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Stradivari packt aus

24. September 2009

Er gilt als weltbester Geigenbauer. Dabei hat Antonio Stradivari seine letzten Instrumente vor über 300 Jahren gebaut. Seitdem versuchen Spezialisten ihr Klanggeheimnis zu lüften. Wir haben ihn einfach gefragt. Posthum.

Stradivari-Geige
Mamma mia! Das Geheimnis der Stradivari ist unergründbarBild: DW-TV

DW-WORLD.DE: Herr Stradivari, sie sehen etwas mitgenommen aus, geht es Ihnen nicht gut? Ein Schluck Wasser?

Antonio Stradivari: Werteste, das war jetzt schon ein bisschen mühsam, wieder Leben in meine 300 Jahre alten Knochen zu schütteln. Das müssen Sie erstmal schaffen! Aber es wird es ja hoffentlich wert sein...!?

Ja, denn wir wollen ja hier endlich mal was klären – Sie haben die Geige ja nicht erfunden – aber veredelt. So sehr, dass Sie bis heute als der beste Geigenbauer der Welt gelten. Zu Recht?

"Mein Name hat Klang!": Antonio Stradivari

Signorina! Ich habe über tausend Instrumente in meinem herrlich langen Leben gebaut, das war harte Arbeit - und wenn man heute noch darüber spricht, dann zu Recht. All mein Können und Wissen habe ich in die Stücke einfließen lassen! Ich war eben der erste: ich habe dafür gesorgt, dass eine Geige nicht nur von den ersten zehn Stuhlreihen gehört werden kann, sondern von einem ganzen Saal.

Was macht ihn denn jetzt aus, den Wunderklang – ist es der Lack, das Holz oder doch einfach nur die ganz präzise Handarbeit?

Mamma mia - wie Sie das sagen: "einfach nur die präzise Handarbeit". Ich war da eben geschickter als andere, besser, experimenteller. Natürlich spielt das Holz eine Rolle, der Lack ist weniger wichtig, aber das Holz, der Schliff, das Zusammensetzen der einzelnen Teile. Ich werde einen Teufel tun und Ihnen jetzt hier das ganze Geheimnis verraten, damit würde ich in Sekunden meinen eigenen Ruf schmälern. All die modernen Wissenschaftler heute, die versuchen meinem Klang nachzuspionieren – pah. Akzeptiert es einfach.

Sie sind Italiener – da denken wir Deutschen ja an dolce vita, Limoncello und ein ordentliches Stück Pizza. Wie viel Italien steckt denn in Ihnen?

Eine Menge. Ich liebe mein Land, eh. Die Aufträge kamen zwar irgendwann von überall her, dann bin ich auch mal gereist, aber bella signorina, warum sollte jemand Italien dauerhaft verlassen wollen, eh?

Wieviel von Ihrem italienischen Temperament ist denn in Ihre Arbeit eingeflossen?

Na, alles, eh! Ich kann doch mein Temperament nicht von meiner Arbeit trennen! Man muss so ein Gefühl haben, eine Sinnlichkeit für das Holz – da kommen die ganzen Deutsche, Österreicher oder Tschechen nie ran, die das versucht haben, da kann mir keiner was erzählen. Eine Geige, ein Cello, die müssen sie behandeln wir eine Frau, verstehen Sie? Noch besser: sie können mit ihr machen, was sie wollen, denn sie erschaffen sie ja erst! (kichert)

Sie waren jemand, den man heute als "Workaholic" bezeichnen würde. Seit Ihrer Lehre bis ins respektable Alter von über 80 Jahren haben Sie eigentlich nur eins gemacht – Geigen, Bratschen, Celli und eine einzige Harfe bauen. Warum so lange?

Ach, Erfolg macht ja irgendwie auch süchtig da willste immer mehr und mehr. Und es machte großen Spaß. Die Arbeit mit dem Holz, dieses Filigrane und Grobe zugleich. Da konnte ich mir eigentlich nie was Schöneres vorstellen. Und dann die Kinder. Ich hatte ja elf, da war immer ziemlich viel Trubel. Da war ich dann doch lieber in der Werkstatt.

Zwei Ihrer Söhne haben Sie fürs Instrumente bauen begeistern können. Sie haben Ihnen geholfen – haben sie auch eigene Instrumente gebaut?

Na, das verrate ich jetzt aber auch nur Ihnen, damit Sie hier auch mal echte News haben: klar haben die auch Geigen alleine gebaut. Aber die verkauften sich nicht so gut. Mein Name hatte Klang, hatte Rang – bei Francesco und Omobono griff keiner so recht zu. Da mussten wir halt ein bisschen mogeln. Dabei kannten sie alle meine Geheimnisse – leider sind sie kurz nach mir gestorben, da war es dann aus mit unserer Geigendynastie. Obwohl, so im Nachhinein betrachtet, war das vielleicht ganz gut, vor allem für mein Image. Sonst wäre da vielleicht noch mal jemand heran gewachsen, der bessere Geigen gebaut hätte....

Das Gespräch führte Marlis Schaum

Redaktion: Elena Singer