Rumäniens Gefängnisse am Straßburger Pranger
25. April 2017Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Rumänien in einer Grundsatzentscheidung wegen überfüllter Gefängnisse verurteilt. Häftlinge lebten zum Teil auf weniger als drei Quadratmetern, bemängelten die Straßburger Richter in ihrem Urteil. Hinzu kämen unhygienische Toiletten, zu wenig Tageslicht und zu kurze Möglichkeiten, die Zelle zu verlassen. Dies sei eine inhumane Behandlung.
Ratten und Insekten als "Zellengenossen"
Mit dem Urteil gaben die Straßburger Richter der Klage von vier Männern Recht, die sich wegen überfüllter und unhygienischer Zellen an den Gerichtshof gewandt hatten. Dieser bezeichnete die Schilderungen als glaubhaft. Die Kläger berichteten beispielsweise von Ratten und Insekten in den verschimmelten Zellen, verschmutzten Toiletten und fehlendem warmen Wasser. Einige konnten ihre engen Hafträume täglich nur für kurze Zeit verlassen.
Der Gerichtshof sieht darin ein strukturelles Problem. Rumänien müsse deshalb die Haftbedingungen grundsätzlich verbessern, hieß es. Innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils soll die Regierung dafür einen präzisen Zeitplan vorlegen. Die Straßburger Richter regten dabei an, die Zahl der Gefangenen zu reduzieren. Zugleich appellierten sie an das südosteuropäische Land, sich bei der Beseitigung der Missstände vom Ministerkomitee des Europarats beraten zu lassen.
Bis zu 5000 Euro Entschädigung für jeden Kläger
In Rumänien waren erst im Februar zahlreiche Menschen gegen einen umstritten Amnestieplan tagelang auf die Straße gegangen. Die Regierung hatte per Eilverordnung die Möglichkeit eingeschränkt, Amtsmissbrauch zu verfolgen. Gefängnisse sollten so entlastet und Verurteilungen zu Entschädigungszahlungen aus Straßburg verhindert werden. Regierungsgegner kritisierten, dass das eigentliche Ziel sei, Gefangene zu entlassen, die wegen Korruption verurteilt wurden. Die Verordnung wurde schließlich wieder annulliert. Nach dem Straßburger Urteil muss Rumänien den vier Klägern jeweils zwischen 3000 und 5000 Euro Entschädigung zahlen. Die Regierung kann allerdings beantragen, dass der Fall in eine zweite Instanz kommt.
sti/kle (dpa, kna)