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Weltbevölkerung

Heiner Kiesel18. November 2014

Es gibt neue Zahlen zur Weltbevölkerung, und der UN-Bevölkerungsfonds lässt nichts unversucht, die Situation so positiv wie nur möglich darzustellen. Doch dahinter verbirgt sich ein erschreckendes Szenario.

Symbolbild zum Anstieg der Weltbevölkerung (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/Mika Schmidt

In den Entwicklungsländern nimmt das Bevölkerungswachstum weiter an Fahrt auf, wie neue Zahlen des Weltbevölkerungsberichts des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) belegen. Dennoch möchte es Michael Herrmann als Chance verstanden wissen, dass es immer mehr Jugendliche gerade in den ärmsten Ländern der Welt gibt. "Daraus könnte sich eine demografische Dividende entwickeln, von der diese Gesellschaften später einmal profitieren werden", ist der deutsche Vertreter des UNFPA überzeugt. Aus den Zahlen des neuen Berichts der UN-Stiftung geht hervor, dass 1,8 Milliarden Menschen zwischen 10 und 24 Jahre alt sind. "Wir hören immer wieder, dass junge Menschen Zukunft repräsentieren, jetzt müssen wir in diese Zukunft investieren", fordert Herrmann.

Gerade in den ärmsten Ländern wächst der Anteil der Jugendlichen am schnellsten. Er liegt derzeit bei gut einem Viertel weltweit, im Tschad oder Sudan ist es jedoch schon ein Drittel der Bevölkerung. Das bedeutet aber auch, so rechnen die Experten des UNFPA vor, dass es bald viel mehr Menschen geben wird, die produktiv zum Wohlstand ihrer Gesellschaften beitragen könnten. In Afrika, südlich der Sahara, werden Mitte des Jahrhunderts wahrscheinlich doppelt so viele Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren leben wie heute. Zur Dividende wird das, wenn diese Menschen gut ausgebildet sind und die erwirtschafteten Ressourcen nicht durch noch mehr Nachkommen aufgebraucht werden. "Wir müssen die Entwicklung des Humankapitals ganzheitlich betrachten", fordert Herrmann. Es gehe nicht allein darum, sich auf Bildung und berufliche Qualifikation zu konzentrieren, sondern man müsse auch frühzeitig die gesundheitliche und sexuelle Aufklärung berücksichtigen.

Die deutsche Gesellschaft altert schneller als die anderer IndustrieländerBild: Fotolia/Bilderstoeckchen

Explosives Bevölkerungswachstum

Die Herausforderungen seien gewaltig, unterstreicht Renate Bähr von der Stiftung Weltbevölkerung, einer NGO, die eng mit den UN zusammen arbeitet. "Da wird zu wenig getan", kritisiert sie und verweist auf die Mittel, die für die Bildung ausgegeben werden müssten. "In einigen Regionen ist die Zahl der Schüler zwischen 2000 und 2010 um ein Drittel gewachsen. Das heißt, es müsste entsprechend 30 Prozent mehr ausgegeben werden, um den Mindeststandard zu halten." Die internationalen Entwicklungsetats können da aber nicht mithalten. Besonders wichtig sei es laut Bähr, die Rolle von Frauen und Mädchen zu stärken. "Dort wo das Maß an Gleichberechtigung hoch ist, sehen wir entsprechend sinkende Geburtenraten." Bähr verweist dabei auch darauf, dass nach dem Bevölkerungsbericht ein Drittel der Mädchen in den ärmsten Ländern der Welt zwangsverheiratet werde. "Jeden Tag werden 39.000 Mädchen im Kindesalter verheiratet", beklagt die Aktivistin.

Wenn die von den Fachleuten des Weltbevölkerungsfonds geforderten Investitionen nicht erfolgen, droht ein düsteres Szenario. "Alle unsere Projektionen, auch die negativen, gehen davon aus, dass die Geburtenraten irgendwie sinken", erklärt Herrmann. Nach einer mittleren Prognose werde es 2050 rund neun Milliarden Menschen auf der Erde geben und am Ende des Jahrhunderts schließlich zehn Milliarden. "Wenn jetzt nur jede zweite Frau ein Kind mehr bekommt, als wir schätzen, dann wächst die Menschheit bis 2100 auf 17 Milliarden an", warnt der Experte und unterstreicht, dass die richtige Politik heute einen "riesigen Unterschied" für die Zukunft bedeute.

Teenager-Schwangerschaften: Experten verlangen mehr SexualaufklärungBild: ABDELHAK SENNA/AFP/Getty Images

Deutschlands Bevölkerungsprobleme liegen am anderen Ende des Spektrums

Die Situation in Europa und Deutschland ist gegen den weltweiten Trend geprägt von einer stetig alternden Bevölkerung. Die Menschen werden hier besonders alt: Männer im Durchschnitt 78 und Frauen 83 Jahre. Aber der Anteil von Menschen zwischen zehn und 24 Jahren liegt bei nur bei 15 Prozent (Welt: 25 Prozent Anteil junge Menschen, Lebenserwartung 68 und 72 Jahre). Das sind sogar zwei Prozent weniger als der Durchschnitt der anderen Industrieländer. In Deutschland schrumpft die Bevölkerung nach den Berechnungen der UNFPA im Zeitraum von 2010 bis 2015 um 0,1 Prozent. Allerdings ist das negative Bevölkerungswachstum in vielen osteuropäischen Staaten, wie Russland (-0,2 Prozent), Serbien (-0,5), Lettland (-0,6) und Moldawien (-0,8) noch stärker. Insgesamt weist der Bericht 18 Staaten aus, in denen die Bevölkerung schrumpft.

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