Russische Wirtschaftslage verstärkt Druck auf Putin
27. September 2025
Auch der russische Präsident Wladimir Putin und die politischen Entscheidungsträger im Kreml bekommen mittlerweile die Belastungen des Krieges in der Ukraine zu spüren. Um das wachsende Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen, plant Moskau, die Steuern zu erhöhen und Ausgaben zu kürzen.
Der Haushaltsentwurf für 2026 soll am 29. September dem Parlament vorgelegt werden. Ab diesem Zeitpunkt sind nur noch geringfügige Änderungen zu erwarten, denn Putin wird bis dahin die wichtigsten Posten abgesegnet haben.
Entgegen einem früheren Versprechen Putins, Steuern nicht vor dem Jahr 2030 zu erhöhen, kündigte die Regierung am Dienstag, dem 25. September, an, die Mehrwertsteuer von 20 auf 22 Prozent zu erhöhen.
Durch die fallenden Einnahmen aus Ölexporten gerät der Haushalt ebenfalls unter Druck. Es wird daher auch mit Kürzungen von Ausgaben gerechnet, die sich nicht auf die Verteidigung beziehen, darunter auch Sozialausgaben.
Russlands Haushaltsdefizit ist auf etwa 4,2 Billionen Rubel (42,7 Milliarden Euro) angewachsen. Es beträgt damit etwa 1,9 Prozent des BIPs, nahezu das Vierfache des ursprünglichen Ziels von 0,5 Prozent für das Jahr 2025. Das Finanzministerium geht von einem Anstieg des Defizits auf 5,7 Billionen Rubel bis Jahresende aus.
Elina Ribakowa, Expertin für die russische Volkswirtschaft an der Kyiv School of Economics, geht davon aus, dass Moskau wie bereits in der Vergangenheit, hohe Militärausgaben aufrechterhalten wird, indem es an anderer Stelle kürzt.
"Die Folgen sind dieselben wie bereits 2014", sagt sie zur DW. "Überall wird gekürzt, während die Militärausgaben steigen. Bildung, Gesundheitswesen, Sozialausgaben, Umweltschutz sind die Bereiche, in denen stark gekürzt wird."
Der DW gegenüber erklärt Chris Weafer, Finanzanalyst beim Moskauer Beratungsunternehmen Macro-Advisory, dass mit Haushaltskürzungen gerechnet worden sei, seit Putin sie im vergangenen Dezember angedeutet hatte. "In allen nicht unbedingt erforderlichen Bereichen wurden die Staatsausgaben bewusst gedrosselt. Das heißt in allen nicht zwingend erforderlichen militärischen Bereichen und vermutlich auch nicht zwingend erforderlichen sozialen Bereichen", sagt er.
Ukrainische Drohnenangriffe zeigen Wirkung
Russlands Wirtschaft steht schon eine ganze Weile auf Alarmstufe Rot. Ein Umstand, der auch dem US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump nicht verborgen geblieben ist. Am 24. September postete er auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social: "Putin und Russland stecken in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und es ist an der Zeit für die Ukraine, zu handeln".
Trump erwähnte auch die anhaltende Energiekrise in Russland. Die erfolgreichen Drohnenangriffe der Ukraine auf die russische Energieinfrastruktur, zum Beispiel auf Raffinerien und Exportterminale, haben zu einer Verknappung bei verschiedenen Kraftstoffsorten, Preissteigerungen und langen Warteschlangen geführt.
Ein gewichtiger Grund für die allgemeinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind die sinkenden Einnahmen aus Öl- und Gasexporten. Der Höhenflug der Ölpreise und neue Käufer in China und Indien ließen die Einkünfte im Jahr 2022 steigen. Auch 2023 blieben die Einnahmen trotz westlicher Sanktionen und der geringer werdenden Abhängigkeit der EU von russischer Energie hoch.
Fallende Ölpreise, ein starker Rubel, die Angriffe auf Raffinerien und die Auswirkungen der Sanktionen setzen der wichtigsten Einnahmequelle des Kremls jedoch zu. Die staatlichen Einnahmen aus Gas und Öl werden im September voraussichtlich um 23 Prozent unter denen des Vorjahres liegen und trüben damit die Wirtschaftsprognose.
Im Juli war das BIP im Vergleich zum Vorjahr um nur 0,4 Prozent gestiegen, ein Hinweis auf die Abkühlung des wirtschaftlichen Klimas. Offizielle Prognosen gehen für dieses Jahr von einem Wachstum von einem Prozent aus, deutlich unter der früheren Prognose von 2,5 Prozent. Im vergangenen Jahr deutete eine hohe Inflationsrate auf eine Überhitzung der durch massive Erhöhungen des Verteidigungsbudgets angeheizten Wirtschaft hin.
Seit 2021 haben sich die Ausgaben für die Verteidigung mehr als vervierfacht. Im Juni 2025 betrugen sie etwa 16 Billionen Rubel.
Offiziell spricht die Regierung von einer "kontrollierten Abkühlung", so Chris Weafer. Die Zentralbank habe den Zinssatz erhöht um die Inflation einzudämmen und die steigenden Verbraucherpreise zu senken. Eine Strategie, die größtenteils erfolgreich gewesen sei.
Haushaltskürzungen werden kommen
Die Haushaltsausgaben seien dennoch "unhaltbar hoch", meint Weafer. Würde in den kommenden Jahren nicht deutlich gekürzt - auch bei den Militärausgaben - drohe "das gesamte Narrativ, wie stabil Russland ist, wie gut die Wirtschaft läuft, wie wenig Auswirkungen [der Krieg] auf das Leben der Menschen hat und wie großartig alles ist", zerstört zu werden.
"Es würde die Wirtschaft zerstören", betont Weafer, der überzeugt ist, dass Putin und der Kreml sich dem Gedanken öffnen, aufgrund des wachsenden wirtschaftlichen Drucks bald ein Friedensabkommen zu schließen.
"Die Belastungen des Haushalts und die Notwendigkeit für Stabilität sind wichtige Faktoren, die das Gefühl verstärken, dass dieser Krieg lieber früher als später enden muss", sagt er.
Ribakova ist weniger optimistisch. "Als sie 2022 einmarschierten, waren sie sich der wirtschaftlichen Kosten bewusst. Sie kalkulierten sie ein und kamen zu der politischen Entscheidung, dass sie akzeptabel seien", meint sie.
Sekundärsanktionen gegen russische Öl-Kunden
Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Russlands wächst der Druck auf die EU und die USA, die vorhandenen Sanktionen deutlich zu verschärfen, um den Friedensverhandlungen zum Erfolg zu verhelfen.
Trump hat die Europäer kürzlich aufgefordert, sich verstärkt darum zu bemühen, den Kauf von russischem Gas - hauptsächlich verflüssigtes Erdgas oder LNG - vollständig einzustellen. Auch russisches Erdöl gelangt noch nach Europa, wenn auch nur in Form von Raffinerieerzeugnissen.
Die USA überlegen außerdem, Sekundarsanktionen gegen Länder wie Indien und China zu verhängen, die große Mengen russischen Öls kaufen. Das könnte die wirtschaftlichen Sorgen Moskaus deutlich verschärfen.
Ribakova glaubt, es sei an der Zeit, den Druck auf Moskau mit weiteren Sanktionen zu erhöhen, denn die Wirtschaft sei so verletzlich wie lange nicht mehr. Sie verweist jedoch auch auf die Regierungen in Venezuela, Nordkorea und dem Iran, die trotz umfassender Sanktionen und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten noch immer an der Macht seien. Sanktionen allein könnten die Ukraine also nicht retten.
"Sanktionen können ein Teil der Lösung sein, aber nicht die ganze Lösung", sagt Ribakova.
Chris Weafer wiederum ist überzeugt, dass Sekundärsanktionen Russland schnell an den Verhandlungstisch zwingen könnten. Würden die USA Sekundärsanktionen gegen die Käufer russischen Öls verfügen, wäre das ein wichtiger Schritt. "Wenn die Einnahmen um, sagen wir, weitere 20 bis 30 Prozent einbrechen, ließe sich kein tragbarer Haushalt mehr verabschieden und die innenpolitische Dynamik würde sich massiv verändern."
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.