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Iran: Wie groß ist das Strahlenrisiko nach den US-Angriffen?

Erfan Kasraie
21. Juli 2025

Auch einen Monat nach den US-Luftangriffen auf drei große Atomanlagen im Iran sind die Auswirkungen der Angriffe weiterhin unklar - die Schadensbewertungen widersprechen sich.

Satellitenbild der iranischen Atomanlage Fordo
Nach US-Bombardierung zeigen Satellitenbilder die Krater um die Nuklearanlage FordoBild: Maxar Technologies/AFP

US-Präsident Donald Trump nannte die Angriffe vom 22. Juni auf den Iran martialisch "Operation Midnight Hammer". Ziel waren die nuklearen Einrichtungen in den Städten Fordo, Natans und Isfahan. Dabei warf die US-Luftwaffe 13.600 Kilogramm schwere Bomben, sogenannte "Bunkerbrecher" ab.

Fordo stark befestigt

Der Angriff auf Fordo war der bedeutendste. Diese nukleare Anlage ist die am stärksten befestigte des Landes, unterirdisch tief unter in einem Berg angelegt. Seit dem Ausstieg der USA aus dem Wiener Atomabkommen mit dem Iran von 2015 reicherte die islamische Republik dort Uran auf 60 Prozent an - das heißt weit über das für zivile Zwecke erforderliche Niveau. Teheran hatte zudem angekündigt, die Kapazitäten weiter auszubauen.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) berichtete, dass sie in Fordo Uranpartikel gefunden habe, mit einer Reinheit nahe 90 Prozent, die für waffenfähiges Uran erforderlich sind.

Ziel: Urananreicherungsanlagen

Ein weiteres Ziel der US-Operation war die Anlage in Natans, Irans größtes Zentrum für Urananreicherung. Sie befindet sich etwa 225 Kilometer südlich von Teheran. Wie Fordo ist auch Natans eine unterirdische Anlage.

Die dritte Anlage, die die USA attackierten, liegt in Isfahan. Dort soll nahezu waffenfähiges Uran verarbeitet worden sein. Diese Anlage wandelte natürliches Uran in Uranhexafluorid-Gas um, das in den Zentrifugen in Natans und Fordo zur Anreicherung verwendet wird.

Russlands Beitrag zum iranischen Atomprogramm

Experten schätzen, dass der Iran bereits über mehr als 400 Kilogramm hochangereichertes Uran verfügt. Was bei den US-Angriffen mit diesem angereicherten Uran geschehen ist, bleibt unklar. Iranische Regierungsquellen erklärten, das Uran sei an "sichere" Orte gebracht worden. Israelische Quellen behaupten jedoch, dass das Uran auf die drei Anlagen verteilt war und "nicht verlagert" wurde. US-Präsident Trump bleibt dabei, die Anlagen seien vollständig zerstört.

Fordo, Natans und Isfahan verfügen offenbar nicht über aktive Reaktoren. Der Iran betreibt jedoch ein Atomkraftwerk in Buschehr, etwa 750 Kilometer südlich von Teheran. Diese Anlage wird von der IAEA überwacht und mit Uran aus Russland betrieben. Abgebrannter Brennstoff wird nach Russland zurückgebracht. Die Anlage in Buschehr wurde bei den US-Angriffen nicht bombardiert.

Irans einziges Atomkraftwerk in BuschehrBild: Abedin Taherkenareh/dpa/picture alliance

Überwachung der Strahlungswerte

Nach den US-Angriffen erklärte die IAEA, sie habe keine erhöhten Strahlungswerte in den betroffenen Regionen festgestellt.

Ein Strahlungsrisiko besteht jedoch durch mögliche Lecks von Uranhexafluorid-Gas aus Lagertanks, Zentrifugen oder Rohrleitungen. Bei Freisetzung reagiert das Gas mit Feuchtigkeit in der Luft zu Uranylfluorid und Flusssäure. Kontakt mit dieser gefährlichen Säure oder das Einatmen ihrer Dämpfe kann Lungengewebe zerstören und schwere, tödliche Atemprobleme verursachen.

"Es gibt Hinweise darauf, dass Uranhexafluorid am Standort freigesetzt wurde", sagt Clemens Walther, Professor und Nuklearexperte am Institut für Radioökologie und Strahlenschutz der Universität Hannover der DW. Es seien sowohl radiologische Gefahren als auch erhöhte Strahlungswerte sowie chemische Gefahren genannt worden. Das könne nur auf die Freisetzung von Flusssäure hindeuten. "Es wurde jedoch klar gesagt, dass der Vorfall auf das Gelände beschränkt war. Eine Ausbreitung in Wohngebiete wurde nicht gemeldet", erläuterte Walther.

Da Uran als Schwermetall chemisch toxisch ist und Nierenschäden verursachen kann sowie das Krebsrisiko erhöht, bleibt die Sorge, welche Auswirkungen die Angriffe auf die Nuklearanlagen haben.

Gefahr eines Tschernobyl-ähnlichen Desasters?

Die Reaktorkatastrophen in Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 verdeutlichten die Strahlungsrisiken bei Reaktorunfällen. Bei der Katastrophe im japanischen Fukushima wurde radioaktives Material freigesetzt, Zehntausende Menschen mussten evakuiert werden.

Gedenken an das schwere Erdbeben und den Tsunami am 11.03.2011, der das Kernkraftwerk Fukushima in Japan zerstörteBild: Ken Satomi/AP Photo/picture alliance

Der deutsche Strahlenschutzexperte und Gutachter Roland Wolff ist sich sicher, dass anders als im Fall des havarierten Atomreaktors Tschernobyl, von den angegriffenen Anlagen im Iran keine Gefahr ausgeht.

"Der radioaktive Bestand in den Anreicherungsanlagen enthält im Gegensatz zu Reaktoren keine Spaltprodukte", so Wolff. "Außerdem wurde der radioaktive Bestand nicht durch eine Explosion in große Höhen freigesetzt, wie in Tschernobyl." Wolff geht daher nur von einer möglichen lokal begrenzten Kontamination aus.

Adaptiert aus dem Englischen von Sabine Faber