Stimmenauszählung in Griechenland
5. Juli 2015Rund zehn Millionen Griechen haben abgestimmt. In einem historischen Referendum sollten sie darüber entscheiden, ob sie die Reform- und Sparforderungen der Gläubiger akzeptieren - oder ablehnen.
Das Hilfspaket der Geldgeber aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, zu dem diese Bedingungen gehören, ist zwar am 30. Juni ausgelaufen und damit überholt. Der Ausgang der Abstimmung könnte dennoch wegweisend sein: Für die Zukunft der Regierung Alexis Tsipras' und für die Zukunft Griechenlands im Euroraum.
"Ja" oder "Nein"?
Nun heißt es abwarten. Erste aussagekräftige Ergebnisse werden etwa zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale erwartet. Das Referendum gilt nur dann als gültig, wenn mindestens 40 Prozent der wahlberechtigten Griechen ihre Stimme abgegeben haben. Nach Berichten griechischer Medien ist diese Bedingung bereits erfüllt. Letzten Umfragen zufolge liegen das "Ja"- und das "Nein"-Lager in etwa gleich auf.
Tsipras: "Neues Kapitel für Europa"
Die griechische Regierung positionierte sich im Vorfeld der Abstimmung deutlich: Ministerpräsident Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis appellierten immer wieder an die Bevölkerung, das Sparprogramm abzulehnen - auch wenn es offiziell gar nicht mehr zur Diskussion steht. Ein "Nein" werde die griechische Verhandlungsposition gegenüber den Gläubigern stärken. "Man kann den Willen einer Regierung ignorieren, aber nicht den Willen eines Volkes" betonte Tsipras bei der Stimmabgabe in einem Athener Wahllokal. Dabei gab er sich selbstsicher. Am Montag werde "ein neues Kapitel für Europa beginnen", versicherte er.
Doch dieses Kapitel könnte auch düster ausfallen. Die griechische Opposition und die europäischen Gläubiger prophezeiten, eine Absage an die Sparpolitik werde alles noch schwieriger machen. Mehrere europäische Politiker warnten, dass ein "Nein" ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro bedeuten könnte. Dann würde der Grexit Realität.
Schicksalstag für Griechenland
Das Votum der Griechen gilt als ein wichtiges Signal für die künftige Kooperation Griechenlands mit den internationalen Geldgebern. Doch selbst wenn die Gespräche schnell wieder aufgenommen würden, können die Griechen kaum mit einer schnellen Rettung rechnen. Berlin dämpfte erneut Hoffnungen der Regierung in Athen, zügig frische Hilfsgelder zu erhalten.
Und auch für Tsipras könnte die Abstimmung zur Schicksalsfrage werden. Mit seinem klaren "Nein"-Appell geht der 40-Jährige das Risiko ein, dass ihm eine Mehrheit der Griechen den Rücken kehren und seiner Politik eine Absage erteilen könnte. Finanzminister Varoufakis hat in diesem Fall bereits seinen Rücktritt angekündigt. Einige Beobachter gehen davon aus, dass auch Tsipras seinen Hut nehmen könnte.
nin/uh (dpa, afp, rtr)