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Straftaten in Deutschland auf höchstem Stand seit 2016

9. April 2024

Mehr Gewaltdelikte, mehr Diebstähle, mehr Wohnungseinbrüche: Bundesweit sind im vorigen Jahr 5,94 Millionen Straftaten erfasst worden. Zwei Punkte der Statistik geben Anlass zur Sorge.

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen, stehen nebeneinander und halten jeweils ein Exemplar der Kriminalstatistik 2023 in den Händen
Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen, (v.l.n.r.) mit der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023 Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

In Deutschland hat es im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg der Gewaltkriminalität gegeben, wozu verschiedene Sexualstraftaten, Körperverletzungen und Raubdelikte zählen. Die Zahl dieser Fälle (rund 214.000) nahm laut Statistik um 8,6 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 zu. Das ist der höchste Stand seit 2007.

Auch die Diebstahldelikte erhöhten sich. Hier wurden 1,97 Millionen Fälle zugeordnet, ein Plus von 10,7 Prozent im Vergleich zu 2022. Zugelegt hat zudem die Zahl der Wohnungseinbrüche, und zwar um rund 18 Prozent. 

Insgesamt registrierten die Behörden bundesweit 5,941 Millionen Fälle von Kriminalität. Das bedeutet ein Anstieg von 5,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 und von 9,3 Prozent gegenüber dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019. Insgesamt wurden damit in Deutschland so viele Straftaten erfasst wie seit 2016 nicht mehr. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußert sich zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2023Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte bei der Vorstellung der Statistik in Berlin, die Entwicklung erfordere das "notwendige und aus meiner Sicht harte Durchgreifen des Rechtsstaats" ebenso wie verstärkte Prävention. Trotz der gestiegenen Zahlen sei Deutschland aber "weiterhin eines der sichersten Länder der Welt".

Zahl ausländischer Tatverdächtiger steigt

Besonders stark nahm im vergangenen Jahr die Kriminalität von Ausländern zu. Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen stieg um 17,8 Prozent auf rund 923.000. Rechnet man Delikte heraus - wie etwa Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, die nur Ausländer begehen können - liegt der Anstieg bei 13,5 Prozent.

Faeser plädierte dafür, die Zunahme ausländischer Tatverdächtiger "ohne Scheu und Ressentiments" zu diskutieren. Neben unmittelbaren strafrechtlichen Konsequenzen bedeute die Entwicklung auch, dass Straftäter ohne deutschen Pass "Deutschland deutlich schneller verlassen müssen als bisher", sagte sie. "Wer sich nicht an die Regeln hält, muss gehen."

Sie warnte zugleich vor Ressentiments gegen Ausländer und verlangte mehr Integrationsmaßnahmen. Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch. 

BKA-Präsident Holger Münch, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen und Bundesinnenministerin Nancy Faeser erläutern Einzelheiten zur Kriminalstatistik Bild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Der Vorsitzender der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), betonte, der überproportionale Anteil ausländischer Tatverdächtiger dürfe nicht zu einem Generalverdacht führen. "Millionen Ausländer leben hier und begehen keine Straftaten." Ausreisepflichtige Straftäter müssten aber konsequenter abgeschoben und die Grenzen der Aufnahmekapazitäten anerkannt werden. Integration sei das beste Mittel gegen Kriminalität von Zuwanderern.

Immer mehr minderjährige Straftäter 

Aus der Statistik geht ferner hervor, dass die Zahl der minderjährigen Straftäter weiter zunimmt. Gehörten im Jahr 2022 bundesweit 13,4 Prozent aller Tatverdächtigen zur Gruppe der Kinder und Jugendlichen, so stieg ihr Anteil im vergangenen Jahr auf 13,8 Prozent. Besonders hoch war der Zuwachs den Angaben zufolge bei minderjährigen Ausländern. Allerdings stieg im untersuchten Zeitraum auch der Anteil nicht deutscher Kinder und Jugendlicher an der Bevölkerung, vor allem durch Zuwanderung. 

Ermittler führen die Entwicklung unter anderem auf Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie zurück. Kinder und Jugendliche seien etwa durch den Mangel an sozialen Kontakten und Stressbelastungen innerhalb der Familie besonders von den Corona-Beschränkungen betroffen gewesen. Dies könne sich auch auf ihre Anfälligkeit, Straftaten zu begehen, ausgewirkt haben.

Pandemie-Spätfolgen, Inflation, Zuwanderung

Generell sei 2023 das erste Jahr mit einem wieder weitgehend normalem öffentlichen Leben gewesen, heißt es mit Blick auf die Zunahme aller Straftaten im Bericht. "Dadurch ergeben sich mehr Tatgelegenheiten und -anlässe."

Auch die relativ hohe Inflation und ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen könnten nach Ansicht von Kriminalitätsforschern 2023 zu mehr Straftaten geführt haben. "In ökonomisch schwächeren Regionen fallen die Fall- und Tatverdächtigenzahlen höher aus."

Einen Grund für die deutlich gestiegenen Zahlen sehen die Kriminalisten auch in der starken Zuwanderung innerhalb eines kurzen Zeitraums, die für den Einzelnen zu schwierigen Lebensbedingungen und schlechteren Integrationschancen führen könne. Als Risikofaktoren bei Schutzsuchenden nennt der Bericht eigene Gewalterfahrungen durch Krieg, Terrorismus und Flucht, Traumata und psychische Belastungen sowie die Lebenssituation in Erstaufnahmeeinrichtungen.

Jugendliche Geflüchtete auf dem Gelände der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber des Landes Brandenburg (Symbolbild) Bild: Patrick Pleul/ZB/dpa/picture alliance

Die Polizeiliche Kriminalstatistik wird jährlich auf Grundlage der Daten erhoben, die von den Landeskriminalämtern der 16 Bundesländer übermittelt werden. Sie gibt lediglich die registrierten Taten wieder.

se/pg (dpa, afp, kna, epd, rtr)

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