1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Literatur

Steinmeier eröffnet Thomas-Mann-Haus

19. Juni 2018

Noch vor zwei Jahren drohte der alten Thomas-Mann-Villa in Los Angeles der Abriss. Dann kämpften Kulturschaffende und Politiker um ihren Erhalt. Jetzt kam sogar der Bundespräsident zur Wiedereröffnung nach Kalifornien.

USA Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet das Thomas Mann Haus in Los Angeles
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Bei der Eröffnung betonte der Bundespräsident die Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und den USA trotz aller aktuellen Spannungen: "Das Ringen um Demokratie, das Ringen um eine freie und offene Gesellschaft ist das, was uns, die Vereinigten Staaten und Deutschland, auch weiterhin verbinden wird", sagte Frank-Walter Steinmeier laut Redemanuskript. Die Eröffnung sei "in diesen stürmischen Zeiten auch ein wunderbarer Augenblick für die Freundschaft zwischen unseren Ländern." 

Gegen Verkauf und Abriss waren in Deutschland Autoren, Verleger und Künstler Sturm gelaufen. Steinmeier, damals noch Bundesaußenminister, griff - ebenso wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters - die Idee auf, der deutsche Staat könne das Gebäude am 1550 San Remo Drive kaufen und zu einem Erinnerungs- und Begegnungsort ausbauen.

Umbau zur Stipendiaten-Residenz

Für das "Weiße Haus des Exils", wie Steinmeier es damals nannte, zahlte Deutschland einem kalifornischen Luxusmakler rund 13 Millionen Dollar. Das Haus, in dem Thomas Mann (1875-1955) den Musikerroman "Doktor Faustus", "Lotte in Weimar", Teile von "Joseph und seine Brüder" und von "Felix Krull" geschrieben hat, liegt am westlichen Rand von Los Angeles. Zwar ist es mit 489 Quadratmetern nicht besonders groß, dafür sehr geschichtsträchtig. Der Schriftsteller ließ es während seines Exils von dem aus Breslau stammenden Architekten Julius Ralph Davidson bauen und wohnte hier von 1942 bis 1952. Thomas Mann hatte seine Heimat 1938 verlassen. In den USA wurde er Oberhaupt des intellektuellen Exils. "Wo ich bin, ist Deutschland", ließ er seine Anhänger wissen.

Thomas Mann mit Familie in Kalifornien, 1941Bild: picture alliance/AP Photo

Hier entstand nun, in mehrmonatigem Umbau (Kostenpunkt: rund fünf Millionen Dollar), eine Residenz für Stipendiaten. Als erster zieht in diesen Tagen der Schauspieler Burghart Klaußner ("Das weiße Band") ein, gefolgt von der Berliner Soziologin Jutta Allmendinger, dem in Göttingen lehrenden Literaturwissenschaftler und Thomas-Mann-Forscher Heinrich Detering und dem Mikroelektroniker Yiannos Manoli. Auch die Journalistin Sylke Tempel war ausgewählt worden, doch kam die Politik-Expertin zwischenzeitlich bei einem Sturm in Berlin ums Leben.

Allmendinger nannte ihr Fellowship gegenüber der Deutschen Welle jetzt "ein riesiges Geschenk". Wie die anderen Fellows wird sie ihren mehrmonatigen Kalifornien-Aufenthalt auch für Reisen durch die USA und Gespräche nutzen, als eine Art "Botschafterin für Deutschland in die US-Zivilgesellschaft". Auch der Freiburger Mikroelektronik-Experte Manoli will während seines Fellowships für deutsche Kultur und Wissenschaft werben. "Ich freue mich besonders auf den Austausch mit Forscherkollegen", so Manoli auf Nachfrage.

Arbeitszimmer von Thomas Mann erhalten

Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Thomas Mann lebte von 1938 bis 1952 im US-amerikanischen ExilBild: picture-alliance/dpa/Bifab

Beim Umbau habe man einen "gesunden Kompromiss zwischen Respekt gegenüber der Originalsubstanz und den Anforderungen an ein modernes Kulturhaus" finden müssen, so der Programmdirektor des Thomas-Mann-Hauses, Nikolai Blaumer. In der langgestreckten Villa lebten Thomas und Katia Mann mit ihren sechs Kindern. Die vier Stipendiaten werden sich das Haupthaus teilen, ein Fünfter kann in einem neuen Gästehaus am Pool unterkommen.

Das geschichtsträchtige Haus wurde von Grund auf saniert. Im Obergeschoss gibt es mehrere kleine Räume, die als Schlafzimmer dienten. Im Erdgeschoss ist unter anderem ein großes Wohnzimmer mit Glasfront zum Garten. Der Grundriss blieb erhalten, doch vom alten Innenausbau ist nicht mehr viel übrig. Lediglich das historische Herzstück im Parterre, Manns früheres Arbeitszimmer, in dem der Literaturnobelpreisträger und Hitler-Gegner in den Kriegsjahren seine BBC-Radioansprachen "Deutsche Hörer!" zu Papier brachte, wurde erhalten.

Nur wenige Kilometer vom Thomas-Mann-Haus entfernt, in der früheren Exilanten-Herberge des Schriftstellers Lion Feuchtwanger, betreibt Deutschland seit 1995 eine weitere Künstler-Residenz - als Ort für den deutsch-amerikanischen Kulturaustausch. Der deutsche Film feiert hier traditionell seine Oscar-Party.

Computergrafik der sanierten Exil-VillaBild: picture-alliance/dpa/rebuild.ing

Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war die offizielle Einweihung des "Thomas Mann House" am Montag (18.06.) ein wichtiger Stopp auf seiner mehrtägigen Kalifornien-Reise. Am Dienstag (19.06.) soll er bei der begleitenden Konferenz "The Struggle for Democracy" ("Ringen um Demokratie") im nahegelegenen Getty Center die Eröffnungsrede halten.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen