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Ägypten: Politische Blogs im Wandel

Samar Karam / Mohamad Raschad30. September 2013

Die Fronten zwischen Militär und Muslimbrüdern in Ägypten verhärten sich. Doch Menscherechtsaktivisten und Blogger machen unbeirrt weiter. Allerdings verbreiten sie ihre Blogs nunmehr auf anderen Wegen.

Der Blogger Kareem, der vor den Islamisten fliehen musste (Foto: DW)
Bild: DW

Am Sturz des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Februar 2011 hatten die Blogger des Landes großen Anteil. Sie berichteten über Übergriffe von Polizei und Militär gegen Demonstranten und mobilisierten Menschen, um für Freiheit und Würde auf die Straße zu gehen. Zu den Bloggern, die eine herausragende Rolle im Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung spielten, gehören unter anderem Alaa Abd El-Fattah und seine Frau Manal Hassan mit ihrem Blog "Manal und Alaa", der Blogger Wael Abbas mit seinem Blog "das ägyptische Bewusstsein" und die junge Bloggerin Noha Atef mit ihrem Blog "Folter in Ägypten".

Zunächst überwog das gemeinsame Ziel

"Vor dem Sturz des Mubarak-Regimes hatten die Blogger aller Strömungen das gleiche Ziel: Dieses Regime loszuwerden", sagt Bloggerin und Medienforscherin Noha Atef im Interview mit der DW. Ein Beispiel dafür seien die Solidaritätsaktionen für inhaftierte Blogger, wie etwa für den Muslimbruder Abd Elmenim Mahmod. In diesem Fall stammten die allerersten Blogger, die für Mahmods Freiheit kämpften, aus liberalen und linken Strömungen.

"Nach der Revolution haben sich die gemeinsamen Interessen vieler Blogger aber verändert. Die ideologischen Auseinandersetzungen verschärften sich", fährt Noha fort. Insbesondere seit dem Sturz von Präsident Mursi spitzten sich die Konflikte aufgrund der wachsenden politischen Polarisierung in der ägyptischen Gesellschaft zu. Gegen diese Entwicklung wehren sich bekannte Blogger: Sie verstehen sich als überparteilich. "Sie fuhren fort, die Menschenrechte in Ägypten, unabhängig von der politischen Zugehörigkeit, zu verteidigen. Sie kritisieren weiterhin das Militär und die Muslimbrüder sowie jegliches diktatorisches Verhalten", so Noha.

Husni Mubarak regierte Ägypten fast 20 Jahre langBild: imago stock&people

Rolle der Blogger unverändert

Auch der junge Blogger Ahmad Hegab unterstreicht im Gespräch mit der DW: "Blogger sind die Stimme der Vernunft mitten in der zunehmenden Polarisierung zwischen Armee-Unterstützern und Muslimbrüder-Befürwortern." Blogger versuchten weiter, Verstöße der Menschenrechte auf beiden Seiten aufzudecken. "Dies ist die gleiche Rolle, die sie während der Amtszeit des Militärrats gespielt haben."

Hegab ist jedoch ebenso überzeugt, dass die Gefahren für diese Blogger gleichgeblieben sind. Es gebe keine Institutionen, die sie schütze. "Blogger waren sowohl in der Amtszeit Mubaraks als auch des Militärrats bis hin zur Amtszeit Mursis Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt. Auch heute sind wir nicht sicher. Aber der große Unterschied ist, dass sich die Menschen jetzt frei fühlen und es mehr Leute gibt, die über Politik sprechen. Die Leute sind nach Mubaraks Sturz offener geworden und haben keine Angst mehr."

Facebook und Twitter locken

Geändert haben sich aber die Verbreitungswege der Blogger - vor allem wegen der zunehmenden Nutzung von Social Media, wie Facebook und Twitter. "Die Menschen wollen schnellen Zugriff auf Informationen haben", erläutert Noha. In den sozialen Medien sei die Verbreitung schneller und Leser könnten mehreren Bloggern zeitgleich folgen. "Die persönlichen Ansichten und Analysen, die bei klassischen Blogs veröffentlicht werden, sind weniger interessant geworden. Die Leser greifen nicht mehr auf lange Blog-Einträge zurück, es sei denn, sie wollen ein komplexes Thema gründlich verstehen, wie vor der Abstimmung über die Verfassungsänderungen."

Ahmad Hegab ist sicher, dass Blogs nicht an Bedeutung verloren haben - auch wenn häufig etwas anderes behauptet werde. Facebook und Twitter seien nur eine neue Art von Blogaktivitäten - nicht umsonst werde Twitter auch "Micro Blogging" genannt. "Gerade durch Social Media sind viele Blogger berühmt und zu Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens geworden", sagt Hegab.

Mancher Blogger wechselte das Medium

Es gibt aber auch Blogger, die nun altbewährte Wege gehen. "Blogs und die traditionelle Presse haben sich weiterentwickelt und auch die Interaktion zwischen ihnen hat sich verändert", sagt Noha. Der Blogger Alaa Abd El-Fattah beispielsweise habe einmal gesagt, dass die Zeitungen irgendwann verschwinden würden. "Jetzt jedoch schreibt er selber für traditionelle Zeitungen." Andere Blogger arbeiteten mittlerweile für das Fernsehen.

Der Blogger Alaa Abd El-Fattah wurde Ende 2011 unter fragwürdigen Vorwürfen inhaftiertBild: dapd

Einer der wesentlichen Gründe für diesen Trend, so Noha weiter, sei die hohe Zahl der Fernsehkanäle und Zeitungen, die mittlerweile professionell arbeiteten und unterschiedliche politische Strömungen repräsentierten.

Blogs weiterhin einflussreich

Trotz oder gerade wegen dieser Veränderungen ist der Einfluss von Bloggern in Ägypten groß. Mit 250.000 oder 480.000 Followern bleiben Blogger wie Wael Abbas oder Alaa Abd El-Fattah klare Wortführer in Ägyptens Sozialen Medien.

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