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Überwachung total?

Henriette Wrege13. Juni 2007

Anfang 2007 einigten sich die Innenminister der EU bei ihrem informellen Treffen in Dresden auf eine engere Vernetzung der Polizei- und Justizcomputer. Doch wie viel dürfen Polizei und Justiz preisgeben?

Bild: Bilderbox

Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und anderen polizeilichen Angelegenheiten zwischen den europäischen Staaten schreitet voran, sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar zur Eröffnung des Symposiums “Datenschutz in Europa” in Berlin. Bis Anfang 2008, so plant es die Europäische Kommission, soll der grenzüberschreitende Informationsaustausch ausgebaut werden. Dann soll jede Polizei, jede Strafverfolgungsbehörde und der Verfassungsschutz grundsätzlich freien und möglichst unkomplizierten Zugang zu den Daten bekommen, die bei den Kollegen in den anderen EU Staaten vorliegen: "Das heißt, die Strafverfolgungsbehörden in einem Mitgliedsstaat sollen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Zugang zu den Informationen der Strafverfolgungsbehörden auch in den anderen Mitgliedsstaaten erhalten", sagte Schaar. Im Grunde genommen also eine Idee, wie sie dem Binnenmarkt auch zu Grunde liegt. Allerdings bedeute diese Zusammenarbeit auch, dass Informationen ausgetauscht werden, die teilweise hochsensibel sind.

Bundesdatenschutzbeauftragter Peter SchaarBild: picture alliance / dpa

Fehlende Differenzierung

Dem Persönlichkeitsschutz muss gerade wegen der verbesserten Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden eine wachsende Bedeutung zukommen, ergänzte der Bundesdatenschutzbeauftragte. Als besonders problematisch schätzen die Datenschützer in diesem Zusammenhang den zur Zeit in der Diskussion befindlichen Rahmenbeschluss ein, der den Schutz personenbezogener Daten regeln soll, die im Rahmen der Zusammenarbeit von Polizei und Justizbehörden anfallen.

Hans-Jürgen Garstka von der Europäischen Akademie für Datenschutz und Informationsfreiheit kritisiert den Rahmenbeschluss, weil in ihm unter anderem eine Differenzierung der Personen fehle, auf die sich die Daten beziehen. Daten von Verdächtigen, Unbeteiligten, Kontaktpersonen, Zeugen und Opfer werden gleich behandelt. Garstka fordert, dass die Daten zumindest von Zeugen und Opfern deutlich besser geschützt werden müssen. Ebenso unbefriedigend sei der Grundsatz der Erforderlichkeit geregelt. Es dürfen nur Daten erhoben, verarbeitet und ermittelt werden, die für die Aufgabenerfüllung wirklich erforderlich seien.

"Richtig und vollständig"

Harsch geht der ehemalige Berliner Datenschutzbeauftragte mit der so genannten Qualitätsprüfung der Daten ins Gericht. Ein Staat, der Daten an einen anderen Staat weitergibt, muss vor der Weitergabe prüfen, ob die Daten richtig und vollständig sind - so weit dies praktisch möglich ist. Garstka kritisiert vor allem diesen Zusatz im Rahmenbeschluss. Es sei für jede Behörde nahezu unmöglich, zu prüfen, ob die gespeicherten Daten wirklich richtig und vollständig sind.

Nach dem deutschen Datenschutzrecht müssen Daten, deren Richtigkeit bestritten wird, entsprechend gekennzeichnet werden. Noch, erläutert Hans-Jürgen Garstka, ist in dem Entwurf der Europäischen Kommission nicht sicher gestellt, dass die Daten als strittig gekennzeichnet werden, die an andere Staaten weitergegeben werden sollen. Beim Punkt 'Datenweitergabe’ an Drittstaaten wie etwa die USA mahnen die Datenschützer, dass man doch zumindest wissen muss, zu welchem Zweck die Daten weitergegeben werden sollen.

Freiwillig oder verdächtig

Die Debatte um die Weitergabe von Fluggastdaten an US-amerikanischen Behörden hat wohl in den letzten Monaten am meisten Aufmerksamkeit erlangt. Die Regelung sah vor, nicht nur Namen, Adresse und Geburtsdatum zu übermitteln, sondern unter anderem auch Essenwünsche oder die Art und Weise wie das Flugticket gekauft und bezahlt wurde. Diese Regelungen hat der Europäische Gerichtshof kürzlich für nichtig erklärt.

Nun muss neu verhandelt werden. Der EU-Abgeordnete Stavros Lambrinides vermutet, dass die US-Behörden ungern wieder mit der EU verhandeln wollen. Sie werden stattdessen auf die Freiwilligkeit der Betroffenen setzen, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres: "Wenn sie die Daten nicht herausgeben, dann können sie eben nicht in die USA einreisen." Wer seine Daten nicht freiwillig heraus gibt, wird sich immer verdächtig machen, davon ist Lambrinides überzeugt. Deshalb sei ein gemeinsamer europäischer Datenschutzstandard unerlässlich.

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