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Straujuma: Sorgenvoller Blick nach Osten

Bernd Riegert22. März 2014

Das EU-Mitglied Lettland mit seiner großen russischen Minderheit grenzt an Russland. Die Krise ist in dem baltischen Staat zum Greifen nah. Trotzdem befürwortet Premierministerin Straujuma die Sanktionen der EU.

Laimdota Straujuma Premierministerin Lettland EU Gipfel in Brüssel
Bild: REUTERS

Deutsche Welle: Frau Premierministerin, glauben Sie, dass die EU heute die richtigen Signale an Russland gesendet hat? Oder hätten Sie stärkere und härtere Sanktionen bevorzugt?

Laimdota Straujuma: Zunächst einmal ist es für uns am wichtigsten, die Ukraine zu unterstützen. Wir müssen die Ukraine auf ihrem Weg zu Demokratie und Stabilität begleiten und das auch zeigen. Die EU hat ja klar gesagt, dass die russische Annexion der Krim illegal ist, und sie wird die Krim niemals als unabhängigen Staat anerkennen.

Wir haben alle denkbaren Versuche der Russen verurteilt, noch tiefer in die Ukraine einzudringen. Gleichzeitig fordere ich Russland auf, mit der Ukraine zu reden und eine friedliche Lösung zu finden. Die EU hat klargemacht, dass sie die dritte Stufe von Sanktionen, auch Wirtschaftssanktionen, verhängen wird, wenn Russland nicht zur Deeskalation beiträgt. Unsere klare Botschaft an Russland lautet: Wir werden es im 21. Jahrhundert nicht hinnehmen, dass irgendeine Macht das Gebiet eines anderen unanhängigen Staates annektiert.

Fühlen Sie sich von Russland in irgendeiner Weise direkt bedroht. Sind Sie über Russland besorgt?

Ja, natürlich beobachten wir sehr sorgenvoll, was da vor sich geht an unserer östlichen Grenze mit Russland. Wir können nicht vergessen, was 1939 passierte. (Hitler-Stalin-Pakt, der zur Besetzung Lettlands durch die Sowjetunion führte, d. Red.) Heutzutage sind wir sowohl Mitglied der EU als auch der NATO. Das gibt uns eine gewisse Sicherheit und Garantien.

Wie steht es um die russische Minderheit in ihrem eigenen Land? Ist die gut integriert oder fürchten Sie, dass es da auch einen "Hilferuf" an Russland geben könnte?

Natürlich können wir immer mehr tun, um die russischsprechende Minderheit noch besser einzugliedern. Aber heute gibt es nur sehr wenige russischsprechende Menschen in Lettland, die das unterstützen würden, was in der Ukraine vor sich geht und was Russland dort vollzieht. Die Ukraine und die Krim haben uns gelehrt, dass wir den russischsprechenden Teil unserer Gesellschaft besser informieren und aufklären müssen.

Ihr Land ist zu 100 Prozent abhängig von Gasimporten aus Russland. Was können Sie tun, um mehr Energiequellen zu erschließen und unabhängiger zu werden?

Nächsten Dienstag werden wir im lettischen Kabinett Vorschläge des Wirtschaftsministers beraten, wie wir unsere Abhängigkeit von russischem Gas verringern können. Das lettische Parlament hat bereits ein Gesetz verabschiedet, das von April an die Verteilungsnetze liberalisiert und Zugänge leichter macht. Ein völlig freier Zugang zu den Leitungsnetzen soll dann in drei Jahren möglich sein. Die jüngsten Ereignisse zwingen uns dazu, uns jetzt nach anderen Quellen umzuschauen. Von 2016 soll Flüssiggas über ein Terminal in Litauen geliefert werden. Das Gas ist aber teurer als das, das wir heute beziehen.

Laimdota Straujuma (63) ist seit Januar 2014 Premierministerin des baltischen Staates Lettland. Die konservativ-liberale Politikerin war zuvor Landwirtschaftsministerin. Lettland grenzt im Osten an Russland. Von den zwei Millionen Letten gehört ein Viertel der Russisch sprechenden Minderheit an. Lettisch ist die einzige Amtssprache. Viele russischsprachige Einwohner sind keine lettischen Staatsbürger, weil sie kein Einbürgerungsverfahren absolviert haben. Bis 1991, als Lettland wieder ein unabhängiger Staat wurde, hatte die Sowjetunion die Einwanderung von Russen gefördert und die lettische Sprache unterdrückt.

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