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Streit um Bekämpfung der Steuerflucht

5. April 2013

Nach den spektakulären Enthüllungen über dubiose Finanzgeschäfte in Steueroasen streiten die Parteien in Berlin über den Kampf gegen Steuerbetrüger.

Formular für die Steuererklärung (Copyright: sashpictures)
Bild: Fotolia/sashpictures

Die Bundesregierung erhofft sich von den "Offshore-Leaks" genannten internationalen Enthüllungen über Steuerflucht weltweit Rückenwind im Kampf gegen Steueroasen. Solche Dinge, wie sie jetzt bekanntgeworden seien, verstärkten international den Druck auf die Staaten, gegen Steuerhinterzieher zusammenzuarbeiten, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble im Deutschlandfunk.  So könnte es in der EU Fortschritte hin zu einem automatischen Informationsaustausch geben. Damit spielte der CDU-Politiker auf Österreich und Luxemburg mit ihren Sonderregelungen an.

Oppositionspolitiker warfen Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen Untätigkeit vor. "Durch ihr Nichtstun bei der Bekämpfung von Steuerbetrug haben sie sich mitschuldig gemacht an diesem Skandal", sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der Zeitung "Bild am Sonntag". Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht dringenden Handlungsbedarf: "Wie das geht, zeigen Frankreich mit einer Steuer auf Zahlungen in Steueroasen und die USA, die Banken zur Weitergabe aller Kundendaten zwingen".

Die Enthüllungen gründen auf Datensätzen über verschleierte Kapitalbewegungen in Steueroasen, die eine anonyme Quelle dem "Internationalen Konsortium für investigative Journalisten", (ICIJ), in Washington zugespielt hatte. Darin ist von mehr als 130.000 Personen aus gut 170 Ländern die Rede. In mehr als 2,5 Millionen Dokumenten werden über 120.000 Briefkastenfirmen genannt, mit deren Hilfe Steuern vermieden würden. In einer beispiellosen Recherche schlossen sich Medien aus 46 Ländern zusammen, um die Daten zu prüfen. In Deutschland haben dies die "Süddeutsche Zeitung", SZ, und der Norddeutsche Rundfunk, NDR, übernommen.

Rauher Wind in Steueroasen

01:45

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Keine Daten an Behörden

Beide Medien lehnten den Wunsch des Finanzministeriums kategorisch ab, Dokumente über mutmaßliche Steuerbetrüger an die Behörden weiterzugeben. "Dieser Bitte kann, darf und wird die 'Süddeutsche Zeitung' nicht nachkommen", teilte die Redaktion auf ihrer Webseite mit. Zur Pressefreiheit gehöre es, dass die Informanten der Presse vom Redaktionsgeheimnis geschützt würden und geschützt blieben. Die Presse sei kein Hilfsorgan der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder der Steuerfahndung. Der NDR äußerte zwar Verständnis für den Wunsch der Regierung. Diesem könne man aber nicht nachkommen. Die Regel, Recherchematerial nicht an Dritte weiterzuleiten, gelte für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie für alle Medien, erklärte ein Sprecher der Anstalt.

Im Zuge der Enthüllungen geraten auch Banken ins Zwielicht. Die Finanzaufsicht BaFin will ihnen genau auf die Finger schauen. Wenn die Behörde Anhaltspunkte dafür habe, dass ein Institut systematisch gegen Steuerrecht verstoße oder dabei helfe, werde man das untersuchen, sagte BaFin-Chefin Elke König "Spiegel Online". "Die Banken tragen da eine besondere Verantwortung." Nach den Recherchen von SZ und NDR spielt bei den sogenannten Offshore-Geschäften auch die Deutsche Bank eine Rolle: Sie habe über ihre Filiale in Singapur mehr als 300 Stiftungen und Briefkastenfirmen in Steueroasen gegründet. Deutschlands größtes Geldhaus wies den Vorwurf, es helfe Steuerbetrügern, zurück. "Die Deutsche Bank bietet Dienstleistungen für vermögende Kunden auf der Grundlage an, dass die Kunden ihre Steuerangelegenheiten vollumfänglich regeln und dabei alle Steuergesetze und Meldeverpflichtungen befolgen", erklärte die Deutsche Bank.

Skyline von Frankfurt mit den Hochhäusern der BankenBild: picture-alliance/dpa

Entwicklungshilfe für Steuerparadiese

Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung bekommen in den Offshore-Leaks-Dokumentrn genannte Steueroasen von Deutschland mehr als 300 Millionen Euro an Entwicklungshilfe. Größter Empfänger sei Ghana mit 92,1 Millionen Euro. Aber auch Samoa mit vier Millionen Euro, die Seychellen (1,9 Millionen Euro), die Marshall-Inseln (0,4 Millionen Euro) oder Vanuatu im Südpazifik (0,5 Millionen Euro) erhielten Hilfsgelder aus Berlin, meldet das Blatt unter Berufung auf Unterlagen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Ressortchef Dirk Niebel werde die Hintergründe prüfen, heißt es in der "Bild"-Zeitung. Der FDP-Politiker sagte dem Blatt: "Es kann nicht sein, dass Länder, die wir durch Entwicklungsprojekte unterstützen, gleichzeitig Steuerflucht befördern."

wl/pg (dpa, afp, rtr)

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