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Stoltenberg wird neuer NATO-Chef

Christoph Hasselbach28. März 2014

Die NATO-Staaten haben den früheren norwegischen Ministerpräsidenten zu ihrem künftigen politischen Chef gekürt. In seiner Jugend hätte Jens Stoltenberg sicher nicht an so eine Karriere geglaubt.

Stoltenberg und Merkel Foto:
Bild: Getty Images

Nach dem Dänen Anders Fogh Rasmussen folgt erneut ein Skandinavier auf den Stuhl des NATO-Generalsekretärs. Jens Stoltenberg ist derzeit Fraktionsvorsitzender der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Norwegens. Zweimal war er Ministerpräsident seines Landes, das erste Mal von 2000 bis 2001 und dann eine achtjährige Periode lang von 2005 bis 2013. Bei der Wahl im Herbst 2013 blieben Stoltenbergs Sozialdemokraten zwar stärkste Partei, die bis dahin regierende Koalition bekam aber nicht genügend Mandate. Die konservative Politikerin Erna Solberg übernahm die Regierung. Solberg würdigte bei der Übergabe der Regierungsgeschäfte besonders Stoltenbergs Rolle während des Attentats von Anders Behring Breivik im Juli 2011. "Du standest wie ein Fels in der Brandung", lobte sie.

Feuerprobe Utöya

Tatsächlich wurde Stoltenberg einer breiten Öffentlichkeit außerhalb Norwegens erst mit dem Massenmord Breiviks in einem Sommerlager der sozialdemokratischen Parteijugend auf der Insel Utöya mit über 70 Toten bekannt. Stoltenberg, früher selbst Vorstandsmitglied der Partei-Jugendorganisation, trat damals ganz als Landesvater auf: immer beruhigend, Trost spendend, er ließ sich nicht zu unüberlegten Reaktionen hinreißen. "Wir müssen unsere Werte standhaft verteidigen", sagte er damals unter Tränen. "Die norwegische Antwort auf Gewalt ist mehr Demokratie, mehr Offenheit und eine größere politische Teilhabe." Die dramatischen Wochen kurz nach dem Massaker, als Norwegen im Fokus der Weltöffentlichkeit stand, wurden Stoltenbergs politische Feuerprobe, die er nach allgemeiner Auffassung glänzend bestand.

Bewährungsprobe für Stoltenberg: Jahrestag des Utöya-AttentatsBild: picture-alliance/dpa

Vom Gegner zum Befürworter

Stoltenberg war zwar neben seinen zwei Amtszeiten als Regierungschef mehrmals Minister und Staatssekretär in verschiedenen Regierungen, nicht aber im Verteidigungsressort. Außer als Mitglied im Verteidigungsausschuss Anfang der 90er Jahre wurde er lange nicht unbedingt mit der NATO in Verbindung gebracht. Und wenn, dann eher in negativer Hinsicht. Denn der junge Stoltenberg war noch gegen eine Mitgliedschaft Norwegens in der NATO gewesen. Doch er hat später seine Meinung geändert und dann mit dafür gesorgt, dass die sozialdemokratische Jugendorganisation die NATO-Mitgliedschaft offiziell akzeptierte. Später als Ministerpräsident hat er internationale Militäreinsätze mitgetragen. Norwegen hat sich zum Beispiel sowohl an der Afghanistan-Mission als auch an der Intervention in Libyen beteiligt.

Herausforderung Russland

Trotzdem wird Jens Stoltenberg ein eher politisch-ziviler als ein militärisch orientierter NATO-Chef sein, glaubt Harald Stanghelle von der größten norwegischen Tageszeitung "Aftenposten": mehr Sekretär als General, formuliert der Journalist. Stanghelle meint in "Aftenposten", Stoltenberg habe bereits heute gute Kontakte zu vielen der Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten, darunter zu US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premierminister David Cameron. Auch Frankreich unterstützt demnach den Norweger.

Durch die russische Krim-Annexion ist eine neue politische Eiszeit angebrochen.Bild: picture-alliance/dpa

Zu seinen wichtigsten Herausforderungen wird zweifellos die Krise mit Russland gehören. Die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim gilt als Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen NATO und Moskau seit der sowjetischen Intervention in der Tschechoslowakei 1968. Bereits vor dem Ausbruch des jüngsten Konflikts haben vor allem die Amerikaner die europäischen NATO-Verbündeten immer wieder gemahnt, mehr für Verteidigung auszugeben. Diese Forderung wird jetzt noch lauter. Doch gerade der künftige Generalsekretär Stoltenberg hat in dieser Hinsicht eine gute Bilanz vorzuweisen: Während die große Mehrheit der Bündnismitglieder ihre Verteidigungsausgaben immer mehr heruntergefahren haben, hat Norwegen seine unter einem Ministerpräsidenten Stoltenberg gesteigert. Es hat eine Menge Ironie: Der Mann, der in jungen Jahren gegen die NATO war, will in Zukunft dieses Bündnis zusammenhalten.

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