Streit um Ehrenmal-Panzer in Berlin
16. April 2014Die beiden Weltkriegs-Panzer sollen Teil des Sowjetischen Ehrenmals beim Brandenburger Tor in Berlin bleiben. "Die Bundesregierung respektiert diese besondere Form des Gedenkens an die auf Seiten der Roten Armee Gefallenen des Zweiten Weltkrieges", erklärte sie am Mittwoch (16.04.2014). Auch die Berliner Senatsverwaltung nahm zu dem Aufruf der "Bild"-Zeitung und der "B.Z.", Kriegs-Symbole von dem Ehrenmal in Berlin zu beseitigen, klar Stellung. "Die Petition verkennt den historischen Hintergrund", heißt es auf eine Anfrage der Deutschen Welle.
Die beiden Zeitungen aus dem konservativen Axel-Springer-Verlag fordern in der Petition an den Bundestag, er möge beschließen, dass die Panzer am Ehrenmal im Berliner Tiergarten entfernt werden. "In einer Zeit, in der russische Panzer das freie, demokratische Europa bedrohen, wollen wir keine Russen-Panzer am Brandenburger Tor", so die Begründung.
Kritik am Vorgehen Russlands
Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges habe Russland auf der Krim mit Waffengewalt russischer Truppen die Grenzen der friedlichen Revolution neu gezogen. "An der Grenze zur Ukraine sind russische Militäreinheiten aufmarschiert und sie bedrohen die Freiheit eines souveränen Staates", heißt es in der Petition. Deren Unterzeichner wollten nicht akzeptieren, dass militärische Gewalt im 21. Jahrhundert wieder zum Mittel der Politik in Europa wird.
Gleichzeitig wird betont, dass man dem unermesslichen Leid und den Opfern des russischen Volkes im Zweiten Weltkrieg weder das ehrende Gedenken noch den Respekt verweigern wolle. Jedoch werde das Andenken der beigesetzten Soldaten der Roten Armee genau so würdig gewahrt, wenn es "nicht missverständlich mit der hegemonialen Militärpolitik der heutigen Kreml-Führung in Verbindung gebracht wird", heißt es in der Petition.
Deutschland erfüllt Vereinbarungen
In Berlin wurden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg drei große Ehrenmale errichtet. Rund 23.000 Soldaten und Offiziere der Sowjetischen Armee, die in den Endkämpfen um Berlin 1945 starben, sind dort bestattet. Die Bundesregierung und die Berliner Senatsverwaltung weisen darauf hin, dass sich Deutschland im Zuge der Wiedervereinigung zum dauerhaften Erhalt der Gedenkstätten in Treptow, Tiergarten und Pankow-Schönholz verpflichtet habe. Die Aufgabe sei dem Land Berlin übertragen worden.
"In diesen Regelungen ist festgelegt, dass die drei Ehrenmale so erhalten werden, wie sie mit der Wiedervereinigung übergeben worden sind. Eine bauliche oder auch sonstige Änderung der Ehrenmale ist nicht vorgesehen und in den Vereinbarungen auch nicht definiert", unterstreicht die Senatsverwaltung. Im Übrigen seien sie auch nicht der heutigen Russischen Föderation zuzurechnen, sondern sie stünden für die damalige Rote Armee der Sowjetunion, die im weiteren Verlauf der Geschichte sich aufgelöst habe.
Ehrenmale sind auch Mahnmale
Die Ehrenmale seien auch heute in ihrer Funktion über Berlin hinaus Mahnmale dafür, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft hätten, heißt es weiter in der Antwort der der Senatsverwaltung auf die DW-Anfrage. "Sie sind Zeugnis der Befreiung von der Diktatur des Nationalsozialismus und bedeutende Zeugen des Kriegsendes. Dafür stehen unter anderem auch die Panzer und Haubitzen am Ehrenmal in Tiergarten, die im historischen Kontext zu beurteilen und heute kein Ausdruck militärischer Bedrohung sind."
Auch heute werde bei den Ehrenmalen der sowjetischen Opfer des Krieges gedacht. "Trauer um die Toten wie auch das Wachhalten der Erinnerung an den Zivilisationsbruch durch die nationalsozialistische Herrschaft sind bedeutsam für das historische Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland", so die Senatsverwaltung. In der Pflege der Ehrenmale finde auch die Verständigung und Versöhnung zwischen Deutschland und der Russischen Föderation sowie den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion einen sichtbaren Ausdruck.
"Verdrehung historischer Tatsachen"
Das Ehrenmal im Tiergarten sei eine wichtige russische Kriegserinnerung - ein Siegesdenkmal und ein Soldatenfriedhof, betont auch der Jenaer Historiker Jörg Ganzenmüller. Die Erinnerung an die Toten finde in Russland in heroischen Formen statt. "Der Heroismus und das Gedenken an den Sieg sind in Russland untrennbar mit dem Trauern um die Opfer verbunden. Genau das sieht man an dem sowjetischen Ehrenmal", sagte er der DW und fügte hinzu: "Wenn man fordert, dass man sich anders erinnern muss, dass dieses Kriegsgerät abgeräumt werden muss, dann ist das zugleich auch eine Beleidigung der Opfer."
Ganzenmüller kritisiert, die "Bild"-Zeitung vermische das russische Gedenken an den Zweiten Weltkrieg mit der aktuellen russischen Ukraine-Politik. "Indem behauptet wird, russische Panzer würden heute Europa bedrohen und man deshalb die Panzer am sowjetischen Ehrenmal abräumen müsse, bringt man nicht nur Dinge in Zusammenhang, die nichts miteinander zu tun haben, sondern verdreht schon fast die historischen Tatsachen ins Gegenteil, da man letztlich suggeriert, dass auch damals schon russische Panzer Europa bedroht hätten", so Ganzenmüller. Die Sowjetunion habe aber zwischen 1941 und 1945 einen Verteidigungskrieg gegen das Deutsche Reich geführt. "Dass man das Thema nun in der Art und Weise aufbringt wie die "Bild"-Zeitung das tut, das muss man schon in Kontext einer Stimmungsmache gegen Russland sehen", sagt er der DW. Das erinnere an die Zeit des Kalten Krieges.