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"Fenster zu einem unzugänglichen Bereich"

Cornelia Borrmann25. Juni 2014

2013 hat die ESA drei Forschungssatelliten in die Erdumlaufbahn geschossen.Nun gibt es erste Ergebnisse der Swarm-Mission. Im DW-Interview erzählt Claudia Stolle, was sie an der Magnetfeldforschung so begeistert.

Deutschland Claudia Stolle vom GFZ (Foto: SpaceTerra).
Bild: SpaceTerra

Deutsche Welle: Wie war Ihr Eindruck, als Sie die ersten Daten gesehen haben?

Claudia Stolle: Ich war schwer begeistert, als ich die ersten SWARM-Daten gesehen habe. Das ist ein tolles Gefühl zu wissen: Da fliegen drei Satelliten im Weltall - und die messen gerade die Parameter des Magnetfelds und die Prozesse in der Atmosphäre, die ich schon Jahre lang erforsche. Sich das vorzustellen, ist einfach toll.

Und besonders spannend war es dann als die ersten geophysikalischen Strukturen in den Datensätzen sichtbar wurden - und zu wissen, die Messungen gehen in die richtige Richtung. Sie haben schon fast die Qualität, die wir uns vorgestellt und gewünscht haben.

Was ist so faszinierend am Magnetfeld der Erde?

Das Magnetfeld ist eine Größe, die sich aus verschiedenen Quellen zusammensetzt. Aus Quellen, die tief im inneren der Erde liegen, bis hin zum Weltall.

SWARM: Satelliten sollen Erdmagnetfeld erforschen

02:34

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Durch all diese Bereiche geht das Magnetfeld hindurch. Und damit eröffnet es uns die Möglichkeit, all diese Bereiche zu erforschen.

Zum Beispiel auch ins Innere der Erde zu schauen und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie die Erde aufgebaut ist und welche Prozesse dort ablaufen. Das ist doch aufregend! Das Magnetfeld öffnet uns ein Fenster zu diesem für uns unzugänglichen Bereich der Welt.

Warum erforschen Sie gerade das Weltraumwetter?

Ich selbst komme ja aus der Meteorologie. Und dass unsere Lufthülle auch ionisiert ist und elektrische Ströme in ihr fließen können, das hat mich fasziniert. Mich reizt aber auch das Interdisziplinäre bei der Magnetfeldforschung.

Wir müssen Kenntnisse aus vielen Bereichen zusammenführen, um mehr Aufschluss über die Region in der oberen Atmosphäre zu bekommen - über einen Bereich, der sich von circa 80 bis auf 1000 Kilometer Höhe erstreckt. Dazu braucht es dann schon fundiertes Wissen aus der Geophysik, der Meteorologie, aber auch der Ozeanografie, Heliophysik, Chemie und natürlich der Mathematik.

Weil wir hochpräzise Messungen brauchen, arbeiten wir zudem eng mit Technikern und Ingenieuren zusammen, mit denen wir die nötigen Instrumente entwickeln.

Was sind die größten Herausforderungen für Sie als Wissenschaftlerin?

Die größte Herausforderung ist wirklich, die unterschiedlichen Quellen des irdischen Magnetfelds sauber voneinander zu trennen. Das beschäftigt die Geoforscher bereits seit Jahrzehnten. Und es wurde schon viel erreicht dabei, aus den vorhandenen Datensätzen die einzelnen Quellen herauszuarbeiten. Und deren Zusammenspiel - also wie sie sich gegenseitig beeinflussen - zu untersuchen.

Wenn wir jetzt noch genauere Messdaten bekommen, dann können wie die einzelnen Quellen des Magnetfeldes noch besser isolieren und nun sogar auch die sehr, sehr schwache Signatur der Ozeanströmungen herausfiltern. Und das kann zum Beispiel der Klimaforschung helfen, ihre Modelle zu verbessern.

Was möchten Sie als Forscherin erreichen?

Ich möchte gern besser verstehen, wie das Erdmagnetfeld, die Atmosphäre und die Sonnenstrahlung sich gegenseitig beeinflussen - wie sie miteinander wechselwirken.

Dazu muss man sich erst einmal großräumige Phänomene anschauen. Also zum Beispiel: Wie verändert sich das Stromsystem in der Ionosphäre räumlich und zeitlich durch die langfristigen Variationen des Magnetfelds? Wie verändern irdische Wetterphänomene diese Stromsysteme? Welchen Einfluss haben sie darauf? Und wie verändert sich das Stromsystem in der Ionosphäre bei einem Sonnensturm? Wenn energiereiche Sonnenpartikel in die Ionosphäre eintreten?

Wenn ich all das im Detail weiß, dann kann ich daran gehen, die Stärke der elektrischen Ströme in der Ionosphäre genau zu berechnen .Und wenn ich vorhersagen will: "Wie stark können die Folgen eines Sonnensturmes sein?", dann brauche ich auch detaillierte Beobachtungen von kleinskaligen Phänomenen, also von Strömen, die sich sehr schnell verändern, und nur in kleinen Regionen entstehen.

Die sind aber sehr wichtig, weil ich auch Unregelmäßigkeiten in der Erdatmosphäre kennen und verstehen muss, um die Folgen der Weltraumwetter vorherzusagen. Das alles ist schon sehr komplex, aber auch sehr spannend.

Prof. Dr. Claudia Stolle leitet am Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam die Sektion "Erdmagnetfeld". Ihr Arbeitsgebiet ist das Weltraumwetter.

Das Interview führte Cornelia Borrmann.

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