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Steuer-Streit

22. September 2009

Steuern rauf? Steuern runter? Die Wähler wissen nicht, was sie nach der Wahl erwartet. Aus der Opposition tönen deshalb immer lautere Forderungen, vor der Wahl die Wahrheit über mögliche Steuererhöhungen zu sagen.

Fast leeres Portmonnee (Archivfoto: dpa)
Wie groß ist das Loch in der Staatskasse, das gestopft werden muss?Bild: dpa
Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin kritisiert die große KoalitionBild: picture-alliance/ dpa

Die Politik sollte den Wählern noch vor der Wahl reinen Wein über ihre Steuer- und Sparpläne einschenken. Das ist Kern ähnlich lautender Appelle von Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin und Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine. Trittin sagte im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 22.09.2009), die Unionsparteien sollten mögliche Kürzungspläne für den Fall eines Wahlsiegs offenlegen. Lafontaine stellte die gleiche Forderung, fügte aber hinzu, auch die SPD müsse vor der Wahl sagen, wo sie nach der Wahl sparen oder Steuern erhöhen wolle. Die Linkspartei selbst will laut ihres Parteiprogramms den Spitzensteuersatz auf 53 Prozent anheben.

100 Milliarden statt sechs Milliarden neue Schulden

Finanzminister Steinbrück türmt Schulden aufBild: picture alliance / dpa

Hintergrund dieser Aufrufe aus den derzeitigen - und Umfragen zufolge auch künftigen - Oppositionsparteien sind Ankündigungen von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zu einer möglichen künftigen Finanzpolitik. Beide Minister sprachen in den vergangenen Tagen mit unklaren Worten über Maßnahmen auf "Einnahmen- und Ausgabenseite" für die Zeit nach der Bundestagswahl am 27. September. "Ich werde im nächsten Jahr, wenn ich Finanzminister bleiben sollte, 100 Milliarden (Euro) neue Schulden für den Bund aufnehmen müssen, statt geplanter sechs Milliarden", sagte Steinbrück in der ARD-Sendung "Anne Will". Er sehe keinen Spielraum für die von Union und FDP geforderten Steuersenkungen. Guttenberg sagte: "Wir werden uns nicht herumdrücken können um die Aussage, dass es ein hartes Jahr geben wird. Wir werden auf das eine oder andere Liebgewonnene verzichten müssen."

Seehofer: Steuern runter

Seehofer: keine Koalition mit der FDP ohne SteuersenkungenBild: AP

Trotz dieses laut Guttenberg bevorstehenden harten Jahres hält sein Partei-Chef Horst Seehofer an "verbindlichen Steuersenkungen" fest. Andernfalls wolle er sich einer gemeinsamen Regierungsbildung mit der FDP verweigern, sagte der CSU-Chef dem "Münchner Merkur" (Ausgabe vom 22.09.2009). Steuererhöhungen könne er für die kommende Wahlperiode "definitiv" ausschließen, fügte Seehofer hinzu. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir 2011 eine erste Stufe der Steuersenkung in Kraft setzen können", sagte Seehofer der Zeitung.

"Wirtschaftsweiser": Steuererhöhungen sind programmiert

Finanz- und Steuerfachleute schenken den Worten Seehofers wenig Glauben. So rechnet der "Wirtschaftsweise" Wolfgang Wiegard fest mit Steuererhöhungen nach der Bundestagswahl. "Ohne Steuererhöhungen wird es nicht gehen. Sie sind nach der Bundestagswahl programmiert", zitiert die "Passauer Neue Presse" Wiegard. Als "am wenigsten wachstumsschädliche Form der Steuererhöhung" nannte er eine Anhebung der Mehrwertsteuer. "Ein Prozentpunkt Mehrwertsteuererhöhung würde genügen. Dazu müsste man noch vier bis fünf Milliarden einsparen, um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren." Die Pläne von Union und FDP zu Steuersenkungen hält Wiegard für illusorisch. "Es gibt keinen Spielraum für eine große Steuerreform in der nächsten Legislaturperiode", sagte er der Zeitung.

Rot-grüne Minderheitenregierung?

Unterdessen brachte die stellvertretende Linken-Chefin Katja Kipping eine weitere mögliche Konstellation für eine künftige Bundesregierung ins Gespräch. Nach Kippings Worten kann ihre Partei sich vorstellen, nach der Bundestagswahl eine rot-grüne Minderheitsregierung zu tolerieren und SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier mit den Stimmen der Links-Partei zum Kanzler zu wählen. Im Gespräch mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "B.Z." nannte sie dafür einige Bedingungen: Abzug aus Afghanistan, weg mit Hartz IV und der Rente mit 67, Einführung eines einheitlichen Mindestlohns. Wenn dies verwirklicht werde, "sind wir für alle Optionen offen", sagte Kipping. Sie verwies darauf, dass in Skandinavien schon lange das Modell einer Minderheitsregierung praktiziert werde, die sich bei jedem Gesetz eine neue Mehrheit suchen müsse. Dieses Modell halte sie für sehr gut, sagte Kipping. (mas/fri/ako/afp/ap/dpa)

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