Streit in Mandelas Familie
4. Juli 2013Die Kontraste könnten kaum stärker sein. Seit Anfang Juli liegt der 94-jährige Nelson Mandela auf der Intensivstation, wird künstlich beatmet. Doch während die Nation besorgt das Schicksal des südafrikanischen Nobelpreisträgers beobachtet, streitet die Familie um Grabstätten. Nelson Mandelas Enkel hat eigenmächtig die sterblichen Überreste von drei Kindern des Freiheitskämpfers umgebettet und auf dem Gelände seines Anwesens beigesetzt. Ein Gericht erklärte das am Mittwoch (03.07.2013) als rechtswidrig und ließ die sterblichen Überreste noch am selben Tag von der Polizei exhumieren. Nach der forensischen Untersuchung sollen sie wieder in Qunu begraben werden, wo Nelson Mandela weite Teile seiner Kindheit verbrachte und bis vor kurzem lebte.
Mandela-Themenpark in Mvezo?
Hauptfigur in diesem Familiendrama ist Mandelas Enkelsohn Mandla Mandela. Er ist der älteste männliche Nachfahre und traditioneller Führer im königlichen Geschlecht der AmaThembu, dem die Mandelas angehören. Vor zwei Jahren ließ er - angeblich mit dem Segen seines Großvaters - die Leichen dreier Kinder Nelson Mandelas aus dem Familiengrab in Qunu ins wenige Kilometer entfernte Mvezo bringen. Er hoffte wohl, dass sein Dorf und er selbst stärker vom großen Familiennamen profitieren würden. Gerüchte besagen, dass Mandla eine Art Mandela-Themenpark in Mvezo plant und als nomineller Kopf der Mandelafamilie auch Anspruch auf die spätere Grabstätte Nelson Mandelas erhebt. Damit hoffe er Tausende Touristen und Pilger nach Mvezo, den Geburtsort Mandelas, zu locken. Versuche der DW, Mandla direkt zu seinen Plänen zu befragen, scheiterten am Eingang seines Anwesens in Mvezo. Am Donnerstag beschuldigte Mandla in einer Pressekonferenz Teile seiner Familie, das Erbe seines Großvaters unter ihre Kontrolle bringen zu wollen. Außerdem warf er Makaziwe, der ältesten Tochter Nelson Mandelas, vor, die Familie zu spalten.
"Spannungen werden nicht an Mandela vorbeigehen"
Am Mittwoch erwirkte Makaziwe im Namen der Großfamilie eine Eilverfügung gegen Mandlas Pläne. Bantu Holomisa, ein enger Freund der Mandela-Familie, befürchtet, dass die Streitigkeiten auch den schwerkranken Nelson Mandela belasten. "Diese Spannungen werden nicht einfach an ihm vorbeigehen", sagt Holomisa. Er hoffe, dass die Familie jetzt weiter miteinander spricht, um die verschiedenen Probleme zu lösen. "Denn wenn sie das nicht tun, wäre das eine Beleidigung für Madiba."
"Kampf um Mandelas Vermächtnis und sein Vermögen"
Wie viel Madiba, wie die Südafrikaner Nelson Mandela nach seinem Clannamen nennen, von den Streitigkeiten um sein Erbe mitbekommt, ist allerdings ungewiss. Im April hatten seine Töchter Makaziwe und Zenani bereits versucht, die Vorstände von zwei Firmen ihres Vaters abzusetzen. Die Unternehmen waren einst für Mandelas Kinder gegründet worden. Sie verwalten Einkünfte aus der Vermarktung des Familiennamens. Auch diese wollen sich die Schwestern mit einer Klage sichern.
"Eigentlich ist es ein Kampf um Mandelas Vermächtnis und um sein Vermögen. Es ist das Vorgehen des Familienteils, der sich schwächer fühlt", vermutet der politische Analyst und Rechtsanwalt Sabelo Mavikinduku Ngwenya. Die Töchter versuchten wohl, vor dem Ableben Mandelas ihre Ansprüche zu manifestieren, so Ngwenya.
Der Prozess um das Firmenvermögen läuft weiter - er richtet sich ausgerechnet gegen drei der ältesten und treuesten Wegbegleiter Mandelas, die an der Spitze der Unternehmen stehen. Am 18. Juli wird der Nobelpreisträger 95 Jahre alt, und eine ganze Nation hofft, dass er diesen Tag mit ihnen feiern kann - bei vollem Bewusstsein und ohne Familienstreit.