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Straße von Hormus: Hohe Ölpreise bedrohen Weltwirtschaft

23. Juni 2025

Der Iran droht mit einer Blockade der Straße von Hormus. Das könnte die Ölpreise nach oben treiben. Die Folgen wären weltweit spürbar, doch nicht alle Regionen wären gleich stark betroffen.

Ölfeld in Saudi-Arabien
Das Öl aus Saudi-Arabien und anderer Staaten wird durch die Straße von Hormus transportiertBild: ALI HAIDER/EPA/picture alliance / dpa

"Die Welt hält nun den Atem an, um zu sehen, wie der Iran reagieren wird", erklärte Ipek Ozkardeskaya, Analystin bei der Swissquote Bank die relativ ruhige Reaktion der globalen Aktienmärkte am Montagmorgen nach den Angriffen der USA auf Iran.

Dabei ist der Handlungsspielraum des Iran begrenzt. Eine Option, die auf dem Tisch liegt, ist die Blockade der Straße von Hormus. Durch diese Meerenge werden rund ein Fünftel des weltweit verbrauchten Öls und Flüssiggases transportiert.

In der Straße von Hormus ist nur ein drei Kilometer breiter Streifen für den Schiffsverkehr tauglich. Die Meerenge ist die einzige Verbindung des Persischen Golfs mit den Weltmeeren. Am Golf von Persien liegen bedeutende Ölförderländer, neben dem Iran Saudi-Arabien, Irak, Kuwait, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate. 

Nun prüft Teheran, ob die Meerenge blockiert wird. Die Entscheidung liegt beim Obersten Nationalen Sicherheitsrat unter Leitung des obersten Führers des Landes, Ajatollah Ali Chamenei.

Globale Wirtschaft braucht Öl

Die Weltwirtschaft würde eine solche Blockade empfindlich treffen, denn bis heute und trotz dem großen Ausbau der Erneuerbaren Energien hängt die Welt immer noch am Öltropf. Laut OPEC (World Oil Outlook 2024) wurde der Primärenergiebedarf 2023 zu etwa 80 Prozent durch fossile Energien gedeckt. Davon fallen 30 Prozent auf Öl und 23 Prozent auf Gas. Ein Großteil des weltweiten Güter- und Personenverkehrs - insbesondere Schifffahrt, Luftfahrt und Schwerlastverkehr – läuft mit Ölprodukten. Zudem wird Öl für viele petrochemische Produkte (z. B. Kunststoffe, Düngemittel, Lösungsmittel) benötigt.

Steigen die Ölpreise bekommen das sehr schnell diejenigen zu spüren, die Benzin oder Diesel benötigen. Das trifft private Verbraucher ebenso wie Landwirte, Logistikunternehmen oder Airlines. Wenn Unternehmen die höheren Kosten an die Konsumenten weitergeben, steigt die Inflation.

Höhere Ölpreise zeigen sich schnell an Tankstellen weltweitBild: Philippe Huguen/AFP

"Die schiere Menge an Öl, die über die Straße von Hormus exportiert wird, und die begrenzten Möglichkeiten, sie zu umgehen, bedeuten, dass jede Unterbrechung der Ölströme enorme Folgen für die weltweiten Ölmärkte hätte", warnt die amerikanische Energieinformationsbehörde (EIA). Bei längerer Unterbrechung seien signifikante Preisanstiege unvermeidlich und Engpässe schnell zu erwarten. 

Gibt es alternative Wege?

Würde der Seeweg durch die Straße von Hormus blockiert, könnte ein Teil des Öls durch Pipelines, etwa durch die Ost-West-Pipeline Saudi-Arabiens und durch die Abu Dhabi Crude Oil Pipeline der Vereinigten Arabischen Emirate geleitet werden. Laut der IEA können Pipelines etwa ein Viertel der durchschnittlichen Ölmenge aufnehmen, die sonst in Tankern den Golf verlassen würde. Anders als andere Förderländer hat der Iran laut IEA keine solche Alternative zur Straße von Hormus. 

Die weltweiten Ölvorräte, die verfügbaren Reservekapazitäten der OPEC+ und die Schieferölproduktion in den USA können zwischenzeitlich eine Ölverknappung abfedern. Eine vollständige Schließung der Straße von Hormus hätte jedoch immer noch Auswirkungen auf die Zugänglichkeit eines großen Teils dieser im Persischen Golf konzentrierten Reservekapazität, heißt es vom japanischen Finanzinstitut MUFG.

Wie entwickelt sich der Ölpreis?

Das Rohöl der Sorte Brent könnte durch eine Blockade binnen kurzer Zeit auf 120 US-Dollar pro Barrel steigen, so Robin Winker, Chefvolkswirt für Deutschland der Deutsche Bank (DB) Research in einer am Montag veröffentlichten Analyse. Momentan liegt der Preis bei knapp 80 Dollar

"Bei einer längeren Blockade (bis Ende 2025) würden die Preise wahrscheinlich über 150 Dollar je Barrel steigen und neue Rekordhöhen erreichen", glaubt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Zwar würden solche höheren Ölpreise die Förderung in den USA ankurbeln, "aber es wird einige Zeit dauern, bis dieses zusätzliche Angebot auf den Markt kommt", so der Ökonom.

Längerfristig könnten die USA mehr Öl auf den Markt schmeißenBild: U.S. Department of Energy/dpa/picture alliance

Wie stark die globale Wirtschaft getroffen wird, hängt natürlich davon ab, wie lange Öl teuer bleibt. "Sollten die Preise nur für einige Tage oder auch ein paar Wochen auf dem erhöhten Niveau bleiben und sich der Markt dann beruhigen, wäre die Weltwirtschaft vermutlich ausreichend resilient und würde in der Lage sein, mit dem derzeit moderaten Wachstum fortzufahren", sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. Ein Energiepreisschock, der ein halbes Jahr oder länger anhält, werde aber wohl zu einer globalen Stagflation oder gar Rezession führen.

Asien würde besonders unter Blockade leiden

Besonders Asien würde unter einer Blockade leiden, denn mehr als 80 Prozent des verschifften Öls lande in Asien, so ein Analyse der ING Bank wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Nach Saudi-Arabien und dem Irak ist der Iran der drittgrößte Ölproduzent im Nahen Osten. Erhebliche Menge des iranischen Öls gehen nach China und Indien – trotz der internationalen Sanktionen auf die Ölförderung. "Daher würde der Iran darauf achten, China nicht zu verärgern, indem er die Ölströme unterbricht", glaubt ING-Chefökonom Carsten Brzeski.

In Asien könnte eine Erhöhung des Ölpreises um 10 Dollar pro Barrel zu einem 0,2 bis 0,9 Prozent niedrigerem BIP führen, heißt es bei MUFG. Vor allem Thailand (-0,9 Prozent), Singapor (-0,7 Prozent) und Südkorea (-0,6 Prozent) würden besonders getroffen. Die Inflation in Asien könnte sich in den einzelnen Ländern zwischen 0,1 und 0,8 Prozent steigen.

Wie stark wären Europa und die USA betroffen?

Auch Europa würde höhere Ölpreise schmerzlich zu spüren bekommen. Die Experten von DB Research meinen, jeder Anstieg des Ölpreises um zehn US Dollar pro Barrel könne das Wachstum in Europa um etwa 0,25 Prozentpunkte verringern, wenn Öl länger teuer bleibe.

In Deutschland und der Euro-Zone würde ein Anstieg des Ölpreises auf 120 Dollar pro Barrel die Einfuhrkosten um etwa ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöhen, glauben die Ökonomen Robin Winkler und Marc Schattenberg von DB Research. Das lasse auch die Inflationsrate kurzfristig um etwa einen Prozentpunkt steigen. Die derzeitige Konjunkturerholung würde abbrechen", befürchten die beiden Experten.

Bedrohung für weltweite Wirtschaft

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Die USA sind zu einem Nettoexporteur von Öl und Gas geworden. So würden die amerikanischen Ölgesellschaften von den höheren Preisen beim Export profitieren. Für die inländische Wirtschaft bedeutet teures Öl dagegen hohe Kosten und wirkt damit dämpfend auf die Wirtschaft. Auch in den USA würde die Inflation bei einer Blockade der Straße von Hormus wieder spürbar anziehen, meinen Winkler und Schattenberg.

Zentralbanken im Handlungsspielraum eingeschränkt

"Ein Energiepreisschock stellt die Notenbanken vor erhebliche Herausforderungen, weil der Abwärtstrend bei der Inflation abrupt gestoppt würde", erklärte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. Zinssenkungen könnten bei steigender Inflation vom Tisch sein – auch wenn billigeres Geld die derzeit maue Weltwirtschaft anschieben helfen könnte.

And the winner is...

"Ein ganz wichtiger (Gewinner) wäre Russland", so de la Rubia. Russisches Öl und Gas sei bei einer Blockade umso mehr gefragt. Ein starker Ölpreisanstieg könnte Moskaus Kriegskasse rund dreieinhalb Jahre nach dem Überfall auf die Ukraine wieder auffüllen.

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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