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GesellschaftNahost

Stille Nacht in Bethlehem

Tania Krämer Jerusalem
23. Dezember 2020

Die Weihnachtszeit in Bethlehem, der Geburtsstadt Jesu, ist meist bunt, laut und festlich. Doch dieses Jahr werden alle Feierlichkeiten in der palästinensischen Stadt eingeschränkt sein - aufgrund der Coronavirus-Krise.

Westjordanland Bethlehem Weihnachten 2020 | Weihnachtsbaum
Bild: Tania Krämer/DW

Weihnachten in Bethlehem wird zwar nicht abgesagt, aber es wird ein ganz anderes Fest aufrund der Coronavirus-Pandemie. Normalerweise ist die Weihnachtszeit die geschäftigste Zeit in der Geburtsstadt Jesu im besetzten Westjordanland. Der festlich geschmückte Weihnachtsbaum auf dem Krippenplatz und die Krippe wurden zwar wie jedes Jahr aufgestellt, aber es erinnert sonst nur wenig daran, dass schon in wenigen Tagen Weihnachten ist.

Der Platz vor der Geburtskirche ist ungewöhnlich ruhig. Ein paar Bethlehemer machen Selfies vor dem Weihnachtsbaum. Kaffee-Verkäufer an ein paar wenigen Ständen bieten heiße Getränke an - an diesen milden Dezembertagen. Touristengruppen sind hier schon seit Monaten nicht mehr unterwegs.

In diesen Jahr kommen nur wenige Menschen nach BethlehemBild: Mussa Qawasma/REUTERS

Keine Touristen in der Geburtsstadt Jesu

Es war ein schwieriges Jahr für die palästinensische Stadt, die zu großen Teilen vom Tourismus lebt. Nadeen Baboun und Christine Najarian organisieren alternative "Food-Touren" ('Farayek') bei denen Besucher Bethlehem über die Essenstraditionen kennenlernen und bei Einheimischen in der Küche vorbeischauen. Doch bereits im März mussten sie alle Führungen absagen. Wegen eines Coronavirus-Ausbruchs hatte die palästinensische Regierung Bethlehem als erste Stadt im besetzten Westjordanland unter Ausgangssperre gestellt. "Von Beginn der Pandemie war klar, dass es Lockdowns geben wird und Touristen und Besucher nicht mehr kommen können. Die Situation ist sehr ungewiss und wenig planbar", sagt Nadeen Baboun aus Bethlehem via Zoom.

Schon zu Beginn der Pandemie hat Israel seine Grenzen für ausländische Besucher geschlossen, und damit waren auch Reisen in die besetzten palästinensischen Gebiete nicht mehr möglich. Auch Jordanien schloss den Grenzübergang. Palästinenser, die in Israel leben und Palästinenser aus dem restlichen Westjordanland konnten dieses Jahr Bethlehem nur begrenzt besuchen.

Die beiden jungen Unternehmerinnen hoffen auf eine bessere Saison nächstes Jahr und haben bereits alternative Pläne entworfen. Jetzt geht es darum, wie man dieses Jahr am sichersten Weihnachten feiert. "Normalerweise gehen wir am 24ten nach Bethlehem für die Feierlichkeiten und essen dann gemeinsam zu Mittag mit der Familie," sagt Christine Najarian. Die armenische Christin aus Ostjerusalem feiert Weihnachten gleich mehrmals - das armenische Weihnachtsfest ist erst im Januar. "Aber aufgrund der Situation haben wir entschieden, dass wir nur im engsten Familienkreis feiern, und dies auch viel kleiner als sonst. Nur eines ist sicher: Es wird Geschenke geben."

Die Touristen, die sonst ins Heilige Land kommen, bleiben aus - dementsprechend verkaufen die Händler kaum etwasBild: Tania Krämer/DW

Steigende Infektionszahlen und Internet-Gottesdienste

In den letzten Wochen ist die Corona-Infektionsrate-Rate im Westjordanland und im Gazastreifen erneut angestiegen. Die palästinensische Autonomiebehörde, die einen Teil des israelisch-besetzten Westjordanlands verwaltet, hat erneut eine Ausgangssperre in mehreren Regionen verhängt. Die nächtliche Sperrstunde sowie ein Wochenend-Lockdown im gesamten Gebiet wurden verlängert. Auch die traditionelle Mitternachtsmesse an Heilig Abend (24.12.) wird eingeschränkt und nur Geistlichen vorbehalten sein. Wie jedes Jahr wird die Messe im Fernsehen live übertragen.

Seit Beginn der Pandemie haben viele Kirchen begonnen, Gottesdienste online zu übertragen. Einige hundert Meter von der Geburtskirche liegt die evangelisch-lutherische Weihnachtskirche. Pastor Munther Issac hat in Kameras und ein Sound-System investiert, damit Gemeindemitglieder die Sonntags-Gottesdienste aus dem sicheren zuhause mitverfolgen können. Mit Erfolg, wie er sagt. "Vor COVID-19 war die Kirche an Sonntagen voll mit Pilgern und Besuchern aus aller Welt. Das geht jetzt nicht mehr. Und wir sagen denjenigen, die sich nicht sicher fühlen, persönlich zu kommen und lieber zuhause bleiben möchten, dass dies völlig in Ordnung ist", sagt Pastor Isaac. Auch an Weihnachten wird der Gottesdienst live im Internet übertragen, und nur eine limitierte Anzahl von Menschen wird in der Kirche dabei sein dürfen - mit dem nötigen Abstand

Auch der Gottesdienst in der Geburtskirche Jesu wird eingeschränktBild: Tania Krämer/DW

Doch trotz dieser bedrückenden Atmosphäre sieht der Pastor auch etwas Positives: "Vielleicht liegt darin auch etwas Symbolisches. Jesus wurde auch in einer schwierigen Zeit in einer Höhle geboren. Vielleicht hilft uns das alles, den wirklichen Sinn von Weihnachten zu entdecken, fernab der festlichen Atmosphäre für die Bethlehem normalerweise während der Weihnachtszeit steht."

Kochen für die Nachbarn

Ähnliche Gedanken macht sich auch der palästinensische Chefkoch Fadi Kattan, der ein Restaurant und ein kleines Gästehaus ganz in der Nähe der Geburtstkirche betreibt. "Ich denke, dieses Jahr geht es um die Gemeinschaft. Wenn es etwas gibt, was man von der Pandemie lernen kann, dann ist es an die anderen zu denken, an die Nachbarn, an die, die es schwer hatten, die ihr Einkommen verloren haben, an Menschen die gestorben sind oder die ein Familienmitglied verloren haben", sagt Kattan. Das Restaurant und das Gästehaus, das vor allem Individual-Reisende anzieht, waren fast das gesamte Jahr geschlossen. "Es fühlt sich alles etwas klaustrophobisch an", sagt er. "Man schränkt sich natürlich selbst ein -  aus Vorsicht. Die palästinensische Regierung grenzt durch die nächtlichen Ausgangssperren und den Wochenend-Lockdowns die Bewegung ein. Und die israelische Regierung schränkt Dich sowieso ein, weil man Genehmigungen braucht, um das Westjordanland zu verlassen."

Falafel und Hummus - gehören zum palästinensichen Frühstück dazuBild: Getty Images/AFP/A. Gharabli

Gerade in der Weihnachtszeit hoffen palästinensische Christen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen auf eine der israelischen Genehmigungen um reisen zu können, Familie und Freunde in Israel oder dem Westjordanland zu besuchen. Aber da sich durch die Covid-19 Beschränkungen der Bewegungsradius sowieso begrenzt hat, sei es wichtig, sich auf die unmittelbare Umgebung zu konzentrieren. "Als Chef sage ich, wenn man für Weihnachten kocht dieses Jahr, dann sollte man etwas mehr zubereiten," sagt Kattan. "Man sollte kein ganzes Lamm braten, sondern eine Lammkeule, aber dann gleich zwei davon. Und eine gibt man an jemanden, dem es dieses Jahr nicht so gut ging, an eine Familie in Not. Das ist für mich der Sinn (Idee? Essenz?) von Weihnachten."

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