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Strafen für deutsche Dschihad-Touristen?

Vera Kern24. Juni 2014

Strengere Gesetze für deutsche Gotteskrieger im Ausland: CDU-Politiker fordern ein härteres Durchgreifen gegen "Dschihad-Tourismus". Purer Populismus, sagt die Opposition. Auch Strafrechtler sind skeptisch.

Symbolbild Dschihadisten (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Das Jenseits ist für die Gläubigen die wahre Wohnstätte!" schreibt Philip B. auf seiner Facebook-Seite. Gleich mehrere Fotos von Kalaschnikows veröffentlicht er, als Arbeitsplatz gibt er "Allahs Diener" an. Abu Osama nennt sich der ehemalige Pizzabote, seit er aus Dinslaken in den Dschihad nach Syrien zog. Ein islamistischer Gotteskrieger mit deutschem Pass. "Man müsste überlegen, ob man solchen Leuten unsere Staatsbürgerschaft wieder entziehen kann", fordert der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl in der Zeitung "Die Welt".

Radikalisierte Gotteskrieger einfach ausbürgern? "Nach geltendem Recht ist das nicht möglich", sagt die Regensburger Strafrechtlerin Katrin Gierhake im DW-Gespräch. Wenn es nach der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) ginge, dürften deutsche Islamisten wie Philip B. gar nicht erst ausreisen: "Wir dürfen es nicht zulassen, dass junge Menschen mit dem Ziel, an bewaffneten Konflikten teilzunehmen, ins Ausland reisen", sagte sie der Bild-Zeitung.

Ausbürgerung oder Ausreiseverbot?

"Das sind fragwürdige Schnellschüsse", findet Rechtsexpertin Gierhake. Sie zeigen jedoch: Deutschland muss überlegen, wie es rechtlich mit Dschihadisten umgeht. Denn Fakt ist auch, dass sich gewaltbereite Islamisten wie Philip B. oder der ehemalige Berliner Rapper Deso Dogg, der sich den ISIS-Kämpfern angeschlossen haben soll, ungehindert radikalisieren konnten und nun im "Heiligen Krieg" kämpfen - und im Internet um Nachahmer werben. Auf Deutsch.

Bereits unter besonderer Beobachtung des Verfassungsschutzes: Salafisten in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa

320 deutsche Dschihadisten sollen derzeit in Syrien kämpfen. Kommen sie zurück, treffen sie auf 43.000 gewaltbereite Islamisten, schätzt der Verfassungsschutz. Noch kam es in Deutschland nicht zu größeren Terroranschlägen. Doch Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht eine "konkrete tödliche Gefahr" für Deutschland. Der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel nährt diese Befürchtungen: Der Attentäter ist ein Syrien-Rückkehrer mit französischem Pass. Nun wächst die Sorge, "Dschihad-Touristen" wie Philip B. könnten in ihrem Heimatland Deutschland Anschläge verüben.

"Terrorcamp-Gesetz"

Irene Mihalic, Grünen-Sprecherin für innere Sicherheit, hält die neuen Vorschläge der CDU für Populismus: "Die Instrumente des Strafrechts sind völlig ausreichend. Unsere Sicherheitsbehörden müssen den rechtlichen Rahmen konsequent nutzen, um Terrorgefahr zu ermitteln und ihr gegebenenfalls zu begegnen", sagte sie der DW.

Um Anschläge zu verhindern, gibt es ein "Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten". Besser bekannt ist es als "Terrorcamp-Gesetz", weil es radikalisierte Rückkehrer im Visier hat. 2009 verabschiedet, erntet Paragraf 89a des Strafrechts jedoch viel Kritik. Katrin Gierhake sprach sich als Sachverständige im Rechtsausschuss dagegen aus. Ihre Kritik: Mit diesem Gesetz sollen bereits "Vorbereitungstaten" strafrechtlich verfolgt werden können. Prävention habe jedoch im Strafrecht nichts zu suchen. Denn das deutsche Strafrecht beruhe auf dem Tatprinzip. Das "Terrorcamp-Gesetz" verfolgt angebliche Täter, ohne dass es eine Straftat gibt.

Das "Terrorcamp-Gesetz" will Straftaten wie die Morde am Frankfurter Flughafen verhindernBild: picture-alliance/dpa

Prävention statt Strafrecht

Doch wie kann der Staat seine Bürger vor islamistischen Selbstmordattentätern schützen? Welches Mittel zur Terrorismusprävention geeignet ist, ist höchst umstritten. Katrin Gierhake plädiert für ein neues Präventionsrecht außerhalb des Strafrechts. Sie mahnt den Staat jedoch zur Zurückhaltung. "Wenn jemand aus Syrien zurückkommt und Feuer und Flamme für den Dschihad ist, ist das strafrechtlich gesehen noch kein Anfangsverdacht für eine Straftat." Ihr Vorschlag: Ein abgestuftes Präventionsrecht, das zunächst einen Anfangsverdacht beobachtet. Wenn sich etwa jemand im Umfeld gewaltbereiter Hassprediger bewegt. Liegt dann ein konkreter Anschlagsplan vor, könne man in weiteren Schritten über Freiheitseinschränkungen wie Meldepflicht nachdenken oder sogar präventive Haft. Allerdings keine zehn Jahre Gefängnis wie bei der Sauerland-Gruppe, sondern ein bis zwei Jahre.

Letztlich ist der Staat jedoch machtlos gegen das, was in bestimmten Kreisen passiert. "Gegen den Prozess der inneren Radikalisierung kann ein Rechtsstaat nicht vorgehen", sagt Strafrechtlerin Gierhake. Bildung, Erziehung, soziale Unterstützung - hier könne der Staat ansetzen. "Man kann nicht grundsätzlich verbieten, sich in einem Bürgerkrieg zu engagieren." Aber die Anzeichen dafür rechtzeitig erkennen - und im Rahmen geltenden Rechts handeln.

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