1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Strafzölle: Der Countdown läuft

30. Mai 2018

Werden die USA ab 1. Juni auch bei der Einfuhr von Stahl und Aluminium aus Europa höhere Zölle verlangen? Die Wahrscheinlichkeit ist groß. Ein letzter Anlauf zur Deeskalation scheiterte. Sabine Kinkartz berichtet.

Donald Trump
Bild: picture-alliance/dpa/AP/A. Harnik

Am Donnerstag wird US-Präsident Donald Trump entscheiden, ob die Europäer auch über den 1. Juni hinaus von höheren US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte ausgenommen werden. So jedenfalls hat es Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier angekündigt. "Wir werden morgen erleben, dass der Präsident seine Entscheidung bekannt gibt", sagte Altmaier am Mittwoch beim Ministertreffens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris.

Besonders optimistisch sah er bei seiner Stellungnahme nicht aus. Alle Versuche, den Konflikt in letzter Minute zu deeskalieren, scheinen gescheitert zu sein. Zu festgefahren sind die gegenseitigen Positionen. Während die USA auf bilaterale "Deals" setzen, will sich die EU nicht auseinander dividieren lassen. "Wir haben in den letzten Wochen sehr intensiv, sehr solidarisch, sehr geschlossen agiert auf europäischer Ebene", so Altmaier. Dabei soll es bleiben.

US-Whiskey, Motorräder und Jeans würden teurer

Das EU-Kompromissangebot im Handelskonflikt sieht vor, Verhandlungen über Handelserleichterungen für US-Unternehmen zu beginnen, wenn es im Gegenzug eine dauerhafte Ausnahmeregelung für die EU gibt bei den neuen US-Sonderzöllen von 25 Prozent auf Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium. Aber dieses Angebot war eigentlich für den Fall vorgesehen, dass die Amerikaner vor dem 1. Juni doch noch einlenken. Für den Fall, dass das nicht geschehen wird, hat man in Brüssel andere Pläne. Die Antwort der EU in diesem Fall werde "gemeinsam und geschlossen" ausfallen, so Wirtschaftsminister Altmaier. Man werde die Prinzipien des freien Handels und der gegenseitigen Vereinbarungen verteidigen.

Durchaus besorgt: Wirtschaftsminister Peter AltmaierBild: Getty Images/M. Tantussi

Es würde eine  Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO geben, Schutzmaßnahmen für die europäische Wirtschaft und Strafzölle auf US-Waren. 90 Tage hätte die EU nach den Regeln der WTO Zeit, um unter dem Stichwort "Re-Balancing" Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Importe aus den USA könnten so weit verteuert werden, dass der finanzielle Schaden, der der europäischen Industrie entstehen würde, ausgeglichen wird.

Eskalation nicht ausgeschlossen

Bei der EU-Kommission legt man Wert auf die Feststellung, dass die Ausgleichsmaßnahmen keine Strafe sein sollen, sondern einen politischen Hintergrund haben. Mit Whiskey, Motorrädern der Marke Harley-Davidson und Jeans wurden Produkte gewählt, die in republikanisch regierten US-Bundesstaaten hergestellt werden. Deren Gouverneure sollen Einfluss auf den Präsidenten nehmen und ihn "auf den richtigen Weg" zurückführen.

Kann diese Rechnung aufgehen? Donald Trump droht für den Fall europäischer Gegenmaßnahmen bereits mit Vergeltung. Er plant, den Import von europäischen Kraftfahrzeugen durch höhere Zölle teurer zu machen. Das würde vor allem die Deutschen treffen.

Arbeitsplätze auch in den USA in Gefahr

Allerdings produzieren deutsche Autobauer auch in den USA  - und zwar deutlich mehr Fahrzeuge, als sie aus Deutschland in die USA verkaufen. Damit bieten und sichern die Deutschen eine Menge Arbeitsplätze in den USA.

Trump schadet eigener Wirtschaft

01:52

This browser does not support the video element.

Die wiederum könnten in Gefahr geraten, wenn ab 1. Juni importierte Stahlerzeugnisse mit höheren Zöllen belegt würden. Denn die deutschen Autokonzerne importieren vergleichsweise viele Komponenten aus Europa. Würden die teurer, dann würde das die Wettbewerbsfähigkeit der US-amerikanischen Fahrzeughersteller bedrohen. Am Ende wären alle Beteiligten ärmer.

Die USA wollen Deals, keine Kompromisse

"Ein Handelskrieg ist immer ein Krieg, der von allen verloren wird", sagte auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron am Mittwoch in Paris. Er plädiert für eine Reform der Welthandelsorganisation WTO. Die weltweiten Wettbewerbsregeln müssten komplett überarbeitet und erneuert werden. "Es ist der Augenblick, um uns dieser Frage anzunehmen", so Macron nach dem OECD-Treffen. Doch es dürfte schwer werden, die USA für diesen Plan zu gewinnen, widerspricht er doch komplett dem Ansinnen der Amerikaner, die multilateralen Abkommen deutlich zu verringern.

Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung macht nach Ansicht von US-Handelsminister Wilbur Ross keine Ausnahme. Washington habe bereits an mehreren OECD-Treffen ohne sinnvolle Ergebnisse teilgenommen, monierte Ross in Paris. Bei multilateralen Gesprächen gebe es viel zu langwierige Diskussionen, sein Land bevorzuge daher "bilaterale" Verhandlungen.

OECD warnt vor Eskalation

Eine gemeinsame Abschlusserklärung des Ministertreffens wollte Ross in Paris nicht unterschreiben. Sicher auch, weil die übrigen Minister in dem Text den Protektionismus verurteilen und an die Herausforderungen des Klimawandels erinnern wollten. Den USA dürfte auch nicht gefallen haben, dass OECD-Generalsekretär Angel Gurría das Treffen in Paris nutzte, um vor einer Eskalation im Handelsstreit zwischen der EU und den USA zu warnen. Schon jetzt hätten die Spannungen vielerorts das "Vertrauen der Unternehmen beschädigt" und die Konsequenzen wären bei Gegenmaßnahmen noch gravierender.

OECD-Ministertreffen: In den Augen der USA sinnlos Bild: Reuters/P. Wojazer

Sollten die US-Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte am 1. Juni in Kraft treten, wäre das für die Europäer wirtschaftlich durchaus ein Schlag. Die Europäische Union ist der weltweit zweitgrößte Stahlproduzent - 177 Millionen Tonnen Stahl werden hier pro Jahr hergestellt, das sind elf Prozent der weltweiten Gesamtproduktion. Deutschland ist der europäische Hauptexporteur in die USA. Es folgen die Niederlande, Italien, Spanien, Großbritannien und Schweden.

Es geht um viel Geld

Nach Angaben der EU-Kommission wurden 2017 aus Europa Stahl- und Aluminiumprodukte im Wert von 14 Milliarden Euro in die USA verkauft. Die angekündigten Strafzölle würden allerdings nicht alle gehandelten Produktgruppen betreffen. Gemessen an 2017 würden sie auf Stahlprodukte im Wert von 5,3 Milliarden Euro und Aluminiumprodukte im Wert von 1,1 Milliarden Euro erhoben.

Donald Trump begründet die höheren Zölle unter anderem mit dem europäischen und dabei insbesondere mit dem deutschen Handelsüberschuss. Die USA sind für Deutschland der größte Exportmarkt. Im Gegenzug werden aber bei weitem nicht so viele US-Waren nach Europa verkauft.

Trump wird nicht müde, dass immer wieder zu kritisieren: "Wir haben ein Handelsdefizit mit der Europäischen Union bei Waren im Wert von - schwer zu glauben - 151 Milliarden Dollar." Darunter seien 50 Milliarden für Autos und Autoteile.

Um diese deutlich höheren Summen geht es dann in der nächsten Runde, wenn der Handelsstreit zwischen der EU und den USA eskalieren sollte.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen