde einer der größten Kassenerfolge der Sechzigerjahre. Christies "Lara" hat sich seitdem tief in das Gedächtnis aller Filmfans eingeprägt.
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Everybodys Darling erhält ihren ersten Oscar
Mit zwei Filmen des englischen Regisseurs John Schlesinger wurde Julie Christie ebenfalls von einem cineastischen Publikum gefeiert. Zunächst drehte die Schauspielerin "Geliebter Spinner" ("Billy Liar"), zwei Jahre später "Darling" (1965). Hier agierte sie an der Seite von Dirk Bogarde - in der Rolle eines Models im Swinging London der Sechzigerjahre. Dafür gab's in Hollywood einen Oscar.
Julie Christie konnte Models spielen, junge Frauen also, die mit ihrem guten Aussehen Geld verdienten. Aber auch in ganz anderen Rollen wusste die Britin zu glänzen. 1966 holte sie der französische Regiestar François Truffaut vor die Kamera und setzte sie an der Seite von Oskar Werner in seinem Zukunftsfilm "Fahrenheit 451" ein.
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Kino-Experiment "Petulia"
Richard Lester, der sich als Regisseur des Beatles-Films "Yeah Yeah Yeah (A Hard Day’s Night)" schon einen Namen gemacht hatte, inszenierte 1967 den Film "Petulia" mit Julie Christie und George C. Scott. Der Film enthält viele typische Sechzigerjahre-Zutaten: wilde Kamerabewegungen, Überblendungen, psychedelische Musik, eine experimentelle Montagetechnik und eine nicht-narrative Erzählweise.
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Ausflug nach Amerika
Spätestens zu Beginn der Siebzigerjahre hatte sich Julie Christies Ruhm auch in Hollywood herumgesprochen. Daher erhielt sie nun auch Filmangebote von den jungen, unabhängigen Filmemachern des "New Hollywood"-Kinos, die bewusst gegen gängige Genre-Konventionen verstießen. 1971 war Julie Christie an der Seite von Warren Beatty in dem Western "McCabe & Mrs. Miller" zu sehen.
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Gruselig und geheimnisvoll
Julie Christie arbeitete aber vor allem mit den besten britischen Regisseuren zusammen. 1973 verpflichtete sie Nicolas Roeg zusammen mit Donald Sutherland für den heute als Kult-Thriller geltenden Film "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ("Don't Look Now"). Christies Spiel, die geheimnisvolle Handlung und die atemberaubenden Schauplätze in Venedig faszinieren noch heute.
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Echtes Liebespaar, fiktive Affäre
Mitte der Siebziger arbeitete Julie Christie erneut in den USA. Wieder war ihr Filmpartner Warren Beatty, mit dem sie auch ein paar Jahre liiert war. "Shampoo" (1975), von Regisseur Hal Ashby, wirft ein grelles Licht auf das Land am Tag, an dem Richard Nixon zum US-Präsidenten gewählt wird. Julie Christie spielt darin eine Unternehmergattin, die eine Affäre mit einem Star-Friseur beginnt.
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Ab den Achzigern wird es still um Christie
Nachdem Julie Christie in ihren beiden ersten Karrierejahrzehnten in zahlreichen Meisterwerken mitwirkte, waren die künstlerischen Erfolge in den folgenden beiden Dekaden rar gesät. Anerkennung brachte ihr aber ihre Rolle in der Shakespeare-Verfilmung "Hamlet" (1996) ein.
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Christie und die Deutschen
Nachdem Julie Christie 1986 bereits im dem TV-Mehrteiler "Väter und Söhne - Eine deutsche Tragödie" unter der Regie von Bernhard Sinkel mitgewirkt hatte, spielte sie im Jahre 2004 wieder in einem Film eines Deutschen mit. An der Seite von Brad Pitt, Orlando Bloom und Diane Kruger war sie in Wolfgang Petersens Historiendrama "Troja" ("Troy") zu sehen.
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Starkes Comeback in den Nullerjahren
Mit zwei Filmen konnte sich die britische Schauspielerin dann vor zehn Jahren wieder mit bemerkenswerten Auftritten in Erinnerung rufen. Im spanischen Film "Das geheime Leben der Worte" ("The Secret Life of Words") spielte Julie Christie im Jahr 2005 zwar keine Hauptrolle, überzeugte aber mit einem prägnanten Auftritt als Psychologin.
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Triumph mit "An ihrer Seite"
Der andere Film, der dem internationalen Kinopublikum in Erinnerung rief, was für eine ausdrucksstarke und charismatische Schauspielerin Julie Christie ist, war im Jahr darauf das Drama "An ihrer Seite" ("Away from Her"). Christie spielt im Regiedebüt von Sarah Polley eine an Alzheimer erkrankte Frau. Ihre phantastische schauspielerische Leistung brachte der damals 65-Jährigen viele Preise ein.
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Manche Schauspielerinnen wären vermutlich froh, wenn sie einmal in ihrem Leben in einem Welthit wie "Doktor Schiwago" mitgespielt hätten. Als Lara, die junge und unglaublich schöne Geliebte von Omar Sharif alias Dr. Juri Schiwago, wurde Julie Christie schnell über die Grenzen ihrer britischen Heimat bekannt.
Der Brite David Lean hatte das pompöse Melodrama, das zu Zeiten der russischen Revolution spielt, in Szene gesetzt. Englische Regisseure waren es auch, die Christie in den Sechziger- und Siebzigerjahren ihre besten Rollen gaben: John Schlesinger, Richard Lester oder Nicolas Roeg.
Julie Christie verlieh ihren Rollen Glanz und Tiefe
Mit ihrem strahlenden Lächeln, das schnell auch in mitleiderregende Traurigkeit umschlagen konnte, ihren ausdrucksstarken Augen wie den ebenmäßigen Gesichtszügen verlieh sie vielen Rollen Glanz, aber auch Tiefe. Denn nur schön war Christie in jenen Jahren ja nie. Sie konnte auch spielen: Geliebte und Models, aber auch in die Jahre gekommene Frauen mit leidvollen Erfahrungen.
Unvergessen ist auch ihre Rolle in Joseph Loseys Film "Der Mittler". Darin spielt sie eine verführerische junge Frau, in die sich ein pubertierender 12-Jähriger verliebt.
Im zarten Alter von 25 Jahren hatte Julie Christie schon einen Oscar als "Beste Hauptdarstellerin" mit nach Hause nehmen können. Den hatte man ihr für ihren Auftritt im britischen Film "Darling" (1965) überreicht.
In Indien kam sie zur Welt, in Großbritannien wurde sie zum Star
Doch Christie war in jenen Jahren schlau genug, sich nicht auf bestimmte Rollen festlegen zu lassen. Auch bei ihren Regisseuren schaute sie über die Landesgrenzen hinweg, arbeitete nicht nur für britische Filmemacher. Schließlich war die am 14. April 1941 geborene Schauspielerin in Indien zur Welt gekommen. Ihr Vater betrieb eine Plantage in der für seinen starken schwarzen Tee bekannten Region Assam. So drehte Julie Christie schon in frühen Jahren auch für nichtbritische Regie-Koryphäen wie François Truffaut, John Ford oder Robert Altman.
So ganz genau ist es auch heute nicht zu erklären, warum in den Achtziger- und Neunzigerjahren nicht mehr all zu viele Filme mit der Schauspielerin in die Kinos kamen, die noch in Erinnerung sind. Denn Julie Christie sah immer noch blendend aus. Und das Schauspielen hatte sie auch nicht verlernt. Doch Filme wie "Dragonheart" (1996) oder "Alle lieben Lucy" (2002) sind heute weitgehend vergessen. Nicht so Kinohits wie "Troja" (2004) oder "Harry Potter und der Gefangene von Askaban" (2004), die allerdings heute eher wegen der Ausstattung und den Spezial-Effekten in Erinnerung sind.
Comeback mit "An ihrer Seite"
Und so gönnten alle Julie-Christie-Fans und die internationale Kinogemeinde der Engländerin von Herzen, als sich vor zehn Jahren noch einmal alle Augen auf die einst so gefeierte Darstellerin richteten. Ausgerechnet als Frau, der die Welt entgleitet, weil sie an Alzheimer leidet, kehrte sie in die Herzen der Kinozuschauer zurück.
Für die an der tückischen wie unheilbaren Krankheit leidende Fiona im Film "An ihrer Seite" (2006) erntete sie große Anerkennung: Julie Christie wurde für einen Oscar nominiert und gewann neben zahlreichen anderen Preisen einen Golden Globe. Christie, die ihr Privatleben stets von der Öffentlichkeit abschirmte, lebt schon lange mit dem englischen Journalisten Duncan Campbell zusammen, den sie 2008 in Indien heiratete. In Wales besitzt das Paar einen Bauernhof.