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Stiller Superheld: Was unser Boden alles kann

4. Dezember 2024

Meistens denken wir nicht groß über ihn nach. Doch ob wir schlafen, gehen, fahren oder etwas anpflanzen: Ohne den Boden unter unseren Füßen könnten wir nicht überleben. Aber er ist in Gefahr. Was kann ihn retten?

Ein kleiner Pflanzenspross wächst im Sonnenlicht aus der Erde, umgeben von weiteren unscharfen Sprossen im Hintergrund
Bis zwei oder drei Zentimeter Boden entstehen, dauert es bis zu 1000 JahreBild: Michael Bihlmayer/CHROMORANGE/picture alliance

Was genau ist eigentlich "der Boden"? In der Wissenschaft nennt man ihn Pedosphäre. Er ist die oberste Schicht der Erdkruste und ein bis zwei Meter tief. Bildlich gesprochen bildet er die Haut unseres Planeten.

Boden entsteht, wenn das harte Gestein der Erdkruste über sehr lange Zeit verwittert, also zerkleinert wird. Das geschieht durch Hitze und Frost, durch chemische oder mechanische Prozesse, etwa wenn Wasser oder Pflanzenwurzeln durch die Steine dringen. Im Oberboden mischen sich mineralische Bestandteile aus dem Gestein mit einer nährstoffreichen Humusschicht.

Grundsätzlich gilt: Je mehr Humus, desto fruchtbarer der Boden. Der Humus wird von Bodenorganismen aus Pflanzen- oder Tierresten hergestellt. Denn im und auf dem Boden leben unzählige Tiere wie Würmer und Insekten, dazu Pilze, Algen, Flechten und Bakterien. In einem Kilogramm gesundem Boden gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. Doch bis zwei oder drei Zentimeter Boden entstehen, dauert es bis zu 1000 Jahre. Unser Boden gilt deswegen als eine nicht erneuerbare Ressource.

Boden ist Nahrungsgrundlage, Hochwasserschutz und CO2-Speicher

Böden bilden die Grundlage für das Leben auf der Erde. Sie filtern und wandeln die Stoffe um, die aus den anderen Sphären in sie eindringen. So wird Grundwasser bei seiner Reise durch den Boden von Schadstoffen gereinigt. Wenn Böden Wasser speichern können, sinkt die Hochwassergefahr. Mehr als 95 Prozent unserer Nahrungsmittel stammen aus unseren Böden.

Nach dem Ozean ist der Boden der zweitgrößte Speicher für das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid, CO2. Pflanzen nehmen es beim Wachsen aus der Luft auf. Sterben sie, wandeln Bodenorganismen den in ihnen gebundenen Kohlenstoff zu Bodenkohlenstoff um. Er dient neuen Pflanzen als Nahrung.

Boden ist nicht gleich Boden

Böden unterscheiden sich in ihrer Struktur deutlich. So versickert Wasser in Sandböden wegen der großen Hohlräume recht schnell, viele Nährstoffe werden so in die Tiefe gespült und sind für Pflanzen nicht mehr verfügbar. Dennoch bieten Sandböden vielen angepassten Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum und sind wichtig für die Neubildung von Grundwasser.

In Böden mit hohem Tonanteil gibt es nur sehr kleine Hohlräume, Wasser versickert hier nur sehr langsam, Nährstoffe bleiben gebunden und für die Pflanzen verfügbar. Als bester Boden für den Ackerbau gilt Lehmboden, eine Mischung aus Sand, Ton und dem sogenannten Schluff, der für einen stabilen Wasserhaushalt sorgt.

Eine Ausnahme von der Regel: "je mehr Humus, desto fruchtbarer der Boden" bildet der tropische Regenwald. Er hat zwar nur eine dünne Humusschicht, aber wegen des feucht-warmen Klimas sind die Bodenorganismen hier ganzjährig aktiv und versorgen die Pflanzen ständig mit Nährstoffen. In kalten Regionen sind viele Bodenorganismen im Winter nicht aktiv, es sammelt sich viel organisches Material, das dann im Frühling wieder zu Humus wird.

Warum sind unsere Böden in Gefahr?

Weil wir Menschen den Boden so stark nutzen: Wir bauen Nahrungsmittel an, holen Öl und andere Rohstoffe aus der Erde, bauen Wohnraum, Straßen, Industriegebäude. All das zerstört das Gleichgewicht des Bodens. Unter Straßen oder Gebäuden leben keine Bodenorganismen mehr - der Boden ist durch diese sogenannte Versiegelung unwiederbringlich zerstört. Auch durch den Bergbau. Auch die Abholzung von Wäldern beeinträchtigt die Stabilität der Böden.

Regenwürmer ernähren sich von Pflanzenresten, ihre Ausscheidungen setzen Nährstoffe im Boden frei, außerdem durchlüften sie ihn mit ihren GängenBild: Krisana Antharith/PantherMedia/IMAGO

Die Landwirtschaft laugt den Boden vor allem durch Monokulturen aus: Dieselben Pflanzen benötigen immer wieder dieselben Nährstoffe und nach der Ernte bleibt auf dem Boden kaum Pflanzenmaterial zurück, das zu Humus zersetzt werden kann. Er verarmt und trocknet aus. Nach der Ernte fehlt dem Boden Schutz gegen Wind, Regen und Sonneneinstrahlung - er wird weggeweht oder weggeschwemmt.

Pestizide in der konventionellen Landwirtschaft beeinträchtigen die wichtigen Bodenorganismen. Auch übermäßige Bewässerung kann dem Boden schaden, Nährstoffe werden ausgeschwemmt, der Boden versalzt, die Ernteerträge sinken. Die Feldarbeit mit schweren Maschinen verdichtet den Boden, er speichert dann weniger Wasser, wird nicht mehr gut durchlüftet und die Bodenorganismen leiden.

Ein weiteres Problem ist die sogenannte Versauerung des Bodens. Sie entsteht durch sauer wirkende Stickstoff- und Schwefelverbindungen - etwa durch die Verbrennung von Braunkohle, den Abrieb von Autoreifen und durch die intensive Tierhaltung. In versauerten Böden gibt es weniger Artenvielfalt, also weniger Bodenleben, und das bedeutet weniger Humus - mit den bekannten Folgen.

Weltweit ist ein Viertel aller Böden geschädigt

Die Folgen des menschengemachten Klimawandels wie Hitze, Dürre oder Überschwemmungen machen dem Boden ebenfalls zu schaffen. Gleichzeitig verstärkt geschädigter Boden diese Folgen, weil er beispielsweise weniger Wasser speichern kann. Ein ausgelaugter Boden verringert laut der Welternährungsorganisation FAO auch den Gehalt an Vitaminen und Nährstoffen in Lebensmitteln.

Schwere Landmaschinen verdichten den Boden - Regen sickert schlechter ein, in der Folge wird auch wertvoller Boden weggeschwemmt Bild: Jochen Tack/picture alliance

Schätzungen zufolge gilt bereits ein Viertel aller Böden weltweit als degradiert, also in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Jeder sechste Mensch ist davon betroffen. In der Europäischen Union gelten laut der Umweltschutzorganisation BUND mehr als zwei Drittel aller Böden als geschädigt.

Und die weltweite Bodendegradation schreitet jedes Jahr um weitere fünf bis zehn Millionen Hektar zusätzlich voran - das gefährdet auf Dauer die globale Ernährungssicherung.

Wie können wir den Boden schützen?

Wiederaufforstung, Wiedervernässung von Mooren und Renaturierung von degradiertem Land können die Lebensfähigkeit der Böden langsam wiederherstellen. Wir können außerdem so wenig Boden wie möglich durch neue Gebäude und Straßen versiegeln.

Vor allem die Landwirtschaft könnte den Boden besser schützen: durch schonende Bodenbearbeitung ohne schwere Maschinen, weniger Pestizide oder Tröpfchenbewässerung, die das Versalzen des Bodens verhindert.

Agroforstwirtschaftsfläche des Hofs Gut & BöselBild: Emanuel Finckenstein

In der Agroforstwirtschaft halten Sträucher und Bäume zwischen und am Rand von Feldern mit ihren Wurzeln das Erdreich bei Wind und Regen fest. Stroh oder andere Pflanzenreste auf den Feldern schützen vor Austrocknung und ermöglichen Humusaufbau.

Auch der Fruchtwechsel, bei dem regelmäßig verschiedene Feldfrüchte angebaut werden, stärkt den Boden, Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Ackerbohnen düngen ihn beim Wachsen kostenlos mit Stickstoff aus der Luft.

Ein Umbau der Landwirtschaft könnte sich lohnen - laut BUND können nachhaltig bewirtschaftete Böden besser Wasser speichern - und bringen dadurch in trockenen Jahren stabilere Ernten als konventionell bewirtschaftete Böden.

Beim Mulchen schützt Stroh oder anderes organisches Material den Boden vor Unkräutern und dem AustrocknenBild: Christin Klose/dpa/picture alliance

Unsere Quellen unter anderen:

https://www.un.org/en/observances/world-soil-day

https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-flaeche

https://www.lfu.bayern.de/boden/index.htm 

Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin, Fokus unter anderem: Klima- und Umweltthemen
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