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Politik

Systematische Folter in Assads Gefängnissen

Lea Fauth
8. November 2017

Ein Wort gegen das Assad-Regime reichte, um jahrelang gefoltert zu werden. Frühere syrische Gefangene fordern Gerechtigkeit und reichen Strafanzeige in Karlsruhe ein. Das Weltrechtsprinzip macht es möglich.

Kämpfer der Freien Syrischen Armee in einem provisorischen Gefägnis in Aleppo
Bild: picture alliance/abaca

Es ist eine Liste, auf der man seinen Namen niemals sehen will. Wer in Syrien als regierungskritisch eingestuft und vom Geheimdienst gefunden wird, dem drohen die Foltergefängnisse des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Shappal Ibrahim hatte 2011 eine Demonstration für die Demokratie organisiert und erfuhr dann, dass sein Name auf der Liste stand. Sechs Monate lang wohnte er abwechselnd bei Freunden und Verwandten. Doch dann wurde er auf offener Straße gefasst. Er kam nach Saydnaya - in das schlimmste Foltergefängnis des Assad-Regimes.

"Man darf keine Kleidung tragen und man darf auch nicht sitzen, sondern muss den ganzen Tag auf Knien bleiben", erzählt Shappal Ibrahim im Gespräch mit der DW. Nur drei bis vier Stunden Schlaf sind erlaubt, und bei der täglichen Essenausgabe werden die Gefangenen mit Stöcken geschlagen. Ein Jahr und sechs Monate lang wurde Ibrahim in Saidnaya gequält. Als Amnesty International seinen Fall aufgriff, gab es Protestaktionen. Die syrische Regierung zog es vor, ihn freizulassen, damit der Fall nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommt. Kurz nach seiner Freilassung gelang Ibrahim die Flucht nach Deutschland. Nun kämpft Ibrahim um internationale Aufmerksamkeit für die Verbrechen in Saidnaya.

Das Militärgefängnis Saidnaya aus der LuftBild: Google Maps/Digital Globe 2017

Am 7. November hat Shappal Ibrahim zusammen mit acht anderen syrischen Frauen und Männern Strafanzeige gegen hochrangige Mitglieder von Assads Luftwaffengeheimdienst eingereicht - zusammen mit der Menschenrechtsorganisation European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Die Anzeige wurde dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe überreicht.

"Es ist sehr schwer, damit klarzukommen"

Auch Yazan Awad gehört zu den Gefolterten. Noch heute hört er die Schreie seiner Freunde, die in den Nebenräumen gequält wurden. "Es ist sehr schwer, damit klarzukommen", sagt er im Gespräch mit der DW. So wie Ibrahim berichtet Awad sehr ruhig von der Folter, die er erlitten hat. Das Leid scheint zu tief zu sitzen, um so leicht an die Oberfläche zu treten. Doch in manchen Momenten zittert seine Stimme. Ibrahim und Awad haben viele ihrer Freunde verloren, die nach langer Folter im Gefängnis ermordet wurden.

Aber was kann eine Klage in Deutschland gegen ein staatlich organisiertes Foltersystem in einem anderen Land bewirken? "Wir hoffen, dass es zu einem personenbezogenen Ermittlungsverfahren kommt", sagt ECCH-Pressesprecherin Anabel Bermejo der DW. Seit 2002 gilt in Deutschland das Weltrechtsprinzip, nach dem die deutsche Justiz Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch in anderen Ländern verfolgen darf. Dass Assad seine eigenen Leute nach Deutschland ausliefert, ist unwahrscheinlich. Trotzdem hat die Klage Symbolkraft.

Auch Yazan Awad geht es nicht um Rache, sondern um Aufarbeitung. "Meine Freunde haben mir den Namen des Mannes gesagt, der uns gefoltert hat", erzählt er der DW.  "Aber eigentlich ist mir sein Name egal. Er tut mir leid, und ich vergebe ihm. Denn er war gezwungen, mich zu foltern."

Systematische Folter

Bei der Strafanzeige geht es auch darum, Beweismaterial juristisch zu prüfen. Die Klägerinnen und Klägern wollen nachweisen, dass in Assads Gefängnissen systematisch gefoltert wird - als "integraler Teil einer jahrelangen, umfassenden und strategischen Unterdrückungspolitik", wie es in der Pressemitteilung von ECCHR heißt. Masen Darwisch, syrischer Rechtsanwalt und Mitautor der Strafanzeige, ringt während der Pressekonferenz um Fassung. "Das ist das erste Mal, dass wir das Gefühl haben, dass irgendjemand unser Bedürfnis nach Gerechtigkeit respektiert", sagt er. "Das macht einen großen Unterschied für jeden Syrer, und vor allem für die, die nach Deutschland geflüchtet sind."

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